ÜBER ROMAKOS KUNST
Es gibt in der monographischen Kunstgeschichtsschreibung über das
19. Jahrhundert eine Lücke, die zu füllen seit langem fällig ist, es
fehlt die Darstellung einer der seltsamsten Künstlerpersönlichkeiten
des vorigen Jahrhunderts: Anton Romakos. Man kennt den Namen
außerhalb Österreichs kaum, aber auch in diesem Lande erscheint
Romako noch nicht im Bewußtsein aller derjenigen, die es angeht, als
das, was er gewesen ist; nicht alle, die sich darüber wundern, daß ein
so eigenartiger und bedeutender Maler noch immer so wenig bekannt
ist, wissen auch, wie eigenartig und bedeutend er war.
Daran hat sich nicht sehr vieles geändert seit den früheren Versuchen,
die Kunst Romakos in umfangreicheren Ausstellungen vertraut zu
machen. Die erste dieser Ausstellungen fand eineinhalb Jahrzehnte
nach dem Tod des Künstlers, im Jahre 1905 in der Galerie Miethke in
Wien statt, die zweite wurde 1924 von der Galerie Würthle, die
dritte 1936 von der Neuen Galerie (Dr. Otto Kallir), auch diese beiden
in Wien, veranstaltet.
Man hat sich immerhin zu fragen, was außer dem Unverständnis des
Publikums in der Kunst Romakos selbst an dieser Situation mit
schuldig ist. Tatsächlich ist das Gesamtbild seiner Malerei so unein
heitlich, so voll von Gegensätzen und Widersprüchen, daß die bis weit
über den Tod des Malers hinaus währende Ablehnung und Ratlosig
keit gegenüber seinem Werk nicht verwunderlich ist. Auch eine objek
tive und sorgfältige Befassung mit der Malerei Romakos kann diese
das Gesamtwerk durchziehenden Widersprüche nicht auflösen, sie
kann sie nur erklären. Denn das Widerspruchsvolle hat hier nicht nur
analytischen Sinn, bedeutet nicht allein den aus logischen Gegensätzen
zusammengesetzten Aspekt einer verborgenen inneren Einheit, son
dern es geht um Gegensätzlichkeiten unkomplizierterer Art und von
selten hohem Grad. Nicht immer ist ihre Bändigung zur künstle
rischen Einheit gelungen, fast durchwegs aber wirken diese Spannun
gen als die Kraftquelle einer seltsamen Lebendigkeit, der in der Ge
schichte der Malerei nicht allzuvieles Vergleichbare an die Seite zu
stellen ist.
Vor allem ist da ein Gegensatz wirksam, in dem sich die Zwiespältig
keit einer historischen Situation ausspricht. Es ist dies der Gegensatz
zwischen dem Impressionismus als einer Malerei der möglichst reinen
J
SS