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o Zeiten besser als in stilistischen gedeihen. Diese Tatsache wird am sichte o
o barsten, wenn der Realismus eine Stilepoche gerade abgelöst hat. Als auf o
o die Epigonen des giottesken Stils die ersten Wahrheitsfanatiker des o
o Quattrocento folgten, als Caravaggio seinen Naturalismus den Bolognesen o
o entgegenstemmte, da trat neben dem Genrebild, später auch dem Stille o
o leben, das Porträt plötzlich in den Vordergrund. Die Regel gilt, auch o
o wenn die großen Meister uns Ausnahmen dünken. Michelangelo freilich o
g ist ihr herrlichster Beweis. Seine stilbildende Gewalt, die nur aus den g
g Tiefen der eigenen vulkanischen Phantasie zu schöpfen vermochte, hin' g
o derte ihn, je ein Porträt zu machen. Aber wenn Rembrandt, Tizian, o
o Velasquez, Rubens, die man doch nicht schlankweg Realisten nennen o
g darf, dennoch als die größten Porträtisten erscheinen, so hat das seine g
g Ursache in dem Mysterium der genialen Persönlichkeit, die harmonisch o
o zu vereinen weiß, was die tiefere Region der Talente oft gegensätzlich o
o anmutet. Das andere Moment, daran die Blüte des Porträts geknüpft ist, o
o kann ein soziologisches genannt werden. Die Frage lautet hier nicht, o
o wann am liebsten die Maler ihre Kunst im Porträt aufwenden, sondern o
g wann sich die Leute besonders gern porträtieren lassen. Die Pflege des o
o Porträts ist ja nicht allein von den Künstlern, sondern auch von den Auftrag" o
o gebem, abhängig, die bewirken können, daß es nicht immer wieder nur ein o
g Einzelfall bleibt, sich vielmehr zu einem Brauche entwickelt, der Kunst und o
o Künstler leben läßt. In den „Charakteren“ des Theophrast wird erzählt, o
g daß es die reichen Athener des dritten Jahrhunderts v. Chr. als zum guten o
g Ton gehörig ansahen, drei rühmenswerte Dinge ihr eigen zu nennen: ein o
g hübsch gebautes Haus, ein trefflich angepflanztes Landgut und ein ähm o
g liches Porträt. Die Blüte des Porträts braucht daher mit dem Gipfel o
g der Kultur, den ein Volk erreicht, nicht zusammenzufallen. Aber die o
g herrschende Gesellschaft muß einen bestimmten Wohlstand erlangt o
g haben, Geschmack und Daseinsfreude, gewisse geistige Interessen und o
o seelische Bedürfnisse besitzen, damit sich neben anderen Gewohnheiten o
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