Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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schüttelnd vorübergehen, oder sie nur oberflächlich betrachten, oder 
dieselbe etwa gar ausgeschieden sehen wollen.*) 
In der Landschafts- und Thiermalerei ging, wie bereits an 
anderer Stelle erwähnt wurde, mit dem Beginne -des XIX. Jahr 
hunderts, und zwar gleichzeitig mit der Bewegung an anderen 
grossen Culturstätten, eine vollkommen neue Wandlung vor sich. 
Das Wiedervertrautwerden mit der Natur zwang die Maler rasch 
Irrthümer, Herkömmlichkeiten und Gewohnheiten, in welche nament 
lich die Meister der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ge- 
rathen waren, abzustreifen. Dem Manierismus folgte, wie es fast zu 
allen Zeiten geschehen ist, das Streben nach Wahrheit, und wenn 
sich auch anfänglich nur Einzelne aus ihrer akademischen Be 
fangenheit herauswagten, so wirkte doch ihr Beispiel allsogleich 
mächtig genug. Das Sprich 
wort »wie die Alten sungen, 
so zwitschern die Jungen« 
traf wahrlich nicht mehr zu. 
Die Jungen zwitscherten nicht 
nur anders, sondern sie fanden 
ganz neue Lieder, die freilich 
nicht gleich von Allen ver 
standen wurden, aber ebenso 
rasch in den jüngeren Künstler 
kreisen populär geworden sind. 
Es ist eine stattliche Reihe 
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.•von Namen, mit welchen sich 
in der Landschaftsmalerei diese 
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neue Richtung inaugurirte. Vor 
Allem aber möchte ich einen 
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Künstler namhaft machen, der 
unbedingt als Erster gelten 
mag, welcher seinem Lehrer 
Molitor und sonach der aus 
gefahrenen Kunstrichtung un 
treu wurde, indem er malte, 
was seine eigenen Augen sahen 
und keinerlei doctrinäre Tra 
dition verfolgte. Es ist dies der 
Altmeister Franz Seraphicus Stein fei d, dessen populäre Persön 
lichkeit noch manchem unserer Zeitgenossen in bester Erinnerung 
sein mag. Der Verfasser hatte Gelegenheit, den trefflichen Künstler 
und ausgezeichneten Menschen genau zu kennen, denn zuerst war 
er sein Schüler und dann noch jahrelang sein Freund, und was ich 
nach seinem Tode über ihn geschrieben,**) floss mir aus dem Herzen 
und entsprach sicher der Wahrheit. 
Es sei mir hier gestattet, eine kleine Episode zu erzählen, die 
.den Meister in seinem concilianten Wesen charakterisirt. Als ich mich 
eines Tages als junger Anfänger, selbstverständlich in respectvoller 
Ferne, im Prater beim Kaiserwasser zur Gruppe seiner Schüler setzte, 
) In Kunstsammlungen, die nicht blos zum Genuss gereichen, sondern 
auch zur Belehrung dienen sollen, hat jede Zeiterscheinung ihr Recht zu finden, 
und welchem Laien dies nicht hehagt, der sehe eben nur dasjenige an, was seinem 
subjectiven Geschmack entspricht; dem subjectiven Geschmack darf man aber auf 
keinen Fall ein Richterthum in der Kunst zuweisen wollen. 
**) Siehe »Zellner’s Blätter für Theater, Musik und bildende Kunst«. Klein- 
Folio. Wien, XIV. Jahrgang (1868), Nr. 95, S. 378. 
namentlich aus dessen Jugendzeit, lesen will, der findet eine Strenge 
und eine Gewissenhaftigkeit, eine Charakteristik und schlichte Wahr 
heit, womit man auch in anderer Zeit, unter anderen Kunstanschau 
ungen seine volle Freude finden kann. Es ist möglich, dass Freund 
Goebel auch auf dem Gebiete der sogenannten grossen Kunst 
Glück gemacht haben würde, wären ihm in Jugend und Werdegang 
andere Wege gewiesen worden. 
.1 
Unter den Porträtmalern jener Tage befand sich auch Josef 
Bayer, geboren zu Wien im Jahre 1804, gestorben daselbst im Jahre 
1831. In den Aufnahmsacten der k. k. Akademie wird angegeben »aus 
Wien, geboren 1805«, und zwar wäre derselbe am 15. April 1818 
in die Lehranstalt eingetreten und bis inclusive Wintersemester des 
Jahres 1826 Schüler derselben gewesen. 
Die kaiserliche Gemälde- 
Gallerie hat zwei Bilder von 
diesem heute sehr wenig ge 
kannten und in der Literatur 
kaum erwähnten Wiener Maler, 
und zwar Nr. 105 des Kata- 
loges »Die Flucht nach Aegyp 
ten«, bezeichnet in der Mitte 
des Unterrandes »Jos. Bayer, 
1830«, und Nr. 106 »Bildniss 
eines Knaben mit blonden 
Locken« (Brustbild), rechts im- 
dunklen Grunde bezeichnet • « 
»Jos. Bayer, 1829«. Das erst- 
genannte Bild wurde auf der 
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akademischenKunstausstellüng 
vom Jahre 1830 über Aller- 
höchste Genehmigung um ;den , . r • 
Preis von 30 fl. C.-M., und das . • , 
letztere im Jahre 1832 eben- • , . 
falls auf der akademischen 
Ausstellung hier um den Be 
trag von 180 fl. C.-M. ange- 
kauft. Der Künstler ist leider 
sehr jung gestorben, was ob 
seines in der That bemerkenswerthen Talentes bedauerlich ist. 
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Namentlich von Interesse ist das kleine Knabenbildniss, dessen 
. • * 
goldiger Ton und schöne Vortragsweise gerühmt zu werden ver 
dient. Wären nicht diese beiden Zeugen seiner künstlerischen Thätig- 
keit in der kaiserlichen Gemälde-Gallerie, ich glaube, man würde 
von diesem Maler, wie schon von so Vielen dieser Wiener Kunst 
epoche der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, nichts mehr wissen. 
Umso wichtiger erscheint es daher dem Verfasser, diejenigen 
Wiener Künstler der langen Kaiser Franz und Ferdinandeischen 
Friedensepoche, auch wenn ihre Namen weniger gekannt sind, thun- 
lichst in der Sammlung der modernen Abtheilung der kaiserlichen 
Gemälde-Gallerie zu vertreten, damit den Epigonen klar werde, was 
diese stille Zeit an Meistern in der vaterländischen Kunst barg, und 
wie diese bis in ihr innerstes Wesen ausgesehen hat. Es ist daher 
nachgerade ein Unrecht, das an ihnen begangen wird, wenn manche 
vermeintliche Kunstkenner an dieser älteren Wiener Kunst köpf- 
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Porträt FRANZ STEINFELD.
	        
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