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es heisst: »Alles, was für eine knapp, aber nicht lückenhaft gehaltene
Biographie von Interesse sein kann, besser zu viel als zu wenig,«
blieb das leere Papier. Die wenigsten Maler haben ihre Biographien
geschrieben und überlassen das Andern, die dann nicht selten gar
grosse Mühe haben, das nothwendigste Materiale zusammenzutragen.*)
Sehr Otzberg besuchte die Akademie der bildenden Künste in
Wien, und zwar, wie uns die Aufnahmslisten dieser Anstalt melden,
wäre er am 24. Mai 1823, 14 Jahre alt, eingetreten, was wieder
nicht richtig ist, nachdem er selbst sein Geburtsjahr mit 1811 angibt.
Er verweilte daselbst bis »inclusive Wintercurs 1831« und erhielt
drei Preise. Der Künstler selbst, wieder im Widerspruch zur acten-
mässig beglaubigten akademischen Lehrzeit, theijt uns aber auch
mit, dass er bald die Akademie verlassen habe, und zwar ohne
Unterricht im Malen genossen zu haben (?), den er auch überhaupt
nie erhalten habe und womit er sich als autodidact herangebildet
bezeichnen will. Es erscheint uns aber doch auffallend, dass der
junge Sch rotzberg vom Jahre 1823 bis 1831 in der Akademie
gesessen sei, ohne zum Malen gekommen zu sein. Dass er vielleicht
nicht in dem Sinne malen lernte, wie er später seine Kunst ausübte, wolle
gerne zugegeben werden, namentlich wenn er, wie er selbst berichtet,
in der ersten Zeit seinen Unterhalt mit Bemalen von Kinderspiel-
waaren und später mit der Anfertigung von Miniaturen auf Elfenbein
erwerben musste, wobei er es nicht an Versuchen in der Oelmalerei
(sic!) fehlen gelassen habe. »Weiter vorgerückt,« schreibt der Künstler,
»malte ich mit Vorliebe mythologische Gegenstände, wo mir bald
die Ehre zutheil wurde, dass eines meiner Gemälde, ,Luna, wie sie,
von den Genien umgeben, zu dem schlafenden Endymion herab-
kommP, angekauft wurde, während bald darauf ein zweites Bild,
,Die Leda‘ für die kaiserliche Gemälde-Gallerie erworben worden ist.«
Dies letztere Bild befindet sich noch in der kaiserlichen Sammlung
und erscheint in diesem Werke als Heliogravüre effectvoll verviel
fältigt.'-*) Weiters erzählt Schrotzberg, dass ihn Neigung und
fortgesetzte Aufträge bestimmt hätten, sich fortan ausschliesslich der
Porträtmalerei zu widmen.
Dr. Constantin von Wu rzbach gedenkt in seinem hier schon
oft citirten biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich aus
führlich des Meisters und erzählt uns, dass dieser im Alter von 19 Jahren
die Bekanntschaft des berühmten Landschaftsmalers Carl Marko
gemacht habe, dessen ideale Richtung mit seinem Schaffen in einem
gewissen Connex stand, wiewohl er sich nicht dem Fache der Land
schaftsmalerei zugewendet habe. Sein hervorragendes Talent machte
ihn in den höheren Kreisen bekannt, so dass es alsbald »zum guten
Ton gehörte«, sich von Schrotzberg malen zu lassen. Schon
die Kataloge der Ausstellungen vom Jahre 1832 führten Bilder von
ihm auf, und Wurzbach citirt eine reiche Folge derselben, nament-
Künstlern selbst über ihr Leben und Wirken zu finden. Da hilft nur der persön
liche Verkehr mit den Künstlern, an dem es Herrn v. Wurzbach wohl
gefehlt haben mochte.
*) Uebrigens muss der Verfasser bekennen, dass er seine eigene Biographie
auch noch nicht geschrieben oder auch nur in Angriff genommen hat. Ergo, man
ziehe den Balken aus dem eigenen Auge, ehe man den Splitter in dem eines
Anderen sieht.
**) Im Katalog der akademischen Ausstellung vom Jahre 1S35 finden wir
ein Bild von ihm aufgeführt, »Toilette der Venus«, zugleich das oben genannte
Bild »Endymion«, das ebenfalls von Sr. Majestät dem Kaiser angekauft worden
sei, dessen Vorhandensein aber das Gallerie-Inventar nicht aufweist, daher es wohl
unter einem anderen Besitztitel irgendwo bei Hofe seinen Standort haben dürfte.
lieh von Porträten hervorragender Persönlichkeiten, die bis zum
Jahre 1868 abwechselnd zur öffentlichen Schaustellung gelangt sind.
