Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: 310. Ausstellung ; Mai 1881

1. Papperitz Georg in München. 
Die Ankunft iin Geisterreiche. 
Colossal-Gemälde. Verkäuflich. 
Der Künstler schildert die Landung der abgeschiedenen Geister im Reiche 
des Pluto, das nach der griechischen Mythe im Mittelpunkte der Erde lag, umflossen 
von den Wellen des Styx, jenes Flusses, der die Scheidegrenze zwischen Dies 
seits und Jenseits bildete. Der schwerbeladene Nachen ist mit den Seelen, die des 
entscheidenden Urtheilspruches harren, vor dem gewaltigen Felsenthore angelangt, 
das den dunklen Eingang in das Geisterreich erschliesst; der Fährmann Charon 
zieht das Ruder ein ; die von Kahn und Wind erregten Wellen schlagen schäumend 
an das geheimnissvolle Ufer und langgestreckte Wolkenmassen ziehen an den 
starren, verschwiegenen Felsmassen hin. 
In den Mienen und Bewegungen der Ankommenden malt sich ihr Seelen 
zustand: Glaube und Ergebung, Hoffnung und Erwartung, Furcht und Grauen, 
Hass und Liebe, Reue und Verzweiflung. 
Sie befinden sich an der Schwelle des Elysiums und seiner ewigen 
Freuden oder des Tartarus und seiner ewigen Qualen. Die Gruppen auf der linken 
Seite des Nachens, der Greis mit seiner Enkelin und ihrem Kinde, die zu 
gleicher Zeit in das Geisterreich abberufen wurden, der Jüngling und die scheu an 
seine Brust geschmiegte Jungfrau, über deren Häuptern heller goldener Licht 
schein die Gunst der Götter veranschaulichet, sind die Repräsentanten des ruhigen 
Gewissens. Von dem Weibe angefangen, das mit dem Ausdrucke des leiden 
schaftlichsten Hasses die Glücklichen anstarrt, in deren Leben sie eine verhäng- 
nissvolle Rolle spielte, bis zu den Gruppen an der linken Seite des Kahnes, dem 
Manne , der mit der Faust eine noch mit dem Schmucke der Eitelkeit gezierte 
Frauengestalt bei den Haaren zurückreisst, weil sie seine Verführerin gewesen 
und nun seinem Schicksale und der Strafe entfliehen will, verrathen alle diese dem 
Ufer am nächsten befindlichen Seelen die Anwartschaft auf die Verdammniss. 
Die Kritik nennt das Gemälde »ein echtes Kunstwerk, gyoss in der Idee, 
meisterhaft in der Composition, ergreifend in der Wirkung und von feinster 
Empfindung in allen Nuanfirungen des Colorits, vom hellen Sonnenlichte der 
Verheissung, das über den Glücklichen schwebt, bis zum tiefsten Ton des Hell 
dunkels, das sich wie ein Schatten der bösen Vorbedeutung über die Unglück 
lichen breitet.« Das Urtheil der bisher erschienenen Kritiken beglückwünscht den 
Künstler (geboren 1846 in Dresden), dass er eine so schwierige Aufgabe meister 
haft gelöst. 
Das Colossal-Gemälde musste wegen seiner Dimensionen ohne Rahmen 
ausgestellt werden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.