Full text: XXXI. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien - Moderne russische Kunst

schimpfen jetzt über die neueren, frecheren, weil sie fühlen, 
daß sie die eingenommenen Positionen verlassen müssen. 
Wie oben gesagt, scheinbar stehen sie abseits von der 
nationalen Kunst; denn auch sie sind national in der Wahl 
der Farbenkombination, in der Bearbeitung der russischen 
dekorativen Motive; auch sind sie die Verkünder jenes Pri 
mitivismus, welchen die moderne Malkunst erlangte. Der 
französische Neoimpressionismus ist äußerlich; Farbe als 
Selbstzweck ist sein Credo. Seitdem auf den Bildern Gauguins 
weiße Mittagslichter und saphirene Schatten aufleuchteten 
und in den Stilleben Cözannes sich orangefarbige und lila 
Akkorde entzündeten, strebt die moderne französische Malerei 
immer mehr den Zauber der farbigen Visionen an. Nur allein 
Maurice Denis vereinigt den Impressionismus mit lyrischer 
Träumerei, dekorativen Zauber mit der Musik der Stimmung. 
Die russischen Impressionisten, die zweifellos unter dem 
Einflüsse der französischen Schule stehen, sind auch Sym 
phoniker der Farbe, wenn sie auch eine russische Symphonie 
dabei anstimmen. Jedoch stehen sie Maurice Denis näher. 
Und die Neuen, die Jüngsten, die bebend in der Kunst 
neue Bahnen suchen, stolpern, fallen, erheben sich und suchen 
wieder, um ihr eigenes „Ich” zu finden. Bei ihnen der 
selbe Drang zum Primitivismus, dieselbe Verliebtheit in den 
Zauber der Farben und Linien wie bei ihren französischen 
Zeitgenossen. Aber sie besitzen noch etwas intimeres, 
tieferes, russisches. Die buntfarbigen — smaragdenen, roten, 
blauen — Wasserfälle Milliotis; die märchenhaften Durch 
sichtigkeiten von Ssudejkin; die Theaterskizzen von Ssa- 
punoff und die Frühlingsnebel von Krymoff — sie sind alle 
vielleicht interessanter vom Standpunkte der intimen Poesie
	        
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