in
beseelten Körpers gehindert, vermochte er nur mehr mit den grössten
Opfern und mit wahrer Todesverachtung seine Reisen nach Wien und
Oberösterreich von dem nicht sympathischen, durch die amtliche
Stellung seines Schwiegersohnes ihm aufgezwungenen Domicil in
Pisek zu unternehmen. Dennoch liess er sich nicht abhalten, jährlich
jene Lieblingsorte zu besuchen, woselbst er sein Leben lang so
gerne geweilt hatte. Wenige Wochen vor seinem Tode war er
noch einmal in Wien. Der Verfasser besuchte den lieben Greis
täglich, und auch er liess sich eines Tages zu demselben ins Atelier
tragen, um zu sehen, was sein einstiger Schüler arbeite, und um
auch dessen Familie zu begrüssen. Am Tage vor seiner Abreise
fand ich den Altmeister in jener elegischen Stimmung, der er sich
in den letzten Jahren seines Lebens häufig hinzugeben pflegte. Ich
musste ihm von den Ausstellungen und von dem soeben erstehenden
Künstlerhause erzählen, wobei er mitWehmuth der schönen Zeiten
gedachte, wo auch er sich im vollsten Kunstschaffen befand und an
der Spitze der Bewegung stand, während er heute nicht einmal die
nöthige Kraft fühle, die Thaten einer neuen Generation zu betrachten.
Jedoch während sich noch eine Thräne aus seinen so herzlich blinken
den Augen stahl, wurde der Greis wieder heiter und gestand, dass,
obwohl er kaum glaube, je wieder einen Pinsel in die Hand nehmen
zu können, er sich doch Farben gekauft habe, denn, setzte er halb
in Wehmuth, halb im Scherze hinzu, »wenigstens Farben müsse
der Maler haben«.
Er reiste zu den Seinen zurück nach Pisek, um dort bald
darauf jene Reise anzutreten, von der Keiner wiederkehrt.
Ein anderer hochinteressanter Meister, der neue Wege ge
gangen ist, war Thomas Ender, der Zwillingsbruder des Historien-,
Porträt- und kirchlichen Malers Johann Ender.*) Er nahm nicht
die Richtung der holländischen Landschaftsmaler, denen dem Wesen
nach Franz Steinfeld gefolgt ist, sondern er entwickelte sich
an der Hand der Natur eigentlich vollkommen selbstständig. Wenn
vielleicht doch einer auf sein Werden, auf Gestaltung und An
schauung Einfluss genommen hat, so wäre es sicher der vom
Kaiser Franz so sehr begünstigte Landschaftsmaler und nachherige
Galeriedirector Josef Rebell**) gewesen, der als einer jener
früheren Meister zu bezeichnen ist, welcher die stylistische Richtung
mit einer eingehenderen Naturanschauung verband und vornehmlich
auch mit seltenem Geschick die Vedute zu behandeln verstand.
Th omas Ender ist zu Wien am 4. November 1793 geboren.***) Er
*) Siehe pag. 20.
**) Siehe pag. 8.
***) Herr von Wurzbach gibt in seinem Lexikon den Geburtstag des
Künstlers mit dem 4., und den des Zwillingsbruders Johann Ender mit dem
3. November an. Dem widerstreitet Herr Dr. Bodenstein, indem er den 3. No-
<
vember als den richtigen Geburtstag des Thomas Ender bezeichnet.
Als der Verfasser seinerzeit den Katalog der modernen Abtheilung der
kaiserlichen Gemälde-Galerie verfasste, wendete er sich an die Witwe des
k. k. Sectionschefs Freiherrn von Ender, welcher der zweite Sohn des Johann
Ender gewesen ist, mit der Bitte, demselben bezüglich dieser sich widersprechen
den Daten der Herren von Wurzbach und Dr. Bodenstein eventuell Auf
klärung zu verschaffen. Es kam mir darüber die nachfolgende Antwort der liebens
würdigen Dame zu: »Es sei gar nicht ausgeschlossen, anzunehmen, dass Thomas
Endefs Geburt schon auf den 4. November gefallen sein könnte, nachdem
Johann der Erstgeborene der Zwillinge gewesen ist, der allerdings vor Mitter
nacht, also noch am 3. November das Licht der Welt erblickt habe. Nunmehr
schreibt mir auf ergangene Aufforderung der Enkel des Prof. Thomas Ender,
Ingenieur Herr Arthur Ender, dass am Central-Friedhofe am Grabsteine seines
Grossvaters das Datum: geboren den 3. November 1793 eingemeisselt wäre, was
allerdings Dr. Bodenstein’s Ansicht bestärkt.
vor vierzig Jahren«, welches sich in der Galerie der Akademie der
bildenden Künste befindet.
