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leidenschaftlichen zeichnerischen Ausdruckssprache und mit einer neuen,
gleicherweise ausdrucksbedeutenden Farbigkeit.
In vielfachen Abstufungen tritt das Zeichnerische innerhalb der male
rischen Gesamtanlage auf. Bisweilen, wie in einigen Landschafts-
bildem, ist es nicht mehr als eine zeichnerische Handschrift der Pinsel
führung, die an einzelnen Stellen stärker hervortritt (Nr. 58) und
allerdings damit allein schon dem Ganzen eine Wendung vom Nur-
Sichtbaren weg gibt, die Landschaft zum Abbild eines eigenartigen,
geheimen Lebens macht. Meistens aber spricht das Graphische in
Romakos Malerei viel stärker und offener mit, und mitunter bekommt
es sogar das Übergewicht (Nr. 53, 66, 75). Dann zuckt und vibriert
alles in einer Erregtheit, die nur zum geringsten Teil mit der Er
scheinung der Dinge oder dem dargestellten Vorgang motivierbar ist.
Sie ist aber auch nicht immer jene Formenbewegtheit, der allgemeine
Rhythmus des zeichnerischen oder malerischen Vortrags, den es in der
Geschichte der Malerei so oft gegeben hat. Von dieser homogenen Be
wegtheit der Gestaltungsformen in Malerei und Zeichnung unter
scheidet sich die Erregtheit in der Malerei Romakos dadurch, daß ihre
Mittel heterogen wirken. In dem Porträt einer Gräfin Kuefstein zum
Beispiel (Nr. 41), einem der repräsentativsten und bedeutendsten Bild
nisse Romakos, sind die einzelnen Dinge und Stoffe in verschiedenen
Darstellungsweisen wiedergegeben: die Rosen in der Bildecke in der
gelassenen malerischen Technik einer auf die Stoffsinnlichkeit bedach
ten Form, die Pflanzen im Hintergrund in duftiger impressionistischer
Luftmalerei, das Haar der Frau ist mehr gezeichnet als gemalt, und
das Funkeln der Edelsteine in ihrer Frisur ist völlig anti-impressio
nistisch mit kleinen Strahlensternen dargestellt. Je ausgeprägter zeich
nerisch die Darstellungsmittel sind, um so intensiver regt sich das
nervöse, hintergründige Leben, das alle Bildräume durchzittert. Über
all in seinen Bildern gibt es diesen ständigen Wechsel heterogener Dar
stellungsformen. Er bewirkt, daß die Formendynamik nicht als Aus
druck einer universalen Lebendigkeit erscheint wie in jenen Fällen
einer homogenen Gestaltungsweise (sei es die einer barocken Zeich
nung, einer impressionistischen Landschaft oder eines Bildes von Van
Gogh), sondern daß sie in verschiedenen Graden an einzelnen Dingen
haftet und sie in eine seltsam krampfartige Erregtheit versetzt. Dies
allein müßte Zerrissenheit und Dissonanz ergeben, wäre nicht das Ma
lerische und das Zeichnerische jedes für sich fast überall mit der Über
zeugungskraft einer sehr persönlichen, oft eigenwilligen und preziösen