Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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trat in die k. k. Akademie der bildenden Künste am 23. April 1806 
ein und blieb daselbst bis inclusive I. Semester 1813/14. Sein 
Lehrer war der noch sehr altmodische Josef Mössmer,*) 
dessen Baumschlag noch stark auf der sogenannten »Dreierl 
manier« fusste. End er ging gleich von allem Anfang an 
einen absolut anderen Weg, der ihn den alten grossen Stylisten 
zugeführt zu haben scheint, namentlich Claude Lorrain dürfte 
in coloristischer Hinsicht nicht ohne Einfluss auf ihn geblieben 
sein. Aber auch an den französischen Landschaftern seiner 
Zeit wird er Manches wahrgenommen haben, woraus er sich 
belehren konnte. 1810 erhielt der junge Künstler den ersten, so 
genannten »kleinen Preis«, und zwar 
komisch Vorkommen mag 
einem Oelgemälde des manierirten Duvivier, dessen Werke, 
sowie dessen ganze Kunst mit Recht der Verschollenheit anheim 
fallen mögen, wenn auch hiebei Geschicklichkeit und Bravour der 
Mache nicht übersehen werden dürfen, worin ja auch zu jener 
Zeit Alles lag.**) 
In demselben Jahre 
unternahm Ender einen 
Ausflug nach dem Schneeberg, für die damalige Zeit immer schon ein 
ansehnliches Reiseunternehmen. Dort mag auch den jungen, für Natur 
eindrücke so sehr empfänglichen Künstler der erste Jammer über 
kommen haben, wenn er bedachte, mit welcher veralteten akademischen 
Anschauung er zur Mutter Natur herantrat, um all die ungesun 
den Elemente, die er bislang im akademischen Stubenunterricht 
in sich aufzunehmen hatte, aus sich wieder herauszuringen und 
abzutödten. Der ewigen Wahrheit ihr Recht zu geben, musste er 
demnach unbedingt vor der Natur neu künstlerisch empfinden 
lernen. 1811 gings weiter nach Salzburg, woselbst er schon wackere 
Veduten zeichnete und malte, während er in den folgenden Jahren 
nach Steiermark und wieder durchs Salzburgische nach Tirol u. s. w. 
wanderte. 
was uns heute fast 
eine Sepiazeichnung nach 
für 
Ender ward bald der bewusste eigenartige Maler, welcher er 
sodann durch ein langes Leben geblieben ist, ohne sich wesentlich 
zu verändern. Seine Studien waren stets sehr strenge und gewissen 
haft; als ein ausserordentlich tüchtiger Zeichner, wie es ja alle Maler 
jener Zeit gewesen sind, kannte er keine Schwierigkeiten, ich 
glaube auch nicht harte 
moralische Kämpfe, denen 
oft die hervorragendsten 
Meister bis zur Betrübniss 
ausgesetzt sind; bei seiner 
Leichtigkeit der Auffassung 
floss ihm sozusagen Alles, 
was er sah, ohne Schwie 
rigkeit aus der Hand. Sein 
scharfer zeichnerischer Blick 
sammelte daher bei den 
complicirtesten landschaft 
lichen Aufgaben sogleich 
das Ganze in wohl erwoge 
ner Haltung und Einheit 
lichkeit der Darstellung. 
Ein Blick auf seine panoramaartigen Aufnahmen von Gebirgszügen, 
ihren weitverzweigten Berggruppen und mannigfachen Thälern mit 
allem Beiwerk an Details zeigt uns diese zeichnerische Herrschaft, 
und damals gab es noch keine photographischen Aufnahmen, mit 
denen sich der Maler heute sehr bequem zu helfen vermag. 
