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^CHON während meines letzten Aufenthaltes in Japan
richteten meine Freunde der Vereinigung bildender
Künstler Oesterreichs das Ersuchen an mich, im Mai
und Juni 1899 eine Ausstellung zu veranstalten, die
die historische Entwicklung des japanischen Holz-
farbendruckes in allen ihren Phasen veranschaulicht.
Ende Mai 1899 von Japan in Wien eintreffend, brachte ich zu
diesem Zweck eine mehrere Tausend Blätter umfassende, sowohl in
technischer Hinsicht als auch hinsichtlich der Motive von mir be
arbeitete Sammlung mit, nebst einem Vorworte, das die ganze Ent
wicklung des Holzschnittes von Monorobu ab bis auf den heutigen
Tag klarlegte.
Nun aber traten meine Freunde mit viel weitfassenderen Ideen
an mich heran und drangen in mich, nicht bloss eine Specialaus
stellung japanischer Holzfarbendrucke, die ausser den Künstlern
doch nur einen kleinen Kreis interessiert hätte, zu veranstalten, son
dern zu einem gelegeneren Zeitpunkt eine Ausstellung zu ermög
lichen, die allgemeine Teilnahme fände, vor allen Dingen aber
belehrend und anregend auf alle Künstler und Kunstgewerbetreiben
den wirken würde.
So wuchs aus der geplanten Specialausstellung japanischer Holz
farbendrucke, die nun natürlich nur teilweise und aus räumlichen
Gründen unvollkommen auftritt, diese Ausstellung, alle Zweige
umfassend, die das so begabte Kunstvolk im fernen Osten zu so
hoher Vollendung brachte.
Die zur Ausstellung gelangten Objekte, die ich meiner Samm
lung entnahm, habe ich dem Beschauer durch erläuternde Geleits
worte zu erklären gesucht; von einer eingehenden Schilderung und
Charakteristik der verschiedenen Kunstzweige, sowie ihrer Ent
wicklung nahm ich jedoch Abstand, da dies nicht mit wenigen
Worten zu bewerkstelligen ist, andernfalls aber der Katalog einen
Umfang angenommen hätte, der sich für die grosse Mehrzahl der
Besucher, die in die Ausstellung kommt, um etwas zu sehen, und
nicht um zu lesen, als zweckwidrig erwiesen haben würde.
Diejenigen, die sich nicht bloss an der äusseren Erscheinung der
Dinge erfreuen, sondern das Wesen derselben, deren Entstehen
kennen lernen wollen, will ich — um nur von deutschen Werken
zu sprechen — ganz besonders auf den zweiten Band von Professor
J. J. Reins „Japan” (Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann) ver
weisen, dessen Verfasser im Aufträge der preussischen Regierung
mehrere Jahre an Ort und Stelle die verschiedensten Techmken in
eingehendster Weise studierte.
Vielfache Anregung und Belehrung bietet auch Justus Brinck-
manns „Kunst und Handwerk in Japan”, sowie W. v. Seidlitz’
„Geschichte des japanischen Farbenholzschnittes”.
Berlin, im Januar 1900.
ADOLF FISCHER.