Full text: Katalog der VI. Ausstellung

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VORWORT ZUR VI. AUSSTEL 
LUNG DER VEREINIGUNG BIL 
DENDER KÜNSTLER ÖSTER 
REICHS SECESSION. 
ER grossen Epoche des Naturalismus in der 
bildenden Kunst ist das Bedürfnis nach Stil' 
entwicklung gefolgt. Auf allen Gebieten trat 
ein Suchen und Tasten nach Ausdrucksmitteln 
ein, welche die Natur nicht bloss mit der nai' 
ven Freude an der Erscheinungswelt wiedergeben sollte. Die 
Absicht, sie zu vereinfachen und auf das durchaus Wesent' 
liehe zurückzuführen, machte sich geltend. Die Pfadfinder 
auf dem Gebiete der Kunst sahen sich nach Mustern um, 
an denen sie sich bilden, die sie innerlich verarbeiten konnten. 
Man fand das Gesuchte in der uralten Kultur des Ostens, 
in der Kunst der Japaner. Ihr Wesen, ihre Mittel wurden 
richtig erfasst und die ersten tastenden Schritte nach vor' 
wärts getan. 
Die ungeheure Bedeutung der japanischen Kunst er' 
kennend, veranstalteten schon vor einem Decennium die 
bedeutendsten Städte Europas grosse japanische Ausstellun' 
gen. Ein Taumel von Begeisterung, der „Japanismus'', 
stellte sich als Extrem ein. Als Rückschlag trat eine Ueber' 
Sättigung an den exotischen Kunstprodukten auf, welche der' 
malen wohl noch allgemein ist. So wäre denn eigentlich der 
Zeitpunkt für unsere Ausstellung ein schlecht gewählter, wenn 
Wien nicht vor der beschämenden Thatsache stünde, eine 
wirklich umfassende Ausstellung alter japanischer Kunst 
überhaupt noch nicht in seinen Mauern gesehen zu haben. 
Breite Schichten der Bevölkerung kamen gar nicht in die 
Lage, die grosse und echte Kunst dieses Volkes kennen 
zu lernen. Für die verschiedenen Bestrebungen moderner 
Kunst fehlt die Brücke, welche zum Verständnis führt. 
Unter diesem Gesichtspunkt möge unsere Ausstellung be' 
trachtet werden. 
Herr Adolf Fischer in Berlin hat der Vereinigung einen 
Teil seiner Sammlung alter japanischer Kunstwerke in 
liebenswürdigster Weise zu Ausstellungszwecken überlassen. 
DER ARBEITSAUSSCHUSS.
	        
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