Die im Jahre 1895 im Künstlerhause veranstaltete Ausstellung 
seiner Werke umfasste 592 Nummern, womit aber noch keineswegs 
Alles gebracht ward, was dieser so überaus fleissige, daher wie nur 
selten productive Künstler geschaffen hat. Der Aquarelltechnik war 
er mit ganz besonderer Gewandtheit mächtig. Er übertraf im tech 
nischen Können weitaus Steinfeld, dessen durchaus poetischem 
Gehalte er aber niemals gleichkam. Thomas Ender hatte auch 
nicht blos für Aquarell- und überhaupt Studienmalerei ein seltenes 
Geschick, wovon man in einer Nachlassausstellung des Meisters, 
ebenfalls veranstaltet im Künstlerhause, ganz herrliche Proben sehen 
konnte, sondern er war auch ebenso treffsicher in der Anordnung 
seiner Bilder, in denen sich jederzeit eine vorzügliche Gesammtheit 
bei einer ebenso reichhaltigen als gewissenhaften Detailentwicklung 
präsentirte. Der vorherrschende Charakter seiner Bilder war aber 
allezeit ein vedutenhafter, wenn auch das nicht verhinderte, dass 
* Josef Mössmer kann 
als richtiger Uebergangsmeister 
bezeichnet werden. Epochema 
chend war er nie, sondern ein 
fleissig und gut decorativ malen 
der Landschafter, der eng an 
seine Zeit gebunden blieb und 
weder conservativ war, noch nach 
Neuem ausgriff. Seine Arbeiten 
konnten daher für ihre Zeit recht 
beliebt sein, heute sind sie so 
gut wie vergessen, sie sanken 
hinab in den Orkus, von wo sie 
wohl niemals wiederkehren. 
Mössmer wurde zu Wien 
den 20. März 1780 geboren. Sein 
Vater Johann Mössmer war 
Kupferstecher, weshalb auch der 
Sohn dieses Fach und zwar mit 
Geschick cultivirt hat. Er be 
suchte die Wiener Akademie unter Prof. Brand (daselbst eingeschrieben 1796), 
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THOMAS ENDER. Schloss Gödöllö. 
der den jungen Künstler schätzen lernte und ihn auch bei seinen Freunden 
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keiten einführte. 
Rechberger und anderen in der Kunstwelt geschätzten Persönlich- 
Mit Molitor trat Mössmer, als er später dessen Schüler 
ward, in den innigsten künstlerischen Verkehr, und als ihm der Tod diesen 
seinen unvergesslichen Lehrer und Freund im Jahre 1811 entriss, betrachtete 
er dies als sein härtestes Missgeschick. Für Mössmer war die Bekanntschaft 
Graf Fries’schen Galerievorstehers und späteren Directors 
grossem Werthe, weil er ihn als 
des damaligen 
der Albertina, Carl Rechberger, von 
tüchtiger Fachmann mit der alten Kunst vertraut machte. Als Brand’s Nach 
folger, Prof. Janscha, im Jahre 1808 und 1809 erkrankt war, versah Mössmer 
provisorisch die Schule; 1815 wurde er ordentlicher Professor und 1818 kaiser 
licher Rath. Mössmer hatte zwei Söhne, Raimund und Eduard. Ersterer 
ward 1812 geboren und starb den 10. März 1874 im 66. Lebensjahre. Letzterer 
erblickte im Jahre 1820 das Licht der Welt, starb aber schon 1838. In den 
akademischen Acten erscheint sein Geburtsjahr mit 1813 eingetragen. Beide 
waren Maler und von Eduard Mössmer, der zum grossen Schmerze 
seines Vaters schon in so jungen Jahren das Zeitliche segnete, besitzt die 
kaiserliche Gemälde-Galerie ein Bildniss des 70jährigen F. Gawet, das mit 
»Mössmer 1836« bezeichnet ist, während auf der Rückseite die Aufschrift 
»1836 F. Gawet alt LXX« angebracht ist. Es ist dies ein Vermächtniss des 
Fräuleins Ludovica Saal. 
Am 21. Juni 1842 stellte sich bei Prof. Josef Mössmer ein Schlag- 
anfall ein, doch erholte er sich wieder, so dass er sein Lehramt bis 
zum 21. April 1843, fortführen konnte, von welcher Zeit sich die Anfälle 
wiederholten, bis er am 22. Juni 1845 im 66. Lebensjahre von seinen Leiden 
erlöst ward. 
**) 1817 erhielt der junge Künstler den ersten grossen Preis in der Land 
schaftsmalerei.
	        
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