Full text: Carl Schuch als Zeichner - Zeichnungen von Wilhelm Leibl und Karl Hagemeister - Photographische Bildnisse Schuchs und seiner Familie (XXIV. Ausstellung im Oberen Belvedere)

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Carl SCHUCH als Zeichner ist der Öffentlichkeit fast gar nicht 
bekannt. Dreiunddreißig Jahre nach dem Tode des Künstlers zeigt 
die Ausstellung mit allen erreichbaren Beispielen diese wesentliche 
Seite seines Schaffens zum ersten Male. Mit Absicht erfolgt die Dar 
bietung in der Galerie des XIX. Jahrhunderts, in der ein Saal seinen 
Werken der Malerei, seinen Stilleben, seinen Landschaften gehört. 
Aus der räumlichen Nähe der Gemälde und Zeichnungen soll das 
Bild seiner Kunst deutlicher werden als in vereinzelter Betrachtung. 
Als Maler strebte Schuch nach seinen eigenen Worten vom Stilleben 
über die Architektur zur Landschaft zu gelangen. Als Zeichner kam 
er ohne Problematik von Anbeginn geraden Weges zur Landschaft. 
Sämtliche Zeichnungen, die von seiner Hand bekannt sind, sind Skizzen 
buchblätter. Wären alle diese Skizzenbücher erhalten, so ergäben sie 
die anschaulichste Schilderung seines ruhelosen Itinerars durch die 
Landschaften halb Europas. Von der ersten Studienzeit an, auf Aus 
flügen und Reisen, nahm er in den Skizzenbüchern Notiz von der 
Gegend, die ihn anregte, von der Landschaft, die er, wie er zu sagen 
pflegte, inspizierte, mit der Genauigkeit eines Tagebuches auf den ein 
zelnen Blättern Ort und Tag vermerkend. Seit dem ersten Münchener 
Aufenthalt, deutlich in den Purkersdorfer Blättern von 1872, verhalf 
ihm die Zeichnung dazu, Grundwerte seines malerischen Schaffens 
zu klären. Aus dem Realismus seiner Zeit hatte er seine Kunst hoch 
empor gehoben durch die Erkenntnis von der Bedeutung des Tones: 
„daß er den Dingen das Materielle nimmt und nur die ästhetische 
Essenz der Erscheinung festhält ,i . Aus Helldunkel gestaltet stehen 
die Zeichnungen seiner reifen Zeit mitten im Plan, zwischen Be 
ginnen und Vollendung der einzelnen künstlerischen Schöpfung. 
Den Zeichnungen von Carl Schuch sind in der Ausstellung einige 
Zeichnungen von Wilhelm Leibi und von Karl Hagemeister ange 
reiht. Als Schuch nach München kam, wies ihm Leibi durch sein 
Beispiel den steilen Weg zur Überwindung realistischer Effekte, die 
damals billiger denn je im Kurs waren. Die kostbaren Tonwerte 
in Leibis Zeichnungen kennzeichnen die vorbildliche Art. Mit Karl 
Hagemeister verband Schuch die innigste Freundschaft. Hagemeister 
begann als Schüler Friedrich Prellers des Älteren. Seine Art 
zu zeichnen ist von Grund aus anders als die Schuchs. Hier klaffen 
die Gegensätze. Hagemeister wollte vom Allgemeinen, von einem über 
kommenen Schema, zur realen Begründung der Darstellung gelangen, 
Schuch aber strebte nach Vergeistigung der realen Anschauung. 
Die Ausstellung verdankt ihr Material dem Entgegenkommen 
der Direktion der Albertina, den Eigentümern des Nachlasses von 
Carl Schuch, Herrn und Frau Locker, Herrn R. J. Boettner und 
Grafen Hans Wilczek. 
In der folgenden biographischen Notiz über Carl Schuch sind 
die vielfachen Irrtümer der gedruckten Biographie richtiggestellt, 
die Lücken nach den Quellen ergänzt worden. 
Wien, im Mai 1936 FRANZ MARTIN HABERDITZL
	        
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