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trieb, frühzeitig nach Wien. Gelegentlich des Besuches der evan
gelischen Schule, wo der Architekt und ausgezeichnete Land
schaftsmaler Rebell zu jener Zeit als Zeichenlehrer fungirte,
erhielt der junge Loos von demselben die Erlaubniss, seinem Unter
richte unentgeltlich anwohnen zu dürfen. Damit waren vorderhand
für den Knaben wohl die heissesten Wünsche erfüllt worden, aber
er sollte, vierzehn Jahre alt geworden, zum Handwerk übergehen,
während er doch mit allen Fasern seines Herzens der Kunstausübung
zustrebte. Bei der Mittellosigkeit seiner Eltern musste er daher Sorge
tragen, sich die Mittel zum Kunststudium zu verschaffen. Hiezu half
ihm das eifrige Bestreben, die vorgeschriebenen pädagogischen Curse
durchzumachen, um sodann in den Elementargegenständen Unter
richt ertheilen zu können. Sonach gelangte er auch mit der Zeit
dazu, an der evangelischen Schule als Gehilfe mit einem Gehalte
von 300 Gulden angestellt zu werden, und damit deckte der an
gehende Künstler seine bescheidenen Bedürfnisse hinlänglich, während
er sich in den freien Stunden mit vollem Eifer dem Studium seiner
geliebten Kunst hinzugeben vermochte. Andresen berichtet, dass
Friedrich Loos am 2. November 1816 als ordentlicher Schüler
in die Zeichnenschule der Akademie der bildenden Künste ein
getreten sei; dem entgegen stellen sich aber die Daten aus den
Acten der Akademie, welche den Friedrich Loos aus Grätz, ge
boren 1797, im Jahre 1813 eintreten und ihn bis Ende des Jahres
1824 Schüler sein lassen. Im Herbste 1817 durfte er auf Staats
kosten unter der Leitung des Prof. J o s e f Mössmer einen Studien
aufenthalt auf dem Lande nehmen, und zwar ging es in die Schnee
berggegenden, die ja, besonders damals, noch unverbrauchte malerische
Partien bargen. Wald und Terrain hatten noch überall ihre ursprüng
lichen Reize aufzuweisen und die leidige Cultur hatte noch nicht,
wie heute, so viel der Naturschönheiten vernichtet. Ueber den Eifer,
welchen der junge Künstler bei diesen seinen ersten Naturstudien
dargelegt haben mochte, ist nicht nothwendig zu sprechen, war
dieser doch selbstverständlich, aber dass er nun auch bestrebt sein
musste, die Studien zu Bildern zu verwerthen, das mochte ihm schon
schwerere Sorgen gemacht haben. Denn jeder junge Künstler weiss,
wie schwer es ist, die Frische der Natureindrücke, die in den Studien
wie von selbst kommt, sodann im Bilde festzuhalten. So ein schönes,
steckte, schon Sinn für Naturwahrheit hatte, beweisen seine Bilder
und Radirungen, und so kann man es auch nicht anders als be
greiflich finden, dass der Meister an den frisch empfundenen
Naturstudien des talentirten Kunstnovizen ein ungewöhnliches
Interesse nahm und ihn bewog, die Radirnadel in die Hand zu
nehmen. Friedrich Loos liess sich aber dabei nicht von
Fischer, sondern vielmehr von dem trefflichen J. C h r. Erhard
beeinflussen, dessen lauterer Natursinn durch seine herrlichen Ra
dirungen voll keuscher Wahrheit und edler Empfindung genugsam
bekannt ist. Bald vertraut mit der Technik des Radirens, ging er
rasch mit dem Können aufwärts, und es entstand eine Reihenfolge
tüchtiger Arbeiten, wie das Gebüschstudium, die Kirche am Bache,
der kleine Ruysdael im Belvedere, welch letztere Arbeit sein Lehrer
Mössmer dem damaligen Präsidenten der Akademie Grafen Lam
berg vorlegte, der bekanntlich einer der kunstsinnigsten Aristokraten
gewesen ist, und von dem auch der Hauptstock der akademischen
Gemälde-Galerie, dereigentlichen heutigen Staats-Galerie, herrührt. Der
Graf nahm denn auch sofort lebhaften Antheil an dem Werden des
jungen Künstlers und veranlasste denselben zu weiteren Arbeiten
auf dem so schönen Gebiete der Radirung. Aber die ihm vom Grafen
Lamberg aufgetragenen Arbeiten nach Artois und Sch öd I-
berger wollten dem jungen Künstler nicht so recht behagen, denn
sein junger frischer Geist strebte der Natur zu, und als er seine
Artoisplatte an die eben neu gegründete akademische Kunsthandlung
verkauft hatte, zog er mit dem Erlöse in die österreichischen Alpen,
nach Aussee, Hallstatt, Ischl, Gmunden und Linz, überall studirend
und zeichnend, so dass er, zurückgekehrt nach Wien, frisch an
geregt wieder zur Nadel griff, um den grösseren Artois aus der
Sammlung Lamberg und eine Folge von sechs kleinen Ansichten
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Daneben oblag er, soweit es Unterricht-
aus Mödling zu radiren.
