11
baren Spannungen, Spannungen von einer Heftigkeit, zu der es in der
zeitgenössischen Malerei so wenig Vergleichbares gibt. Mit ihnen hat
sich Romako am weitesten vom Impressionismus entfernt, sie sind ein
extremes Ausdrucksmittel seines „Frühexpressionismus“.
Das ist das Schlagwort, mit dem sich der Grundgehalt der Kunst
Romakos am ehesten bezeichnen läßt, wenn es darauf ankommt, sie
in ihrer entwicklungsgeschichtlichen Stellung zu umschreiben, diese
Summe aus meisterhaft beherrschter malerischer Objektivität und un
gebärdigstem zeichnerischem Subjektivismus, aus primitiver Symbolik
und Theatralik und verborgener echter Tiefgründigkeit, aus Raffine
ment und Geschmacklosigkeit, aus Schwermut und unbefangener
Heiterkeit. Was Romako am wenigsten gelang, war die Bewältigung
einer ständig sich vordrängenden Gedanklichkeit durch die formale
Gestaltung. Trotz der Kraft der leidenschaftlichen Zeichnung und
eines sehr persönlichen Kolorismus bleibt oft ein seltsamer ungelöster
Rest. (Manche Werke Romakos sehen aus wie Verwirklichungen von
erdichteten Gemälden, von denen zuweilen in Romanen des vorigen
Jahrhunderts die Rede ist.)
Dies ist nur die Kehrseite einer sehr bedeutsamen Grundtendenz in
der Kunst Romakos, nämlich seines auf das Leben der einzelnen
Wesen und Dinge gerichteten Gestaltungswillens. Wo er Menschen
darstellt, ist es zumeist ein ekstatisch übersteigertes Leben, in den
anderen Wesen und Gegenständen ist es ein phantastisches Leben der
Formen. Diese Zuwendung zum Einzelding könnte ebensogut ein
Festhalten an der Anschauungsweise vor dem Impressionismus be
deuten wie eine Vorbereitung der nachimpressionistischen Kunst. Sie
bedeutet auch beides bei Romako, aber das Vorläufertum erscheint
uns nicht nur deshalb wesentlicher, weil es uns mehr angeht, sondern
weil es tatsächlich das Traditionelle weitaus überwiegt. Es gibt unter
Romakos späten Porträts einige, die das Bild des Menschen vom Ende
des neunzehnten Jahrhunderts in souveräner Endgültigkeit und in
beklemmender Eindringlichkeit auf die Nachwelt gebracht haben.
Wieder kann hier an Van Gogh erinnert werden, an das Porträt des
Dr. Gachet, das ergreifendste und tiefste Menschenbild vom Beginn
der neuen Epoche der Malerei, in der wir noch heute stehen. Romakos
Bildnis der Frau Isabella Reisser oder das der Gräfin Kuefstein
(Nr. 47, 41) sind nicht weit von dieser Größe entfernt. Der Abstand
ergibt sich vor allem daraus, daß der Durchbruch der reinen male
rischen und zeichnerischen Form noch nicht vollzogen ist. Er ist aber