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Dinge um jeden Preis zu beschleunigen; die Unfähige
keit, abzuwarten, Distanz zu gewinnen« Bernatzik wußte,
daß er keine Zeit zu verlieren hatte« Selbst wenn ihm
etwas so gut gelang, wie die Impressionisten^Ausstellung
der Sezession im Jahre 1903, nahm er sich keine Zeit,
sich daran zu freuen, und hastete weiter«
Ausgeruht, genossen hat er nur auf Gebieten, wo er
nicht selbst tätig war« Ich war überrascht, ihn öfters
mit Leidenschaft über Musik, besonders über Wagner
(Tristan) sprechen zu hören« Als Bismarcks „Erin^
nerungen“ erschienen, hat er mir ganze Seiten lang aus
dem Gedächtnis wiederholt. Am liebsten hörte ich ihn
über Blumen und Gartenkultur sprechen. Da schwand
alle Gereiztheit und Atemlosigkeit aus seinem Ton, jede
Ironie, die sonst fast immer durchschlug, und er sprach
mit tiefem Ernst, mit gesenkter Stimme, fast ehrfürchtig«
Wilhelm Bernatzik hat sich hart gemüht, sein Leben
lang. Die klare Erkenntnis, daß er sein hochgestecktes
Ziel nie erreichen könne, hat ihn nicht einen Augen^
blick lässig gemacht, hat sein Tempo nicht verlangsamt.
Er hat mehr getan als seine Pflicht, somit genug.
A. R.