Full text: Belvedere - Zeitschrift für bildende Kunst (Sonderheft 1, 1997)

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MARKETA THEINHARDT - „Wer ein Bild des Herrn Waldmüller... 
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Belvedere Sonderheft 
3 - Exposition Univer 
selle des Beaux-Arts. 
Salon de 1855 par Eu 
gene Loudon, Ledoyen 
Editeur, Palais Royal/ 
Paris 1855, S. 1f. 
4 - In der Londoner 
Weltausstellung 1851 
waren die klassischen 
bildenden Künste nicht 
derart vertreten. 
5 - Die Bildtitel sind 
hier als Übersetzungen 
des französischen Tex 
tes angegeben, ohne 
Anspruch auf Identifi 
zierung. 
zu unterschätzen ist - in Kirchen vorfinden 
konnte, war ein wahrer „melting pot" von ver 
schiedensten, sich wirklich oder nur scheinbar 
gegenseitig bekämpfenden, aber doch eher 
überschneidenden Tendenzen. Ihre stilistische 
und thematische Vielschichtigkeit ist sicherlich 
nicht nur auf eine vermeintliche Opposition 
zwischen Romantismus, Neoklassizismus-Idea- 
lismus und den sich langsam durchsetzenden 
realistischen Tendenzen zu abstrahieren. So kann 
man als eine der sich hier profilierenden Linien 
die plastisch-haptische bezeichnen, welche die 
„wirkliche Wirklichkeit" (Adalbert Stifter) thema 
tisierte und zum Ausdruck brachte und das abge 
sehen vom gegebenen Genre der Darstellung. 
Offensichtlich war es diese Linie, die Waldmüller 
bei seinem ersten Parisbesuch auffiel, was die 
Aufzeichnungen seines zweiten Besuches in der 
französischen Hauptstadt noch bekräftigten. 
Die Pariser Weltausstellung 1855 
„Die Pariser Weltausstellung ist von besonderer 
Bedeutung, die keinem entgehen kann. Ein noch 
nie dagewesenes Zusammentreffen, die Annähe 
rung von allen Schulen, Versuche einiger Neue 
rer, die Rückkehr mancher Künstler zu alten 
Traditionen, der Einfluß verschiedener Entwick 
lungen, welche seit sechzig Jahren die Ideen und 
Sitten verändert haben, der universelle Geist, 
der selbst die abstechendsten Charaktere zu 
verwischen und alle Nuancen in ein noch un 
deutliches Ganzes zu verschmelzen neigt - das 
alles sind die neuen Ausgangspunkte für die 
Kritik und für die Kunst." So charakterisierte 
der Kritiker Eugene Loudon diese erstmalige 
Präsentation zeitgemäßer internationaler Kunst 
leistungen. 3 Im Jahre 1855 waren der Pariser 
Salon und der künstlerische Teil der Weltaus 
stellung vereint und es war ein wahrhaft groß 
artiges Ereignis, das erste dieser Art in einer 
Reihe solcher Veranstaltungen, welche danach 
folgen sollten. 4 Nicht nur ganz neue Werke wur 
den gezeigt, sondern auch solche, die in den 
vergangenen Jahren Eindruck gemacht hatten. 
Die Gelegenheit war da, um Bilanz zu ziehen, 
um zusammenfassende Charakteristiken jewei 
liger „Nationalschulen" zu verfassen. Diese Ge 
legenheit wurde auch von vielen bedeutenden 
französischen Kritikern wahrgenommen, falls sie 
sich nicht, mehr oder weniger, auf die französi 
sche Kunst beschränkten. Man muß betonen, 
daß es hier viel Anlaß zu Polemik gab. Gustave 
Courbet protestierte gegen den Entschluß der 
Jury - seine Bilder „Atelier" und „Begräbnis 
von Omans" wurden abgelehnt - und errichte 
te seinen eigenen Realismus-Pavillon. Bei die 
sem Anlaß polemisierte Charles Baudelaire mit 
Maxime du Champ über die Anwendbarkeit 
des Fortschrittsbegriffes in der Kunst und über 
Delacroix, man polemisierte über Delacroix 
contra Ingres, über Delaroche und Horace Ver- 
net, über die realistischen Tendenzen... 
Der Katalog der bildenden Künste an der Pariser 
Weltausstellung, die am 15. Mai 1855 eröffnet 
wurde, informiert uns, daß die österreichische 
Malerei mit folgenden Werken vertreten war: 
Rudolf von Alt mit zwei Aquarellen, die Prager 
Karlsbrücke und den Altstädter Ring darstel 
lend, Carl von Blaas mit „Karl der Große tadelt 
einen nachlässigen Schüler (Abb. 1)", Eduard 
Engerth mit der „Gefangenschaft der Söhne 
Manfreds nach der Schlacht bei Benevento im 
Jahre 1266", Franz Eybl mit einer „Alten Bäue 
rin aus Niederösterreich" aus dem Kaiserlichen 
Museum in Wien, Joseph Führich mit vier alt- 
und neutestamentlichen Zeichnungen aus dem 
Eigentum des Kardinal-Nuntius, Monsignore 
Viate-Prel in Wien, und der Baronin Pereira in 
Wien, Friedrich Gauermann mit „Pflügender 
Bauer", „Sterbender Hirsch von Geiern um 
ringt", „Ende einer Jagd" und „Rast in den Ber 
gen", Remi van Haanen „Wintereffekt im Wald 
von Bakony in Ungarn", Maximilian Haushofer 
mit „Blick auf Eibsen", Leopold Kupelwieser mit 
„Himmelfahrt Mariä", („Altarbild der Metropo 
litenkirche in Colocza), Ignaz Raffalt mit „Himmel 
nach einem Gewitter", Franz Steinle „Eva", 
Eigentum des Barons von Hübner, außerordent 
lichen und bevollmächtigten Gesandten S.M. 
des Kaisers von Österreich in Paris, und „Der 
Jude von Venedig", Joseph Trenkwald mit zwei 
historischen Kartons - „Tegel" (wohl Tezel) und 
„Karl IV. in Pisa" 5 Mit den meisten Werken war
	        
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