Full text: Leibl und sein Kreis

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8 spitzen lichten Strohhut mit grünem Durchschuß. Schulter und Brust sind mächtig § 
g gebaut von diesem Manne, doch die Beine haben gegen den athletischen Rumpf § 
g nicht die verhältnismäßige Länge. Der Kopf sitzt eng und fest auf. Über der o 
8 breiten, hellen Stirne kurz gehaltenes, dunkles Haar, Nase lang und kräftig mit 8 
g leisem Bug; die Wangen voll und gebräunt, dichter, dunkelbrauner Vollbart, durch g 
o welchen der Fuchs brennt. Das dunkelblaue Auge ist ziemlich groß und zeigt o 
8 neben weicher Empfänglichkeit eine ungewöhnliche Energie. Die schweren fleischigen 8 
g Hände, die einst Schmiedearbeit verrichtet, sind nicht ohne einen Zug von Feinheit g 
g und anschmiegsamer Gefühligkeit. Der ganze Mann (ein hoher Dreißiger) atmet o 
o Kraft und Gesundheit, und wenn er sich in Gang setzt, gemahnt er bei dem § 
g Übergewichte des Oberleibes an einen Eber. Seltsam überrascht er uns durch g 
g seine Mundart. Leibi, dieser gedrängte Name mit dem verschluckten e, ließ uns o 
8 auf einen Altbayern raten, und der dicke gedrungene Körperbau widersprach 8 
g keineswegs dieser Annahme. Wie erstaunten wir, als wir aus seinem Munde die g 
o lispelnden, verschliffenen und verschlissenen Laute des Kölner Dialekts vernahmen, o 
8 dieses dem Süddeutschen so wildfremd klingenden niederdeutschen Dialekts, der 8 
g sich nach dem Vlämischen zu sehnen scheint und den wir in Wien von unserer g 
g Wolter, wenn sie einmal unbewachte Augenblicke hat, so unübertrefflich sprechen o 
8 hören. Leibis Vater war allerdings ein Bayer. Er zog von seiner Heimat an den 8 
g Niederrhein und ist Organist am Kölner Dom geworden. Leibi, der Sohn, mit g 
g seinem überschäumenden Kraftgefühle wurde zu einem Schmiede in die Lehre o 
8 gegeben, doch bald, nachdem er sich auf dem Amboß einigermaßen ausgetobt 8 
g hatte, zog ihn ein unbezwingliches Bedürfnis nach der Kunst. Er kam zuerst unter g 
g die Leitung eines kleinen Malers seiner Vaterstadt, siedelte dann nach München o 
o über, wo er unbehindert die Akademie durchlief, um nach manchem tastenden 8 
g Versuche die Richtung einzuschlagen, die ihn schließlich unter die Bauern nach g 
g Aibling führte. Und so kam es auch, daß wir an einem schönen Augusttage o 
o des Jahres 1883 mit dem originellen Meister im Gasthofe “zum Schuhbräu” 8 
g zusammensaßen. g 
g Nach den üblichen Förmlichkeiten führte uns Leibi nach seiner Behausung, o 
o Auch der freundliche Genre- und Landschaftsmaler Johann Sperl, Wilhelm Leibis 8 
g Schatten und sozusagen die zweite Figur, wie man sie in klassischen Dichtungen g 
g neben dem Helden zu sehen pflegt, begleitete uns als mitteilsamer Führer und o 
o gab uns Aufschluß über Alles und Jedes, worüber uns der wortkarge Meister im 8 
g Dunkeln ließ. Wir gingen durch den Laden der Frau Windstosser und stiegen g 
g eine steile hölzerne Stiege zu einer engen niedrigen Stube hinauf. Hier in dem o 
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