Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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hoch, So Mm. breit), ohne Namen und erster Versuch, wovon zwei 
Etats existiren. Endlich ist noch die Radirung, darstellend »Die am 
Baum sitzende Frau«, anzuführen, deren Plattengrösse 13g Mm. zu 
110 Mm. beträgt und links unten mit dem Namen in Spiegelschrift 
bezeichnet ist.*) 
Zu den Wiener Miniatur- und Aquarellmalern, und zwar vor 
züglicher Qualität, ist auch Friedrich Job. Gottlieb Lieder zu zählen, 
obwohl von ihm auch zahlreiche Oelgemälde, namentlich 
im Cabinetformate existiren; die lebens 
grossen Porträte, welche der Verfasser von diesem Künstler kennt, 
kennzeichnen stets den Kleinmaler; ihnen geht die breitere, mar 
kantere Malweise ab. Sein in der kaiserlichen Gemälde-Gallerie 
(Führer 1897, Nr. 207) befindliches, in Gel gemaltes Selbstporträt, 
im Formate von 31 Cm. Höhe und 23 Cm. Breite, welches im Jahre 
1887 von dem Enkel des Künstlers, 
Herrn Friedr. von D’Ellevaux, er 
worben worden ist, vertritt Lieder 
ganz ausgezeichnet als Oelmaler kleinen 
Formates. Es ist mit einer höchst sorg 
fältigen Technik gemalt und von 
sprechender Aehnlichkeit. Esstammtaus 
der mittleren Lebenszeit des Künstlers. 
Leider besitzt die kaiserliche Sammlung 
bis jetzt noch kein Miniatur- oder 
Aquarellgemälde von ihm, durch das 
er jedenfalls in der wesentlichen Cha 
rakteristik seines künstlerischen Kön 
nens vertreten sein würde. Was wir hier 
über Friedrich Job. Gottlieb Lieder an 
biographischen Daten bringen, erhielten 
wir von dessen Sohne, dem am 
21. März 1884 zu Wien verstorbenen 
kaiserlichen Rathe Friedrich Michael 
Paul Lieder D’Ellevaux, welcher 
neben seinem Berufe als k. k. Beamter 
ebenfalls ein tüchtiger Porträtmaler, 
namentlich in der Aquarell-Technik, 
gewesen ist.**) Nach diesen uns aus 
Schloss Himmelau bei Wolfsberg in Kärnten zugekommenen und 
gerafft hatte, auf den Grabstein: »Einer der begabtesten Maler 
seiner Zeit!« 
Nach dem den Künstler so tiefschmerzlich bewegenden Tode 
seiner Tochter, zog sich derselbe von der Porträtmalerei ganz zurück 
und widmete sich nur dem Blumenfache. Er legte eine wundervolle 
Sammlung von miniaturartig gemalten Blumen der Flora aus den 
österreichischen Gebirgen an, welch’ herrliche Früchte seines Fleisses 
nach seinem Tode die k. k. Akademie der bildenden Künste hier 
ankaufte und seither in ihrer Bibliothek verwahrt, wo diese Collec 
tion nach Meldung beim Bibliothekar eingesehen zu werden vermag. 
Als Menschen schildert F. Arnim den Künstler keineswegs als einen 
liebenswürdigen Mann, derselbe sei vielmehr, und zwar im Gegen 
satz zu seiner so zarten künstlerischen Ausdrucksweise, ein grober 
»schimpfirender Krakehler« gewesen, der gegen alle Welt 
selbst nicht ausgeschlossen 
wie 
ich es nennen möchte 
sich 
zu Felde 
lag. Auch Herr von Wurzbach äussert 
sich, dass er im gewöhnlichen Leben 
wohl anspruchslos und liebenswürdig, 
sehr witzig und höchst lebhaften Tem 
peramentes, kurz, durch und durch eine 
Künstlernatur gewesen sei, die sich 
enthusiastisch über ein Kunstwerk, das 
ihm imponirte, zu äussern vermochte, 
dafür aber als »ein grausamer und 
gefürchteter Richter für gepinselte 
Nichtigkeiten« gegolten habe. 
