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WILHELM LEIBL IN AIBLING.
Ein künstlerisches Idyll.
Von Ludwig Speidel.*
edermann in Wien kennt das Bild von Wilhelm Leibi: “Die drei
Bäuerinnen in der Kirche”. Auf unserer jüngsten internationalen Aus
stellung war es wohl nicht das schönste Werk, zumal wenn man es an
dem hergebrachten flachen Schönheitsbegriffe maß, aber es war ohne
Zweifel das bedeutendste und eigentümlichste, hinter dem ein ganzer
Mann mit großem Wollen und sicherem Können stand. Niemand ging an dieser Lein
wand nur flüchtig vorüber, man fand sich vielmehr gebannt, und auch wider Willen
blieb ein starker Eindruck in dem Beschauer zurück. Ganz dieselbe Rolle spielt
das Leibl’sche Bild auf der gegenwärtigen Ausstellung in München, in die es,
ohne die Einwilligung des Künstlers, durch eine glückliche Unbescheidenheit des
Besitzers gelangt ist. Ja, es mußte da sein, denn ohne dieses bedeutsame Werk
wäre die deutsche Abteilung nicht vollständig gewesen. Nun wirkt es wieder
unwiderstehlich auf den Beschauer und übt durch seinen tiefen Ernst und die
Gediegenheit seiner Mache eine auflösende und zersetzende Kraft an allem Unsoliden,
das ringsherum prahlt und sich breit macht. Nie ist das Bild einsam; man wundert
sich darüber, man bewundert es, man lehrt und lernt daran. Aus der verschiedensten
Äußerung, zumal aber aus einem ernsten, vielsagenden Schweigen kann man die
gewaltige Achtung ermessen, die der Meister seinen Kunstgenossen einflößt. Man
g darf wohl sagen: Wilhelm Leibi ist in München eine stillschweigend anerkannte Größe,
o Als ich nun in München zum zweitenmale unter dem Zauber des Leibl’schen
o Bildes stand, beschlich mich die Sehnsucht, hinter die Leinwand zu treten und
g den Meister persönlich kennen zu lernen. In München war Leibi nicht zu finden;
o er weilt hier nur manchmal als flüchtiger Gast, sonst verbringt er Sommer und
o Winter auf dem Lande. “Leibi ist in Aibling”, lautete die Weisung. Also auf
g nach Aibling! Dieses Aibling ist ein kleiner altbayrischer Markt, etwa eine Meile
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g * „Neue Freie Presse” vom 16. September 1883.
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