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NIEDERLÄNDISCHE MALKUNST
Ein eitles Unterfangen wäre es, innerhalb der Grenzen eines
Vorberichtes zu dieser Ausstellung eine tiefgehende Studie der
Niederländischen Malerei aus den letzten 50 Jahren liefern zu
wollen.
Umfaßt doch dieses halbe Jahrhundert nichts weniger als die
Blütezeit der sogenannten Haagschen Schule, ihren Nachsommer,
die Amsterdamsche Schule und die Allermodemsten!
Trotzdem wollen wir versuchen, eine kurze Uebersicht dieser
jüngsten Blüteperiode zu geben, die zu einer Höhe aufstieg, wie
sie von der Holländischen Malerei nur im 17. Jahrhundert er
reicht wurde.
Beinahe zweihundert Jahre nach dem Tode Rembrandts, den
wir heutzutage fast unbestritten den größten Maler nennen, welchen
die Welt hervorgebracht hat, blühte im Haag ein neues und reiches
Kunstleben auf. Zehn Jahre später fand der große literarische Um
schwung statt. Ein erneuertes Jung-Holland war aus der schlappen,
weichlichen Selbstgenügsamkeit der ersten Hälfte des 19. Jahr
hunderts geboren, die durch ihre Lauheit, widerliche Sentimentalität,
ihre zierlichen Genrestücke, ihre leblose Malkunst berüchtigt ist.
Wenn wir das Jahr 1870 als den Beginn der Haagschen Schule
ansetzen, so begründen wir diesen Anfang mit der Tatsache, daß
erst vom Jahre 1870 ab die Führenden unter unseren Meistern nach
dem Haag übersiedelten. (Audi vor 1870 waren die Namen be
kannt, deren Träger nun die Grundpfeiler des festen Baues sind,
welcher heute „Holländische Malerschule“ heißt.)
JOZEF ISRAELS und MAUVE wohnten vor dieser Zeit in
Amsterdam, JACOB und MATTHIJS MARIS und ARTZ lebten in
Paris, GABRIEL und ROELOFS in Brüssel, MESDAG arbeitete
an der Nordsee, nur BOSBOOM, WILLEM MARIS und WEISSEN-
BRUCH hatten im Haag ihren Wohnsitz. Ein Mittelpunkt fehlte. Es
gebrach an Anschluß und Zusammenhang.