Full text: 120 der hervorragendsten Gemälde alter Meister [Altdorfer - Murillo] (Band 1, 1892)

ANTONIUS VAN DYCK. 
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Geboren: Antwerpen, 22. März 1599; gestorben: Blackfriars bei London, 9 # December 1641. 
PIETA. 
AN DYCK, der gefeiertste Porträtmaler seiner Zeit, war kein mächtiger Geist wie 
Rubens, welcher das ganze Bereich der Kunst gleichmässig beherrschte. Seine Haupt- 
thätigkeit beschränkte sich auf ein engeres Feld, aber hier war er vollinhaltlich Meister. 
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Fein, zart, liebenswürdig und vornehm, wie er selbst, war auch seine Kunst. Zwar malte er auch 
Historienbilder, die ebenso meisterhaft gedacht und ausgeführt waren, als seine Bildnisse, aber es 
waren vorwiegend religiöse Darstellungen, welche seinem feinen, empfindungsreichen Wesen und 
Schönheitssinne trefflich entsprachen. 
Marienbilder und weibliche Heilige sind es zumeist, die hier in Betracht kommen. 
Die kaiserliche Galerie besitzt Bilder beider Richtungen, diesmal ist es eine kleine Dar 
stellung von grossem Ernste und tiefer Empfindung, die als Reproduction vorliegt. 
Der Leichnam Christi liegt mit dem Oberleibe über dem Schosse Mariens. Seine aus 
gestreckte linke Hand wird von der zur Seite knieenden Magdalena geküsst; auf der anderen 
Seite steht Johannes in tiefem Schatten; ein weinender Kinderengel steht zu Füssen des Heilandes. 
Die abgerundete Gruppe hat etwas Rührendes und ist wahr und natürlich; die schön und harmonisch 
fliessenden Linien zeigen nirgends etwas Absichtliches. Marias zum Himmel gewendetes Antlitz 
und das, tiefes Leiden zeigende Gesicht Christi entsprechen im Ausdrucke vollkommen der 
Situation. 
Die einfachen Tonsätze, von der hellen Klarheit des Leichnams, und dem Glanze des weissen 
Linnens, bis zum tiefen Dunkel der Felsengruft im Hintergründe, zeigt Alles seinen richtigen 
Werth der Farbe und des Helldunkels und athmet Stimmung und Weihe. Nirgends eine Verblasen- 
heit, nirgends eine Härte; überall Schönheit, Wahrheit und Harmonie. 
Woher das schöne Bild kam, konnte nicht ermittelt werden. 
Besitze des Kaisers Karls VI. und wird in der Stallburg von Ferdinand v. Storffer für sein Miniatur 
werk copirt. Zur selben Zeit wird es auch von Stampart und Premier gestochen und radirt. 
Das Bild ist auf Leinwand gemalt und auf Holz aufgeklebt, 106 Cm. hoch, 81 Cm. breit. 
Es erscheint zuerst im
	        
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