sondern betrachtete sie als Äquivalent der Natur. Er hat die Malerei
von der Aufnahme aller Zufälligkeiten befreit und den Begriff der
Komposition wieder rehabilitiert. Denn jedes Bild muß wahrhaftig
sein, nicht durch die Nachahmung der Natur, sondern durch das
sensible Zusammenstellen der lokalen Töne, der Lichtkontraste, und
der Übergänge von Form zu Form, von Masse zu Masse, nach den
Gesetzen eines von der Erfindung des Künstlers bestimmten Rhythmus.
Vor fast einem halben Jahrhundert wurden die Meister der Bar^
bizonschule den Impressionisten als Klassiker gegenüber gestellt. Jetzt
spielt man Monet als Meister gegen Matisse aus. Die Auffassung des
Bildes bei Matisse ist ebenso verallgemeinert wie etwa die Auffassung
des künstlerischen Themas auf einem egyptischen Sarkophag. Eine
Verallgemeinerung finden wir auch bei den Impressionisten, aber sie
ist äußerlicher, die Konstruktion viel materieller. Matisse strebt zu
einer ungleich abstrakteren Synthese der Natur. „Es ist unmöglich“,
äußerte er sich einmal, „die Natur sklavisch zu kopieren, ich muß
sie dem Sinn des Bildes unterordnen. Das von mir geschaffene Ver»
hältnis zwischen einzelnen Details muß neben einem lebhaften Färbern
akkord nicht eine der Natur nachgemachte, sondern analoge Harmonie
hervorrufen, wie es in der musikalischen Komposition der Fall ist.
Für mich liegt alles in der Konzeption: man muß also von Anfang
an die genaue Vision des Ganzen haben.“
Und wie Matisse, so schaffen in Frankreich Picasso, Derain, Braque,
Friesz, in Deutschland der Münchner Kreis um Kandinsky und Erbslöh,
ferner Pechstein und die Mitglieder der Berliner Neuen Sezession,
der Wiener Kokoschka, der Tscheche Filla, der Pole Pankiewicz, eine
durchaus symbolistische oder eigentlich expressionistische Kunst. „Douer
d'authenticite la nature“ mit diesen Worten von Mallarme kann man
ihre Bestrebungen am besten charakterisieren. Der Bau ihrer Bilder
ist durchaus subjektiv. Das sind nicht mehr nur mit impressionistischer