Daffinger war auch ein Sammler 
und Kenner von Kunstwerken, wobei 
er namentlich Rembrandt hoch hielt, 
über dessen Arbeiten er die gediegen 
sten und vollständigsten Kenntnisse 
gehabt haben soll. 
Eine Notiz in der »Neuen Freien 
Presse« vom 16. December 1896, über 
schrieben: »Aus einer alten Wiener 
Künstlerfamilie«, gibt uns Nachricht 
von einem lebensgrossen Porträt Daf- 
finger’s, welches die berühmte Sän- 
gerin Anna Wranitzky darstellt, die 
bis 1820 zu den Zierden der Wiener Hofoper gehörte, und nicht 
blos durch ihre Kunst, sondern auch durch ihre Schönheit 
glänzte. Später (1822 und 1823) erregte sie Aufsehen in den 
Leipziger Gewandhaus-Concerten und 1827 bis 1830 gehörte sie 
dem Hamburger Stadttheater an. Es dürfte dies eines der wenigen 
lebensgrossen Bildnisse sein, welche Daffinger gemalt hat. Auch 
vervielfältigt wurden Werke von ihm, und zwar das Porträt von 
J. von Rai mann, kaiserlicher Leibarzt (lith. Fol.) durch Fr. Eybl, 
»Der Herzog von Reichstadt schreibend«, gestochen von Benedetti 
(Fol.), und endlich »Der Hofschauspieler Koch, im Lehnsessel 
sitzend«, lithographirt (Fol.) von The er. Selbst radirt hat Daf 
finger sein eigenes Porträt (Plattengrösse: 136 Mm. hoch, 109 Mm. 
breit), bez. Daffinger 1848, sodann den Herrn von Fyt (Brust 
bild) (Plattengrösse: 132 Mm. hoch, 100 Mm. breit), weiters das 
Blatt »Der erblindete Engländer Homan« (Plattengrösse: 103 Mm. 
LIEDER, Selbstporträt. 
den Jahren 1817 
*) Siehe »Die deutschen Malerradirer des 19. Jahrhunderts nach ihrem Leben 
und Werken« von A. Andresen. Leipzig 1870. 
*9 Da der Verfasser auch im Besitze biographischer Daten über diesen 
jüngeren Fr. M. P. Lieder ist, welche wieder von dessen Sohne Friedrich von 
D’Ellevaux an uns gelangt sind, so glauben wir dieselben hier in der Notiz in 
Kürze anfügen zu sollen. Friedrich Michael Paul von Lieder D’Ellevaux ist zu 
Wien am 27. Februar 1807 als einziger Sohn des Historien* und Porträtmalers 
FriedrichJoh. Gottlieb Lieder geboren. Schon frühzeitig entwickelte derselbe eine 
Vorliebe zur Malerei, jedoch bestimmte ihn sein Vater für die politische Beamten- 
carriere, wonach auch seine Ausbildung erfolgte. Im Elternhause erhielt der junge 
Lieder eine ausgezeichnete Erziehung, er absolvirte in Wien im Institute des Päda 
gogen und Malers Friedrich von Klinkowström die Gymnasialclassen und an der 
Universität die juridisch-politischen Studien (1829), wobei er auch die k. k. Akademie 
der bildenden Künste frequentirte. Im Jahre 1830 betrat er als Candidat beim 
k. k. Gubernium zu Graz die politische Beamtenlaufbahn, legte daselbst die juri- 
disch-politische und die Richteramts-Prüfung ab und kam 1831 als Conceptspraktikant 
zu dem k. k. Kreisamte Marburg, 'l'rotzdem sich nun für ihn die besten Aussichten 
zu einer erfolgreichen Beamtenlaufbahn eröffneten, wendete er sich dennoch nach 
Wien und trat in die k. k. vereinigte Hofkanzlei als Accessist ein, um hier mehr 
Gelegenheit zur Ausübung seiner Kunst zu finden. Was nun seine künstlerische 
Thätigkeit betrifft, so erhitdt er (1835—1S36) seitens der Regierung einen ein-
	        
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