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D ie seit 1774 von der Kaiserlichen Akademie der bil
denden Künste in Wien veranstalteten Kunstaus
stellungen, die zunächst in großen Abständen, später alle
zwei Jahre und schließlich alljährlich im April stattfanden,
waren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die einzigen peri
odischen Schaustellungen zeitgenössischer Kunst in Wien.
Art und Wesen einer solchen Kunstausstellung sollen durch
die Rekonstruktion der Akademie-Ausstellung vom Jahre
1830, die im Akademiegebäude bei St. Anna (jetzt Neubau
Annagasse 3) stattfand, veranschaulicht werden. Die Wahl
dieses Beispieles aus der Zeit vor genau hundert Jahren ist
nicht nur äußerlich dadurch bedeutsam, daß die Kunstwerke,
neuerlich zur Einheit gesammelt, einer hundert Jahre späteren
Generation vorgeführt werden, sondern vor allem dadurch,
daß gerade in jener Ausstellung von 1830 aus einer großen
Menge heute gleichgültiger und vergessener Produktion jene
führenden Künstlerpersönlichkeiten sichtbar werden, deren
Schaffen in den beiden folgenden Jahrzehnten Österreichs
edelsten Anteil an der deutschen Kunst des 19. Jahrhun
derts verkörpert. Um 1830 befreit sich die Alt-Wiener Malerei
zu klarer Wirklichkeitsanschauung in den Grenzen eines
bürgerlichen Milieus. Klassizistische und romantische Ideen
haben an der Ausstellung von 1830 keinen wesentlichen An
teil mehr. Die hervorragendsten Vertreter süddeutscher
Romantik, Ferdinand Olivier und Moritz Schwind, verlegen
in diesem Jahre ihre Tätigkeit von Wien nach München.
Rudolf Alt, Amerling, Danhauser, Fendi, Gauermann und
Waldmüller werden als Repräsentanten der künftigen Ent
wicklung der Alt-Wiener Malerei auf dieser Ausstellung zum
erstenmal deutlich erkennbar.
Die Rekonstruktion der Ausstellung als ein Versuch,
den wesentlichen Charakter der alten Ausstellung wider
zuspiegeln, erfolgt auf Grund des im folgenden vollstän
dig wiederabgedruckten Kataloges von 1830 und der zeit