HANS MEMLINC
AUCH
MEMLING.
Geboren: In Nordholland, erste Hälfte des XV. Jahrhunderts; gestorben: Brügge, vor dem io. December 1495.
MARIA MIT DEM KINDE. EIN TRIPTYCHON.
;as kleine Altarwerk ist auf drei Blättern photographirt, wird aber hier der Deutlichkeit
wegen auf einem Blatte als zusammengehöriges Ganzes beschrieben.
Auf dem Mittelbilde hält Maria das heilige nackte Kind auf dem Schoosse
mit beiden Händen. Ueber dem Throne, unter welchem die Jungfrau sitzt, erhebt sich ein prächtiger,
mit Figuren und Ornamenten verzierter Steinbogen. Das Kindchen langt nach einem Apfel, den
ihm ein knieender Engel lächelnd hinreicht. Auf der anderen Seite des Thrones kniet ein betender,
schwarz gekleideter Mann, wahrscheinlich der Donatar des Bildes.
Die vereinigten Innenseiten der Flügel zeigen den heiligen Johannes Evangelist, mit einer
goldenen Schale in der Fland, und den heiligen Johannes den Täufer mit dem Lamm. Beide stehen
unter einem gothischen Portale mit doppelter Oeffnung.
Die Aussenflügel zeigen Adam und Eva, in zwei steinernen Nischen stehend; beide halten
den Apfel in der erhobenen Rechten, das Feigenblatt in der Linken.
Alle die guten Eigenschaften, welche den ausgezeichneten Meister zieren und ihn uns in so hohem
Maasse sympathisch machen, kommen in diesem feinen Triptychon zur Geltung. Memlinc übte eine
Kunst, deren Milde von grösstem Reiz war. Seine Meisterschaft zeigt sich in der Gediegenheit und
Fülle der Zeichnung, in der verständigen, bis ins kleinste Detail eingehenden Modellirung der Formern
in dem milden Schmelz der F'arben und in dem Ausdruck voll Sanftmuth, der auf den lieblichen
Zügen seiner Frauenköpfe liegt. Er übertrifft hierin seinen Meister Van der Weiden, und es fehlt
ihm nur die Kraft und Strenge bei den männlichen Gestalten, um selbst auf dieselbe Stufe der
Vollkommenheit zu kommen, auf welcher der mit Recht vielbewunderte Van Eyck stand.
Unser Altärchen kommt aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm. Das Inventar
Jahre 1659, Nr. 401, beschreibt es und setzt hinzu: »Sagen, es sei Original von Johann Van
Eyck; und Mechel, 1783, Nr. 30, schreibt es dem Van der Goes zu, wahrscheinlich von dem
Umstande geleitet, dass eine Wiederholung des Bildes mit einigen Veränderungen in den Uffizien
ITorenz dort dem Van der Goes zugeschrieben ist. Aber die beiden Bilder unterscheiden sich
wesentlich von einander und die Kunst des Van der Goes kann überhaupt nicht beanspruchen, mit
jener des Memlinc in Concurrenz zu treten oder mit ihr verwechselt zu werden, und es dürfte
Avohl nicht leicht möglich werden, ein Werk des Goes zu finden, welches dieselbe Vollendung und
Meisterschaft aufzuweisen hätte, wie unser kleines reizendes Altärchen.
Das Bild ist auf Holz gemalt, 69 Cm. hoch, 47 Cm. breit.
vom
zu