Während dieser langen Jahre hat sich selbstverständlich auch auf
dem Gebiete der Kunst vieles geändert, und viele Wandlungen sind seit
dem letztem Auftreten der polnischen bildenden Künstler in Wien zu
verzeichnen.
Viele der führenden polnischen Künstler sind aus dem Leben ge-
schieden; von den Überlebenden bekunden die einen ihr Talent in neuer
und veränderter Form, andere hinwieder haben nach verschiedenen Phasen
der Entwicklung einen höheren Grad der Vollkommenheit erreicht.
Unter den heutigen Malern Polens fehlt es nicht an Anhängern und
Vertretern jeglicher Richtung der Kunst, beginnend mit dem ehemaligen
Münchener Naturalismus, über die verschiedenen Entwicklungsepochen
des französischen Expressionismus hinweg bis zum Formismus, Neo-
klassizismus und dem in seinen Voraussetzungen abstrakten Konstruk-
tivismus.
Die Orientierung in dem allgemeinen künstlerischen Chaos wird
gewissermaßen erleichtert durch die verschiedenen führenden Künstler-
gruppen, die auf dem Wege der Differenzierung der einzelnen Richtungen
und Losungen enstanden sind.
Außer den Berufsvereinigungen der bildenden Künstler in den
polnischen Hauptstädten besitzen auch Kraköw, Lwöw und Poznan
eigene Institutionen, die zwischen Künstler und Publikum die Ver-
mittlerrolle spielen. Jedoch bei weitem interessanter und für die moderne
polnische Malerei charakteristischer sind die Gruppen und Verbände der
Künstler selbst.
Das Zentrum wird von der in Wien wohlbekannten Vereinigung
polnischer Künstler „Sztuka“ gebildet. Hier gruppieren sich die Künstler,
die auf dem Boden des französischen Plein-air und des Impressionismus
erwuchsen, ihn jedoch auf eigene Art umwandelten, indem sie seine
Errungenschaften hauptsächlich deshalb sich aneigneten, um dadurch kräf-
tiger den spezifisch polnischen Charakter der Landschaft und des Volkes in
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