geben und Brotarbeit gestatteten, mit Eifer der Oelmalerei und
legte, um sich ungeschmälert der Kunst widmen zu können, seine
Lehrerstelle nieder. Inzwischen segnete sein Wohlthäter und Rath
geber Graf Lamberg das Zeitliche, was den jungen Künstler für
Doch durch Schödlberger’s Ver
mittlung erlangte Loos im Jahre 1823 beim Grafen Zichy in
Ungarn eine Lehrerstelle, wobei er in den malerischen Karpathen
Aber nicht lange litt es ihn dort, es
seine Zukunft bange machte.
seinen Studien folgen durfte,
trieb ihn wieder nach Wien zurück, woselbst an den Künstler
stimmungsvolles Stück Natur ist ja gleich zu Tode componirt, wie
ein schöner musikalischer Gedanke, der symphonisch nicht richtig
verwerthet erscheint, oder dem zu viel aufgebürdet wird.
wie Claude Lorrain es in
natürlich neuerdings die Nothwendigkeit des Broterwerbes herantrat.
Nach dem ersten in Ungarn gemachten, wenn auch sehr
Loos
nahm die Art zu Componiren an
seinem Liber veritatis gethan hat, welcher Methode auch Schreiber
dieses als Kunstnovize gefolgt ist, wodurch ihm schon frühzeitig
glücklichen Versuch eines grösseren Oelbildes aus den schönen
Gegenden der kleinen Karpathen musste er doch wieder zur Nadel
Soeben in
und endlich auch zur lithographischen Kreide greifen,
der leider nicht mehr in Wien befindlichen Esterhazy-Galerie mit
eine solche Uebung im Zusammenstellen zu einander passender
landschaftlicher Gegenstände zu Theil wurde, dass ihm kein Motiv,
und wäre es auch noch so gewagt gewesen, in compositioneller
Hinsicht Schwierigkeiten zu bereiten im Stande war. Aber wer thut
so was heute noch? Das hat man Gott sei Dank nicht mehr nöthig;
was uns die Photographie gibt, das können wir malen, man com
ponirt keine Natur, und von dem Bilde als solchem hat man ganz
andere Begriffe, als dazumal oder auch noch vor ganz kurzer Zeit
man glaubte haben zu müssen.
Dass der damals so geschätzte Maler und Radirer Josef
Fischer, der, trotzdem er noch in der verzopften Richtung
der Zeichnung eines Bildes von Ruysdael beschäftigt, lernte Loos
den kunstsinnigen Baron von Speck aus Leipzig kennen, der den
Künstler, den er wegen seiner Radirungen schätzte, einlud, mit
ihm nach Leipzig zu kommen, um an einem illustrirten Katalog
seiner reichhaltigen Gemälde-Sammlung mitthätig zu sein. Dieser
Aufforderung kam Loos gerne nach und begab sich sonach für
einige Zeit nach Leipzi
trage bestens nachkam, sondern auch Sorge trug, daselbst in den
freien Stunden seine akademischen Studien im Actzeichnen und in
er nicht nur den ihm gestellten Auf-
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