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*BER Kunst schreiben ist eine unfruchtbare Sache. Man kann
doch im besten Falle nur über den Künstler etwas sagen. Ein
Kunstwerk ist das persönliche Erlebnis eines Künstlers und muß
dem Genießenden wieder zum Erlebnis werden.
Die Kunst soll unmittelbar auf die Sinne wirken, Verstand und Wissen
mögen hinterher ergänzend nachhelfen. Wer aus den Bibliotheken in die
Galerien kommt, hat meist trübe Augen.
Gegen die Anhäufung von Bildwerken in den Galerien wurde schon
vieles gesagt: manches gute Wort, auch manches übertrieben harte. Ein
hervorragender Künstler unserer Zeit nannte eine Galerie den Zentrale
friedhof der Malerei. Aber wenn es auch schlechte Galerien gibt, so ist die
Galerie an sich deshalb noch nicht schlecht. Vor allem ist sie eine Notwendige
keit. Man mag sich das Altarbild lieber in die Kirche, für die es geschaffen,
das Plafondbild in den Palast, den es einst schmückte, wünschen; wo sollte
man aber die spezifische Kunst der letzten drei Jahrhunderte, die Kunst
des Staffeleibildes, suchen? Und vor allem: das Museum, die Galerie, ist
das beste Lehrmittel für den künstlerischen Anschauungsunterricht.
Wer über die moderne Malerei urteilen will, muß die reichen Samm/
lungen von Paris kennen, muß weiter wandern bis Spanien, um manche
Wurzel dieser modernen Malerei, d. i. in erster Linie der französischen
Malerei des XIX. Jahrhunderts, bloßzulegen und dort wird er den Ein'
druck haben, daß die Galerie, der Prado, das wertvollste ist, was von
dem einst so mächtigen Weltreich Spanien übrig geblieben ist. In
einem Madonnenköpfchen Grecos im Prado sieht man schon den ganzen
Cezannes. Watteaus Grazie grüßt uns aus dem kleinen Mosesbildchen
Paolo Veroneses, und aus Tintorettos „Friesdarstellungen aus dem alten
Testament" leuchtet uns die Farbe und das Temperament Van Goghs
entgegen. In Paris lernt man Daumier und Manet kennen, in Madrid
findet man ihren großen Anreger: Francisco de Goya.
Um den Vollblutspanier Goya zu würdigen, muß man ihn in seiner
Heimat aufsuchen. Der gesamte, nicht allzu reiche Besitz der Londoner,
Pariser, Berliner und Budapester Galerien gibt nur ein einseitiges, sehr
unvollkommenes Bild dieses großen Meisters. Nur in Spanien, im Prado
und in den Madrider Palästen der spanischen Granden, erkennen wir die
vielseitige Natur des Künstlers: das dekorative Talent in den Gobelin'
entwürfen, den vornehmen Bildnismaler des Hofes in den zahlreichen
Portraits, den Lebensschilderer in den Sittenbildern und Kriegsszenen
und seine gewaltige Phantasie in den Wandmalereien seines Wohnhauses,
der quinta del sordo.
Nur jenen Wienern, welche bis in die Albertina Vordringen, ist Goyas
Name überhaupt bekannt, und in seinem großen Radierwerk sind die her'
vorragendsten Qualitäten dieses einzigen Künstlers vereint. Seine scharfe,
blitzschnelle Beobachtung, sein Wirklichkeitssinn spricht aus der Tau'