Full text: Leibl und sein Kreis

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o sicht hatte Sperl sein Bild gemalt, das seinen Gegenstand hübsch und frisch § 
§ wiedergibt. Und nun baten wir Herrn Sperl, uns zu dem im Baue begriffenen g 
g Atelier Leibis hinzuführen. Das Atelier Leibis erhebt sich auf dem Wiesengarten o 
o eines Aiblinger Bauern an dem Ufer eines Flüßchens, welches die Glonn heißt. § 
§ Es erhebt sich aber nicht viel höher, als die Wand einer Bauernstube. Nämlich g 
g das ganze Atelier Leibis wird nur eine Bauernstube sein, mit der Beleuchtung o 
o einer Bauernstube, einem Kachelofen und einer Grube, worin ein angefangenes § 
§ Bild sich feucht erhält. Das ganze Atelier kostet sechshundert Mark und nach g 
g fünf Jahren fällt der Baugrund samt dem Bau an den bäuerlichen Besitzer zurück, o 
o Ich überflog in dieser schlichten Werkstatt eine Reihe von Pariser Zeitungsaus- o 
g schnitten, die mir Leibi gestern auf meine Bitte mitgeteilt hatte und in welchen g 
g sich französische Kritiker über Leibi aussprechen. Sie behandeln ihn alle als Meister o 
o und reden von ihm mit dem tiefsten Respekt. “Man müsse seinem Talente o 
g huldigen, trotz seiner unbequemen Nationalität,” heißt es im “Journal des Artistes;” g 
g “Herr Leibi ist ein wahrhafter Künstler, ja vielleicht der einzige, den unser furcht- o 
o bares Nachbarland besitzt”. “Den Erfolg der gegenwärtigen Ausstellung muß man o 
g bei Herrn Leibi suchen”, schreibt der “Intransigeant”, und im “Figaro” heißt es g 
g wörtlich: “Ich nehme keinen Anstand zu erklären, daß ich sämtliche Gemälde o 
o unseres “Salons” in den Champs-Elysees für ein einziges Bild von Leibi hingeben o 
g würde.” So spricht man in Paris von demselben Wilhelm Leibi, der auf der inter- g 
g nationalen Ausstellung in Wien nicht einmal das letzte Zeichen der Anerkennung o 
o erhalten hat. Nachdenklich verließ ich das Atelier, vor welchem die schönsten o 
g Landschaften wachsen, von der intimen Landschaft an bis zur Hochgebirgslandschaft, g 
g Im Gasthofe kam mir Leibi — heute im feinen Gehrock — entgegen, indem o 
o er ausrief: “Ich habe gestern behauptet, in jedem Jahrhundert gebe es nur sechs o 
g Menschen, die gut sehen. Das ist nicht richtig. Es gibt ihrer nur drei in jedem g 
g Jahrhundert und in unserem Jahrhundert ist nur einer davon Adolf Menzel in ° 
o Berlin” .. . Wir tranken noch ein Glas Wein zum Abschiede, dann fuhren wir ° 
g in einem offenen Wagen durch die sonnige Landschaft, voll von den Eindrücken g 
g eines künstlerischen Idylls und mit dem stillen Gelübde, Wilhelm Leibis zweite o 
o und bessere Heimat bald wieder aufzusuchen. 
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