1. Papperitz Georg in München.
Die Ankunft iin Geisterreiche.
Colossal-Gemälde. Verkäuflich.
Der Künstler schildert die Landung der abgeschiedenen Geister im Reiche
des Pluto, das nach der griechischen Mythe im Mittelpunkte der Erde lag, umflossen
von den Wellen des Styx, jenes Flusses, der die Scheidegrenze zwischen Dies
seits und Jenseits bildete. Der schwerbeladene Nachen ist mit den Seelen, die des
entscheidenden Urtheilspruches harren, vor dem gewaltigen Felsenthore angelangt,
das den dunklen Eingang in das Geisterreich erschliesst; der Fährmann Charon
zieht das Ruder ein ; die von Kahn und Wind erregten Wellen schlagen schäumend
an das geheimnissvolle Ufer und langgestreckte Wolkenmassen ziehen an den
starren, verschwiegenen Felsmassen hin.
In den Mienen und Bewegungen der Ankommenden malt sich ihr Seelen
zustand: Glaube und Ergebung, Hoffnung und Erwartung, Furcht und Grauen,
Hass und Liebe, Reue und Verzweiflung.
Sie befinden sich an der Schwelle des Elysiums und seiner ewigen
Freuden oder des Tartarus und seiner ewigen Qualen. Die Gruppen auf der linken
Seite des Nachens, der Greis mit seiner Enkelin und ihrem Kinde, die zu
gleicher Zeit in das Geisterreich abberufen wurden, der Jüngling und die scheu an
seine Brust geschmiegte Jungfrau, über deren Häuptern heller goldener Licht
schein die Gunst der Götter veranschaulichet, sind die Repräsentanten des ruhigen
Gewissens. Von dem Weibe angefangen, das mit dem Ausdrucke des leiden
schaftlichsten Hasses die Glücklichen anstarrt, in deren Leben sie eine verhäng-
nissvolle Rolle spielte, bis zu den Gruppen an der linken Seite des Kahnes, dem
Manne , der mit der Faust eine noch mit dem Schmucke der Eitelkeit gezierte
Frauengestalt bei den Haaren zurückreisst, weil sie seine Verführerin gewesen
und nun seinem Schicksale und der Strafe entfliehen will, verrathen alle diese dem
Ufer am nächsten befindlichen Seelen die Anwartschaft auf die Verdammniss.
Die Kritik nennt das Gemälde »ein echtes Kunstwerk, gyoss in der Idee,
meisterhaft in der Composition, ergreifend in der Wirkung und von feinster
Empfindung in allen Nuanfirungen des Colorits, vom hellen Sonnenlichte der
Verheissung, das über den Glücklichen schwebt, bis zum tiefsten Ton des Hell
dunkels, das sich wie ein Schatten der bösen Vorbedeutung über die Unglück
lichen breitet.« Das Urtheil der bisher erschienenen Kritiken beglückwünscht den
Künstler (geboren 1846 in Dresden), dass er eine so schwierige Aufgabe meister
haft gelöst.
Das Colossal-Gemälde musste wegen seiner Dimensionen ohne Rahmen
ausgestellt werden.