Full text: Francisco José de Goya y Lucientes 1746 - 1828

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*BER Kunst schreiben ist eine unfruchtbare Sache. Man kann 
doch im besten Falle nur über den Künstler etwas sagen. Ein 
Kunstwerk ist das persönliche Erlebnis eines Künstlers und muß 
dem Genießenden wieder zum Erlebnis werden. 
Die Kunst soll unmittelbar auf die Sinne wirken, Verstand und Wissen 
mögen hinterher ergänzend nachhelfen. Wer aus den Bibliotheken in die 
Galerien kommt, hat meist trübe Augen. 
Gegen die Anhäufung von Bildwerken in den Galerien wurde schon 
vieles gesagt: manches gute Wort, auch manches übertrieben harte. Ein 
hervorragender Künstler unserer Zeit nannte eine Galerie den Zentrale 
friedhof der Malerei. Aber wenn es auch schlechte Galerien gibt, so ist die 
Galerie an sich deshalb noch nicht schlecht. Vor allem ist sie eine Notwendige 
keit. Man mag sich das Altarbild lieber in die Kirche, für die es geschaffen, 
das Plafondbild in den Palast, den es einst schmückte, wünschen; wo sollte 
man aber die spezifische Kunst der letzten drei Jahrhunderte, die Kunst 
des Staffeleibildes, suchen? Und vor allem: das Museum, die Galerie, ist 
das beste Lehrmittel für den künstlerischen Anschauungsunterricht. 
Wer über die moderne Malerei urteilen will, muß die reichen Samm/ 
lungen von Paris kennen, muß weiter wandern bis Spanien, um manche 
Wurzel dieser modernen Malerei, d. i. in erster Linie der französischen 
Malerei des XIX. Jahrhunderts, bloßzulegen und dort wird er den Ein' 
druck haben, daß die Galerie, der Prado, das wertvollste ist, was von 
dem einst so mächtigen Weltreich Spanien übrig geblieben ist. In 
einem Madonnenköpfchen Grecos im Prado sieht man schon den ganzen 
Cezannes. Watteaus Grazie grüßt uns aus dem kleinen Mosesbildchen 
Paolo Veroneses, und aus Tintorettos „Friesdarstellungen aus dem alten 
Testament" leuchtet uns die Farbe und das Temperament Van Goghs 
entgegen. In Paris lernt man Daumier und Manet kennen, in Madrid 
findet man ihren großen Anreger: Francisco de Goya. 
Um den Vollblutspanier Goya zu würdigen, muß man ihn in seiner 
Heimat aufsuchen. Der gesamte, nicht allzu reiche Besitz der Londoner, 
Pariser, Berliner und Budapester Galerien gibt nur ein einseitiges, sehr 
unvollkommenes Bild dieses großen Meisters. Nur in Spanien, im Prado 
und in den Madrider Palästen der spanischen Granden, erkennen wir die 
vielseitige Natur des Künstlers: das dekorative Talent in den Gobelin' 
entwürfen, den vornehmen Bildnismaler des Hofes in den zahlreichen 
Portraits, den Lebensschilderer in den Sittenbildern und Kriegsszenen 
und seine gewaltige Phantasie in den Wandmalereien seines Wohnhauses, 
der quinta del sordo. 
Nur jenen Wienern, welche bis in die Albertina Vordringen, ist Goyas 
Name überhaupt bekannt, und in seinem großen Radierwerk sind die her' 
vorragendsten Qualitäten dieses einzigen Künstlers vereint. Seine scharfe, 
blitzschnelle Beobachtung, sein Wirklichkeitssinn spricht aus der Tau'
	        
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