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len, malerischen und zeichnerischen Formung. Wie oft wird eine
bombastisch gehäufte Figurenkomposition konventioneller Art durch
die Erregtheit der zeichnerischen und koloristischen Form zur Phantas-
magorie, zur geisterhaften Vision! Ist damit die oft bis zur Geschmack
losigkeit aufdringliche überlieferte Kompositionsweise persifliert, ist
sie nur gleichgültig behandelt, oder ist sie vom Maler als die an sich
beste kompositioneile Gestaltungsweise anerkannt und geübt? Die
Antwort ist wohl die, daß keine der drei Möglichkeiten gänzlich aus
geschlossen ist, sie alle treffen zu, bald herrscht die eine vor, bald die
andere. Dieses Schwanken zeigt, so eigenartig es an sich ist, eine starke
Abhängigkeit von den herkömmlichen Formeln des Figurenbildes.
Aber trotzdem gelang Romako von dieser Grundlage aus wenigstens
einmal die Erfindung einer Komposition, die weit über das Tradi
tionelle hinausweist, und zwar in den zwei Fassungen der Szene aus
der Seeschlacht bei Lissa, insbesondere in der kleinen Variante (Nr. 23).
Es ist mit Recht auf die grundsätzliche Ähnlichkeit dieser Bild
komposition mit derjenigen Hodlers hingewiesen worden. Die flächige
Anordnung von Figurensilhouetten, geleitet von einer nahezu geo
metrischen Starrheit und Strenge — die Symmetrie der Gestaltenreihe
in der oberen Zone, die Strahlenform der Matrosengruppe um das
Steuerrad unten —, schafft diese Ähnlichkeit. Dieselbe Starrheit gibt es
bisweilen auch in Bildnissen, wie in dem der Frau Isabella Reisser
(Nr. 47) oder des bärtigen Herrn, aus dem Jahre 1888 (Nr. 24). Eine
solche Kompositionsweise ist das genaue Gegenteil der Gewohnheit
jener Zeit, das ungemildert Krasse einer solchen Vorderansicht steht
in äußerstem Kontrast zu der zeitgenössischen Tendenz nach dem
Reichtum räumlicher Wendungen und Bindungen. Die zeitlich näch
sten Vergleichsfälle sind bestimmte Bildnisse von Van Gogh, wie das
des Briefträgers Roulin.
Es ist freilich nicht die Komposition allein, welche grundsätzliche
Übereinstimmung mit den ersten Äußerungen einer erst nach dem
Tode Romakos voll entfalteten Gestaltungstendenz, wie eben der Van
Goghs oder Hodlers, verrät. Die Symmetrie eines solchen Bildnisses
kommt ja erst zur Wirkung, wenn die Gestaltungsweise im ganzen
mitspricht. Hier tritt nun die Abkehr von der Gesetzlichkeit der
impressionistischen, ja sogar der im allgemeineren Sinn malerischen
Darstellungsweise in aller Deutlichkeit zutage, und zwar vor allem
darin, daß eine malerische Grundkonzeption von zwei Seiten her an
gegriffen und verwandelt wird: von der Durchsetzung mit einer