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o Bildern gegen das Licht zu kehren; es sei noch in einem Urzustände, und er
§ müsse noch vierzig Tage warten, bis er seine Arbeit wieder aufnehmen könne,
o denn so lange werde noch sein Hauptmodell von der Militärpflicht zurückgehalten. Daß
o man ohne lebendige Anschauung der Natur malen könne, findet Leibi ungereimt
g und unbegreiflich. Das andere Bild stellte eine Bauerndirne dar, die unter einem
o Haustor steht, wieder eine volle Existenz und eine möglichst uninteressante Situation,
o Als wir uns verabschiedeten, wünschte uns das weibliche Modell, das gerade Dünger
§ auflud, “Guten Abend”.
o Nach Aibling heimgekehrt, verfügten wir uns müde und durstig auf den Schuh-
o bräu-Keller. Hier ist es schön zu sitzen und zu trinken. Von dichten Kastanien-
g bäumen beschattet, sieht man weit in das Land hinaus, hinweg über Flächen und
g Hügel, bis das Hochgebirge dem Auge eine gewaltige Grenze setzt. Der Wendel-
o stein, der mit seinem dicken Kopfe so neugierig herüberschaut, gehört noch Bayern
g an. Aber die langgestreckte Wand des Kaiser, in deren Schroffen und Schründe man
g hineinsieht, steht schon auf Tiroler Boden. Lange saßen wir schauend und staunend
o hinter unseren vollen Steinkrügen, bis sich endlich der Zinndeckel hob und wir
g uns in das köstliche Naß dankbar vertieften. Hier, an der Grenze des Bayerlandes,
g nimmt sich der heimische Genius noch einmal mächtig zusammen und braut ein
o Bier, das sich an Milde und Kraft kühn mit dem Getränke messen darf, welches
g aus den berühmtesten Sudpfannen Münchens fließt. Herr Franz Xaver Wild, der
g Besitzer des Gasthofes “Zum Schuhbräu” möge es sich gefallen lassen, wenn wir
o ihm einen vollen Hopfenkranz um die Schläfe winden. Auch er ist ein Künstler,
g und ein Künstler wie Wilhelm Leibi ist sein dankbarer Kostgänger.
° Die eintretende Kühle trieb uns in den Markt hinab, wo wir in unserer an-
o heimelnden Gaststube das begonnene Symposion fortsetzten. Zu uns gesellte sich
g noch der Tierarzt des Ortes, ein munterer fuchsblonder Mann, der viel von guter
g Küche sowie von der Ernährungsrolle des Eiweißstoffes sprach und der Notar
o von Aibling, der das Freiherrenkrönlein trägt und ein feines geselliges Talent
g entwickelt. Wilhelm Leibi ist ein polemischer Maler, dazu eine streitbare Persönlich-
g keit und so fand sich die Gesellschaft rasch in ein prinzipielles Wortgefecht hinein-
o gezogen. Der Baron mit seiner akademischen Bildung und seinen eleganten Ge-
g wohnheiten schien der Kunstweise Leibl’s doch nur mit einer Art Gewissensangst
g zu huldigen und im übrigen der mehr konventionellen Malerei, wie sie der so-
o genannten gebildeten Gesellschaft gefällt, Beifall zu spenden. Er wagte zu be-
g haupten, daß es in der Kunst edlere und unedlere Stoffe gebe. “Wie”, rief Leibi
g heftig aus, “haben Sie sich etwa beklagt, als ich Ihr Bildnis malte ?” Der Baron,
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