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kann nicht angezweifelt werden, haben doch fast alle damaligen Porträt
maler auch Blumen gemalt, dagegen ist mir von Historienbildern, die
er gemalt haben soll, nie etwas zu Gesichte gekommen, wenn auch
immerhin angenommen werden kann, dass er in seiner ersten Zeit,
wie fast alle Maler, die damals aus der Akademie hervorgingen,
historische Stoffe zu Bildern verarbeitet haben mochte. Carl von
Saar starb zu Wien, den 23. März 1853; er war verheiratet und
seine Witwe Marie von Saar, geboren 1810, starb hier am 17. Sep
tember 1872.*)
Zu den Porträtmalern, welche noch in der älteren Wiener
Schule fussen und daher deren Charakteristik bewahren, zähle
ich auch Georg Decker; er war vor Allen Derjenige, welcher
die im vorigen Jahrhundert so blühende Pastellmalerei wieder auf
gegriffen hat, die freilich, namentlich in jüngster Zeit, einige ganz
vortreffliche Interpreten gefunden
und sonach auch einen ungewöhn
lichen Aufschwung genommen hat.
Denn die Pastellmalerei bietet Reize,
wie kaum eine andere Kunsttechnik,
und deren Behandlung ist für den
Künstler eine äusserst freie und
bequeme. Sind die Bilder gut ge
schützt, so mögen sie sich auch
auf die Dauer erhalten, und zwar
ohne jene störenden Uebelstände,
die häufig bei Oelgemälden durch
nicht genug vorsichtig und solid ge-
handhabte Technik entstehen. Der
Pastellmalerei fehlt bis jetzt nur das
geeignete Mittel, welches den Farben
staub, mit dem sie erzeugt wird, fest
und dauernd zu binden vermöchte.
Es sind auf das hin schon viele
Versuche gemacht worden, aber
sie erwiesen sich, will man den
sammtartigen weichen Schmelz der
Farbengebung nicht wenigstens zum
grösseren Theil schädigen oder gar aufheben, doch stets als un
zulässig. So muss also das Glas diese Bilder schützen und dabei
womöglich überhaupt ein hermetischer Verschluss vor Staub und
Feuchtigkeit erzielt werden. Auch starkem Licht sollen Pastellbilder
nicht ausgesetzt werden, gleichwie Aquarelle und Miniaturen stets vor
directen Sonnenstrahlen zu bewahren sind, da viele der dünn auf
getragenen Farben leicht durch die Einwirkung des Lichtes aus-
bleichen.
dem es so und nicht anders entstehen konnte. Lieder war durch
aus kein gewöhnlicher Porträtmaler, er verstand es, die Individualität
zu erfassen und damit das geistige Bild des Menschen, und das allein
hebt ihn schon vor vielen Andern heraus.
Ein nächster hier zu erwähnender Porträtist war Carl von
Saar. Weniger schneidig in Technik und Auffassung, verstand er
es doch, ein gutes, sicheres Bildniss zu malen. Er war, wie Lieder,
ein Kleinmaler, also vorwiegend Miniaturist. Nach Wurzbach und
Anderen wäre er im Jahre 1777 geboren worden, was aber nicht
richtig sein dürfte, denn nach den vom Verfasser gepflogenen dies
bezüglichen Nachforschungen in den Acten der k. k. Akademie der
bildenden Künste ist derselbe zu Wien geboren, in dieser Anstalt
am 12. November 1811, und zwar »14 Jahre alt«, aufgenommen
worden. Sein Vater wird in dem Aufnahmsacte als k. k. Rechnungs
rath aufgeführt. Weiters melden uns
die Akademie-Acten, dass Carl von
Saar im Monat Februar 1813 in
die Landschaftsschule eingetreten
sei, sodann habe er die Historien
malerschule besucht, und zwar im
II. Semester 1813, im I. und II. Se
mester 1814 und im I. Semester
1815. Von 1816/17 erscheint der
selbe ebenfalls noch als Schüler der
Akademie eingetragen. Endlich ver
künden uns noch dieselben Acten,
dass Carl von Saar im Jahre 1816
einen Plofpreis erhalten habe. Da
es nachweisbar ist, dass der Künst
ler erst in den Zwanzigerjahren
öffentlich ausgestellt hat, so stimmt
das auch eher mit den Daten der
akademischen Listen. Carl von Saar
dürfte wohl ein Verwandter des
Vedutenmalers Alois von Saar ge
wesen sein, worüber jedoch noch nicht
Klarheit geschaffen wurde. Er war
ein bekannter und beliebter Porträtmaler, nebenbei aber soll
er auch Historienbilder und Blumen gemalt haben. Das durch den
Schriftsteller Plerrn Dr. Alphons Königsberg in Wien im Jahre
1893 als Vermächtniss in das künstlerische Hofmuseum gelangte
Miniaturbildniss des k. k. priv. Grosshändlers Leopold Königsberg
in Wien, zeigt entschieden den trefflichen Zeichner und sicheren
Treffer. In der Behandlung erinnert es an die Weise von Daffinger und
Genossen. Das Bildniss ist rechts am Rande mit »v. Saar« bezeichnet*)
Auf den Wiener Ausstellungen war der Künstler seit 1822 abwech
selnd vertreten und zumeist mit Aquarell- oder Miniaturbildnissen.
1835 erschienen daselbst in Aquarell die Bildnisse der in Wien
damals sehr populären Persönlichkeiten Bäuerle und Saphir, und
im Jahre 1848, auf einem Bilde vereint, die Mitglieder des Künstler
vereines in Wien. Dass die in den Jahren 1850 und 1852 im öster
reichischen Kunstverein ausgestellten Blumenbilder von ihm waren,
DECKER, Bettelfrau.
*
) Carl von Saar’s Arbeiten, die wohl zumeist, ausser einigen Studien
köpfen, in Porträten bestanden, finden sich fast nur im Privatbesitze. So weiss ich,
dass, als ich die Listen für die akademische Jubiläums-Ausstellung von 1877 zu
sammenstellte, bei Herrn Roux, einem damals eifrigen Kunstsammler, mehrere
Bildnisse von ihm waren, desgleichen ein Damenporträt (Miniatur, hoch 8 Cm.,
breit 7 Cm.) bei dem kunstsinnigen Herrn Moriz Mayer hier, welches die Einlauf
nummer 2575 hatte und in der genannten akademischen Jubiläums-Ausstellung
unter Nr. 1924 ausgestellt war. Der Berichterstatter Herr Heinr. Kabdebo erwähnt
desselben in dem bei Holder in Wien 1877 erschienenen Buche »Die historische
Ausstellung der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien«, und weist auf den
begabten Miniaturmaler Carl von Saar hin, dessen »prächtiges Damenporträt
einen schönen Beweis seiner Geschicklichkeit erbracht habe«.
*) Siehe Führer III der kaiserlichen Gemälde-Gallerie von 1895 »Moderne
Meister«, II. Abtheilung: Aquarelle und Handzeichnungen, Nr. 468.