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malerei. Thaten sich auch ab und zu die Werke eines Schnorr,
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Sch eff er von Leonhards ho ff, Ol i vier u. A. hervor, so
behielt doch das realistische Streben die Oberhand, während die
Akademiker und die Romantiker in den Hintergrund traten. Es
lag in der Natur der Sache, dass Carl Russ’ und Anderer Be
strebungen nach einer nationalen Historienmalerei in ihrem Sinne
unerfüllt und sonach ohne nachhaltigen Erfolg blieben. Von einem
wirklich grossen, durchschlagenden Erfolge konnte man erst reden,
als Peter Kr afft mit seinem volksthümlich aufgefassten Land
wehrmann auftrat. Wenn daher Nagler sagt, Kr afft habe sich im
Hinblick auf die vier Hauptwerke »Abschied« und »Rückkehr des
Landwehrmannes« und die »Schlachten bei Leipzig und Aspern«
das Ehrenwort eines vaterländischen Malers verdient, so kann dieser
treffende Ausspruch nur bestätigt werden, denn er wurde mit diesen
seinen Bildern thatsächlich der
Repräsentant seiner Zeit, was auch
die Popularität erklärt, welche diesen
echt nationalen Werken entgegen
gebracht wurde.
Kreis zu bilden, der sich in treuem Zusammenhalten gegen »akade
mischen Zunftzwang und antiken Götzendienst
Stellung der wahren Kunst zum Ziele steckte. Diesen abgeschlossenen
Kreis bildeten die bekannten und hochgeachteten Meister Cornelius,
Overbeck, Ph. Veith, Wilhelm Schadow, Julius v. Schnorr,
Franz Pforr, Josef Koch, die Brüder Olivier und manche
Andere.*)
die Wiederher-
Aber auch die in Wien verbleibenden jungen Künstler ent
wanden sich allmälig dem alle Eigenthümlichkeit des Individuums
ertödtenden Schulzwange, und da Wien in jenen Zeiten auch
aufgehört hatte, ein Boden für monumentale Kunst zu sein, so
wandten sich Diejenigen, welche weder der damals zur Strenge der
Quattrocentisten zurückkehrenden kirchlichen, noch der romantischen
Richtung angehören wollten, dem Gebiete der Historie oder aber
der Darstellung ihrer Mitwelt zu,
so wie ihnen dieselbe erschien, in
ehrlich - wahrheitsgetreuem Wesen.
So entstanden in Wien die ersten
Anfänge zur modernen Historien
malerei, die Genremaler griffen ihre
Stoffe aus dem bürgerlichen und
bäuerlichen Leben, sie mengten sich
unter das Volk und malten dessen
Eigenthümlichkeiten im Hause wie
im öffentlichen Leben in ebenso
typischer als liebenswürdiger Auf
fassung. Und so geschah es, dass
sich mit dieser der ersten Hälfte
unseres Jahrhunderts angehörenden
Kunstepoche, weil sie rein auf localem
Boden wurzelte, eine Kleinkunst ent
wickelte, die nicht blos ihres Gleichen
sucht, sondern als das echteste und
liebenswürdigste Wienerthum be
zeichnet werden muss. Diese Kunst
jener Generation der alten, gemüth-
lichen Kaiserstadt findet daher heute
noch ihre volle Werthschätzung; sie ging aus dem vollen Empfinden
hervor und wird dehalb für alle kommenden Zeiten ihre Geltung
bewahren. Was in jenen Tagen eines stillen, behaglichen poli
tischen Lebens an wahrhaft Bedeutsamem in Wien geschaffen wurde,
lag zumeist auf den Gebieten der Porträt-, Genre- und Landschafts
Johann Peter Krafft, geb.
zu Hanau den 15. September 1780,
erhielt seine erste künstlerische
Bildung an der fürstlich hessischen
Zeichenakademie, die er länger als
10 Jahre frequentirte. Mit Preisen
und einem sehr ehrenvollen Zeug
nisse ausgezeichnet, verliess der
junge Künstler im März 1799 die
dortige Schule, um sich nach Wien
zu wenden.*) Doch war sein Auf
enthalt hier nur von kurzer Dauer,
denn im Frühling 1802 ist er bereits
in Paris, woselbst er, namentlich
durch Louis David die Eindrücke
empfing, die ihn durch sein gesammtes
späteres künstlerisches Wirken be
gleiteten. Aber auch eine reichliche
künstlerische Betätigung fand Krafft in Paris, die ihm durch
Freunde und Gönner ermöglicht wurde. Als ein treuer Anhänger
der französischen Richtung betrat er das zweite Mal Wien, um
nach Italien zu gehen, woselbst er in Rom (1808) meistens die
Bildnisse französischer Generale malte, an welche er von Frank
reich aus empfohlen worden war. Abermals nach Wien zurück
gekehrt, war er ununterbrochen als Porträtmaler thätig, bis er, an-
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geregt durch die Erinnerung an die Werke David’s und seiner
Anhänger, sich entschloss, ein grösseres und zeitgemässes Werk und
zwar aus eigener Initiative zu unternehmen. Es war dies der bereits
oben erwähnte »Abschied des österreichischen Landwehrmannes von
seiner Familie« (bez. und dat. 1813), dessen Pendant »Die Rückkehr
des Landwehrmannes nach dem Befreiungskriege« er sodann im
Jahre 1820 malte. Beide Werke befinden sich dermalen im kunst-
GEBH. PLATZ. St. Magdalena.
*) Unter diesen befand sich auch der Bregenzer Gebhard Platz (1800,
t 1881), welcher sich gleich Overbeck, wenn auch nicht in dem Grade der Ver
geistigung, von den christlichen Ideen in der Kunst durchdrungen fühlte und fast
ausschliesslich nur religiöse Gegenstände malte. Platz, dessen Werke in Oester
reich nur selten angetroffen werden, weil sie, bis auf etliche Kirchenbilder in Tirol,
meistens nach England und Amerika gegangen sind, wurde vielseitig sehr ge
schätzt und genoss ein bedeutendes Ansehen. Für die kaiserliche Galerie
wurde im Jahre 1877 eine »Heilige Magdalena«, gemalt 1876, erworben, welches
Bild, dermalen im kunsthistorischen Hofmuseum aufgestellt, den Künstler jedoch
nicht in seiner vollinhaltlichen Bedeutung vertritt. Aber schon im Jahre 1838, als
Platz noch in Rom war, scheint, nach einem Erlass des Oberstkämmerers
Grafen Czernin vom 29. Jänner d. J., bei dem Künstler ein Bild aus Sr. Majestät
»Privatschatulle« bestellt worden zu sein, worüber aber weiters nichts verlautet.
Einen eingehenden biographischen Bericht über Gebhard Platz brachte die »Neue
Freie Presse« vom 19. Juli 1877, betitelt »Ein Künstlerleben, eine Lebensskizze«,
welcher getreu nach den handschriftlichen Aufzeichnungen des Meisters verfasst war.
*) In die k. k. Akademie der bildenden Künste ist Krafft am 1. Mai 1799
als Schüler cingetreten. Ueber dessen weiteren Verbleib an dieser Kunstschule
weisen die Acten derselben nichts auf.