Wurzbach spricht sich hiebei sehr anerkennend über den Künstler
aus, indem er sagt, dass er Alles mit einer bestechenden Anmuth
und einer Lebendigkeit des Colorits ausgeführt habe, so »dass das
Auge von solchem Sinnenreize völlig befangen wurde«. Die Urtheile
über den Künstler waren jedoch sehr verschieden,*) namentlich aber,
als später noch andere tüchtige Maler mit ihm in den Wettbewerb
traten. Sc hrotzberg’s zarte Auffassung seiner Bildnisse, die viel
leicht hie und da damit verbundene, etwas süssliche Malweise ver
schafften ihm nicht selten eine scharfe, wohl auch in ihrem abfäl
ligen Urtheile zu weit gehende Kritik, was ihm aber, da den Be
stellern die Bilder dennoch gefielen, bei seinem reichen Kundenkreis
keinen Abbruch that. Den Vergleich mit Winter halt er hält er
freilich nicht aus, wenn auch beide Salonmaler gewesen sind.
Schrotzberg fehlte vor Allem die schwunghaftere Maltechnik seines
berühmten Pariser Collegen, sowie eine tiefer wurzelnde, aus der
Gewöhnlichkeit stark herausragende durchgeistigte Auffassung, der
Winterhalter in gegebenen Fällen bei aller Eleganz und Gefäl
ligkeit der Darstellung mächtig gewesen ist. Schrotzberg’s Bildnisse
sind zumeist sehr ähnlich und bei den Frauen verstand er es wohl
zu vermitteln, was etwa zur Gesammtheit einer angenehmen Er
scheinung nöthig war, und was etwa zu dämpfen oder wegzulassen
oder aber vielleicht zu verstärken wünschenswert!! wurde. Sonach
löste er das allenfalls Unschöne eines Antlitzes gleichsam in zierliche
Anmuth auf, ward lieber weniger charakteristisch, dafür aber ge
fällig. Und in der That, darin war er Meister, was ihm auch selbst
verständlich die lange anhaltende Beliebtheit bei den Frauen ver
schafft haben mochte. Ist dies aber einem Künstler, der seine
*) In der Bäuerischen Theaterzeitung Nr. 120, woselbst die Kunstausstel
lung vom Jahre 1843 in Wien durch den Kritiker H. Meynert besprochen wird,
kann man im Gegensätze zu anderen abfälligen Urtheilen Folgendes über den
Künstler lesen: »Herr Schrotzberg hat uns dafür, dass wir im verflossenen
Jahre den Anblick seiner stets so willkommenen Bilder gänzlich entbehren mussten,
diesmal doppelt schadlos gehalten. Wir freuen uns von ganzem Herzen, dass das
jenige, was wir in diesem Blatte schon vor einigen Jahren über diesen nun mit Recht
höchst beliebten Künstler sagten, auf so glänzende Weise in Erfüllung ging; unser
Urtheil über seine früheren Gemälde Jupiter und Kallisto* (1837), ,Leda‘ (1839)
und noch manch Anderes ist uns noch im frischen Andenken. Er hat in diesem
kurzen Zeiträume mit seltenem Glücke die allgemeine Gunst erworben und zu
sichern gewusst. Seine Porträts athmen Leben und sind höchst gewandt und
glücklich aufgefasst, beinahe immer ein wenig unter Lebensgrösse, und darum
zierlicher. Sie bekunden einen durchaus sicheren Pinsel, geschmeidig, wo es sein
muss, kräftig, wo es sein darf. Seine Farbe ist durchaus wahr und transparent,
und wir können jetzt nicht mehr sagen, ob seine Frauen- oder Männerköpfe uns
lieber sind. Er ist in beiden gleich tüchtig.« »Das Porträt Ihrer Majestät der
Kaiserin Mutter (Saal VII, Nr. 168) hat uns durch seinen freundlichen Ausdruck
und durch die Eleganz der ganzen Anordnung höchst angenehm berührt und gibt
die hochverehrten Züge in schöner Treue wieder.« »Wenn uns die Nummern
(116) Porträt des Herrn Grafen Joseph Esterhazy, (164) Porträt Sr. fürstl. Gnaden
des Herrn Fürsten Pälffy und (166) Porträt Sr. Excellenz des Grafen Louis
Szechenyi, Obersthofmeister Ihrer kais. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erz
herzogin Sophie, durch ihre kräftig schöne Aehnlichkeit ansprechen, so nimmt in
Nr. 171, Porträt der Frau von Wertheim, die Kunstfertigkeit, welche sich in der
Behandlung des Kopfes, wie des einfachen weissen Kleides verräth, unsere Be
wunderung in Anspruch. Selten wird wohl ein ähnlicheres Bild gefunden werden,
als jenes Nr. 96, Porträt Sr. Excellenz des k. k. Obersten Justiz-Präsidenten Grafen
von Taaffe, und das nicht minder schöne Nr. 100, Porträt Ihrer Excellenz der
Frau Gräfin von Taaffe, geborenen Fürstin von Bretzenheim; die Nummern 226
und 227, Porträt der Frau Leopoldine von Honrich, geborenen Gräfin Mittrowsky
und des Herrn Freiherrn von Honrich sind gleichfalls ganz vorzüglich; Nr. 115,
Portiät Ihrer Erlaucht Frau Gräfin Kunigunde von Stadion aber scheint uns --
und darum schliessen wir damit
unter allen gelungenen das gelungenste zu sein.
Möge uns dieser Künstler im künftigen Jahre wieder so schön und reich bedenken!«