Full text: Belvedere - Zeitschrift für bildende Kunst (Heft 1, 2004)

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MARKUS KRISTAN - Die Villenkolonie Hohe Warte von Josef Hoffmann 
Belvedere 1/2004 
Drei potentielle Bauherren: 
Friedrich Victor Spitzer, Dr. Hugo Henneberg 
und Carl Reininghaus 
Von Mai und Juni 1899 datieren - soweit die Ar 
beiten Olbrichs seiner Wiener Zeit für die Ge 
schichte der Künstlerkolonie Hohe Warte von In 
teresse sind - Zeichnungen Josef Olbrichs für die 
Modernisierung des Interieurs für Alfred Stifft 
im Haus Hohe Warte Nummer 48. Eine weitere 
Arbeit Olbrichs aus dem Jahr 1899, die wenig 
später in Zusammenhang mit der Künstlerkolonie 
auf der Hohen Warte kommen sollte, war die Er 
neuerung der Wohnung des Konsuls Dr. Fried 
rich V. Spitzer in Wien IV., Schleifmühlgasse 4. 
Diese Innenausstattung im geschwungenen Ju 
gendstil sollte 1901 in das neue, von Josef Hoff- 
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Abb. 9 Josef Hoffmann, Wohnhaus Ing. Alexander Brau 
ner, Ceweygasse 11, 1905/06, Halle. 
7 - Eine Abbildung des 
Speisezimmers befindet 
sich auf Seite 64 in dem 
1899 in Wien erschie 
nen Buch „Ideen von 
Olbrich 
mann erbaute Haus Dr. Spitzers auf der Hohen 
Warte übertragen werden, wodurch sich ein in 
teressanter Kontrast zu der strengen, rechtwin 
keligen Logik des Hoffmannschen Baus ergab. 7 
Friedrich Victor Spitzer wurde 1859 in Brünn ge 
boren. Er wuchs in Zürich auf, wo er sein Che 
miestudium mit dem Doktorat abschloß. Dort 
sowie in Leipzig und in Göttingen arbeitete er in 
chemischen Laboratorien. Später wurde er Assis 
tent am Chemischen Universitätslaboratorium in 
Wien. Sein Vermögen erwarb er sich als Zucker 
industrieller und Landwirt. Gleichzeitig galt seine 
Leidenschaft der Photographie. Er wurde Vor 
standsmitglied des „Wiener Camera-Clubs" und 
arbeitete mit dem „Trifolium" (Hugo Henneberg, 
Heinrich Kühn, Hans Watzek) zusammen. Spit 
zer galt als einer der führenden österreichischen 
und international bekannten Kunstphotogra 
phen. Auf der XIII. Secessionsausstellung, die 
vom 1. Februar bis zum 16. März 1902 zu sehen 
war, stellten er und Hugo Henneberg gemein 
sam mit Heinrich Kühn und Hans Watzek ihre 
Photographien in dem von Kolo Moser gestalte 
ten Ver-Sacrum-Zimmer aus. 
Anfang Juli 1899 wurde Joseph Maria Olbrich 
telegraphisch im Auftrag des Großherzogs von 
Hessen nach Darmstadt in die dortige Künstler 
kolonie berufen. In Wien glaubte man damals, 
daß Olbrich wieder nach Wien zurückkehren 
würde. Daß es ein Abschied für immer werden 
würde, wußte zu diesem Zeitpunkt noch nie 
mand. Doch das Angebot des Großherzogs von 
Hessen war zu großzügig für Olbrich, als daß er 
wohl Gründe sah, nach Wien zurückzukehren. 
Waren doch im Mai 1899 Otto Wagners Versu 
che gescheitert, eine Anstellung für Olbrich an 
der Wiener Kunstgewerbeschule zu erhalten. An 
fang September 1899 übersiedelte Olbrich nach 
Darmstadt. 
Etwa zu diesem Zeitpunkt dürften sich fünf Mit 
glieder der Secession bzw. deren finanzkräftige 
Freunde als potentielle Bauherren einer Künstler 
kolonie zusammengefunden haben. Es waren der 
Maler Carl Moll, der Kunstgewerbler Kolo Moser, 
die beiden als Amateurphotographen tätigen 
Mäzene der Secession, Friedrich Spitzer und Hu 
go Henneberg, sowie der Kunstmäzen Carl Rei 
ninghaus. 
Dr. Hugo Henneberg wurde am 27. Juli 1863 in 
Wien geboren. Er studierte zwischen 1882 und 
1887 an den Universitäten in Wien und Jena 
Physik, Chemie, Astronomie und Mathematik. 
1888 verfaßte er seine Dissertation in Physik. Im 
selben Jahr unternahm er eine Amerikareise. Be 
reits zuvor, ab 1887, hatte er begonnen, sich mit 
Photographie zu befassen. Ab 1898 betätigte er 
sich auch als Radierer und war wie Friedrich Spit 
zer vom Gummidruckverfahren fasziniert. Im 
Wiener Camera-Club lernte er Heinrich Kühn, 
Friedrich Spitzer und Hans Watzek kennen, mit 
denen ihn eine Freundschaft verband. Im Publi 
kationsorgan der Secession „VerSacrum" wurde 
im Heft vom Juli 1898 eine Gummidruckphoto 
graphie von Hugo Henneberg veröffentlicht und 
seine Pioniertätigkeit gemeinsam mit derjenigen
	        
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