Bis zum letzten Augenblick seines künstlerischen Wirkens
suchte er der Natur treu zu bleiben. Jährlich reiste er, zumeist begleitet
von seinen Schülern,*) in die schönen Berge des Salzkammergutes
oder aber nach seinem lieben Kärnten, um sich dort mit liebevoller
Pietät den Eindrücken der Natur hinzugeben. Dort, in der unver
lebte er gleichsam wieder auf, aus allen Falten
seines kindlichen Gemüthes floss ein beglückender Humor, und mit
wahrhaft rührender Sorgfalt nahm er sich da des Wohles und Ge
deihens seiner Schüler sowohl in Bezug auf ihr künstlerisches,
hüllten Schöpfun
er
als auch ihr physisches Gedeihen an. Oft daher klang uns von
seinen Freunden, wenn wir vom Studienplatz mit dem Alten
heimkehrten, das geflügelte Wort entgegen: »Da kommt die Henne
mit ihren Küchlein,
Steinfeld hielt seine Schüler wie ein guter
Vater seine Söhne, was er im Wesen der Kunst empfand und wusste,
theilte er gerne mit, und nicht selten that er auch seine Börse auf,
um diesem oder jenem unter die Arme zu greifen. Steinfeld war
eben ein Ehrenmann durch und durch und es gewährt dem Ver
fasser nachgerade eine Herzensfreude, auch heute hier an dieser
Stelle abermals den Herzensdank für ihn zum Ausdrucke zu bringen.
*
Herr von Wurzbach, der dem Meister Verdientermassen einen
ausführlichen Artikel in seinem Lexikon widmet, führt eine lange
Reihe seiner Werke an, sowie er auch deren Besitzer nennt. Wir
verweisen sonach in dieser Beziehung, wie schon so oft, auf dieses
patriotische
man darf es wohl sagen —
Werk, das wohl erweitert und fortgesetzt werden sollte.
Die Productivität des Meisters erstreckte sich aber auch auf eine
höchst dankenswerthe
grosse Anzahl von Naturstudien, die von den Wiener Landschaftern der
damaligen Zeit mit einer gewissen Vorliebe gemalt wurden. Steinfeld
ist daher auch viel gereist. Der Ausflüge nach Steiermark, Kärnten u. s. w.
haben wir bereits gedacht, aber er besuchte auch im Jahre 1828 das
lombardisch-venetianische Königreich, im Jahre 1830 Paris, von wo er
durch das Berner Oberland zurückkehrte; 1838 ging er abermals
nach Ober-Italien, bereiste die Schweiz, und im Jahre 1842 machte
er mit Joseph Danhauser eine Fahrt in die Rheingegenden,
nach Belgien und Holland, 1844 nach Norddeutschland und Helgo
land, von letzterer Insel er einige interessante Bilder malte, von
Helgoland von der Düne aus gesehen«,
in der kaiserlichen Galerie war. Jetzt befindet sich das Bild in der
Galerie zu Linz, wohin es im Allerhöchsten Auftrag gelangt ist.
Auch Rom und Neapel sah der Künstler, wiewohl es ihm Italien
als Maler nie angethan hat. Ein nordisches einfaches Motiv oder
eine ansehnliche Gebirgsvedute zog ihn mehr an. Ruysdael war
ihm ein besonders werthes Vorbild, wenn er ihn auch nicht nach
ahmte, wie überhaupt Nachahmung nie seine Sache gewesen ist.
Vater Steinfeld, wie wir ihn zu nennen pflegten, starb
tief betrauert von seinen Freunden und Angehörigen, zu Pisek in
Böhmen am 3. November 1868. Die letzten drei Jahre seines
Lebens waren eine Pein für ihn. Von einem Schlaganfalle in
der freien Bewegung seines noch immer von einem lebhaften Geiste
*) Von seinen uns bekannten Schülern nennen wir folgende Künstler;
Ludwig Fischer, Carl Lafite, Gustav M. Jaeger, Leopold Vöscher, Ludwig
Halauska, Joseph Holzer, Ed. Obermüllner, C. B. Post, Ed. Ritter von
Lichtenfeis, J. Klima, J. Seileny, A. Dorn, Aug. Schaeffer u. s. w.
welchen vormals eines,