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T Jahre 1903 hat die Sezession die erste Ausstellung der Impressionisten ver-
anstaltet. Die überaus gelungene Inszenierung war das Werk unseres längst
dahingegangenen Kollegen Wilhelm Bernatzik, dessen wir heute mit Dankbar-
keit gedenken.
Damals aber lag der Höhepunkt ‘des Impressionismus gerade dreißig
Jahre zurück. So lange hatte unser weltabgeschiedenes Wien gebraucht, um von
dieser großen Bewegung der europäischen Kunst Kenntnis zu erlangen. Seitdem
sind wieder zweiundzwanzig Jahre verflossen, und in dieser Zeit blieb unsere
Vaterstadt, von einzelnen bescheidenen und kaum bemerkten Bemühungen abge-
sehen, ebenso weltfern wie vorher. Wir waren uns selbst genug. Ob zu unserem
Vorteil, ob zum Vorteil der künstlerischen Gesittung weiterer Kreise, sei dahin-
gestellt. ;
Der Verein der Museumsfreunde hat sich die Aufgabe gestellt, sowohl die
Ausgestaltung unserer öffentlichen Sammlungen zu fördern, als durch Veranstaltung
von Vorträgen und Ausstellungen unser Kunstleben anzuregen und erzieherisch
zu wirken.
Diese dritte Kunstausstellung des Vereines soll in knappster Form die Ent-
wicklung der französischen Kunst in den letzten hundert Jahren darstellen; die
Epoche, in der, ebenso wie in der vorhergegangenen, Frankreichs Hegemonie in der
Kunst Europas unbestritten ist.
Kunst und Kultur des achtzehnten Jahrhunderts verbluteten auf dem Schaffott.
Mit Napoleon beginnt die neue Ära. David, der Hofmaler Napoleons, schafft
offizielle Prunkbilder des Empire und dekretiert einen öden Klassizismus. Daneben
aber malt er bewunderungswürdige Bildnisse, die das Schema überwinden, und legt
mit ihnen den Grund für den kraftvollen Realismus des Jahrhunderts, den Mutter-
boden der modernen Malerei. Einer seiner vielen Schüler ist Ingres. Sein Schüler
Gros wurde der Lehrer der Gericault und Delacroix. Mit Delacroix gewinnt die
Malerei den Glanz der Venezianer und des Rubens zurück. Delacroix ist der
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