Full text: Belvedere - Zeitschrift für bildende Kunst (Heft 2, 2005)

Belvedere 2/2005 
PETER STEPHAN - Wiener Belvedere und Würzburger Residenz 
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applikation verzichtet. Die Fassadenpilaster der 
Stirnseite wichen Dreiviertelsäulen, die vorge 
blendete Portikus wurde in der Oberzone ganz 
aufgegeben, in der Unterzone auf ein avant- 
corps reduziert. Das Kranzgebälk kröpft sich über 
den lichten Weiten um einige Zentimeter zurück. 
Zwar springt es an der Stirnseite nicht bis zum 
nisch strukturierten Restfassade deutlich abhebt 
(Abb. 2), nimmt er sich nicht wie ein Fremdkör 
per aus. Dies hängt wesentlich von der ersten 
Travee der Rücklagen ab, die - von Pilastern ein 
gefaßt - unmittelbar an ihn grenzt (Abb. 15). 
Schon Hubala hat darauf hingewiesen, daß diese 
erste Pilastertravee „eine kompositionelle Aus- 
42 - Erich Hubala, wie 
Anm. 14, S. 165-166. 
Abb. 14 Büro Balthasar Neumann, Längsschnitt durch den Corps de Logis der Würzburger Residenz, Kunstbibliothek, 
Berlin. 
Wandspiegel zurück, doch wird die Assoziation 
eines Gebälks, welches über einer Kolonnade frei 
durchläuft, negiert. Die Instrumentierung ist jetzt 
auf die Wand bezogen. Des weiteren erhielt der 
Giebel eine geschweifte Form und wurde auf die 
Attika gehoben. In dem Maße, in dem die Glie 
derung zum dekorativen Element herabsank, 
stieg die Wand, die bis dahin nur Füllwerk gewe 
sen war, zum eigentlich tragenden Element auf. 
Und indem sie an der Stirnseite risalitartig her 
vorspringt und sich in der Attikazone über das 
Kranzgesims vorschiebt, absorbiert sie die Glie 
derung weitgehend. 
Obwohl der Kaisersaalpavillon sich im ornamen 
talen Habitus seiner Gliederung von der tekto- 
klinkung des prachtvollen Mittelstücks aus der 
Gartenfront" verhindert. 42 Daß die erste Travee 
zum Kaisersaalpavillon überleiten soll, wird allein 
schon an dem Brüstungssegel ersichtlich, das sich 
von der Dachbalustrade der Rücklage zur Dach 
kante des Kaisersaalpavillons aufschwingt. Darü 
ber hinaus sind die Fenster analog zu den Flan- 
kentraveen der Eckrisalite gestaltet, die ja auch 
eine Mittelgruppe flankieren. 
Für noch entscheidender halte ich indes die Ge 
staltung des Pilasterbündels, das die erste Travee 
von der restlichen Rücklage trennt (Abb. 18). 
Fraglos läßt sich die Schichtung der Pilaster, die 
nur in dieser einen Travee zu beobachten ist, so 
begründen, daß ein einfacher Pilaster sich in un-
	        
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