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historischen Hofmuseum und sind heute wie von jeher eine Zierde der
modernen Abtheilung. Eitelberger von Edelberg, der mit Krafft in
persönlichem Verkehr stand, äusserte sich in seinem im »Deutschen
Kunstblatt« 1857 erschienenen Nekrologe über den am 28. October
desselben Jahres verstorbenen Künstler und über dessen
wehrmann« in nachfolgender charakteristischer Weise:
des Gegenstandes ist bezeichnend für die Richtung und den Verstand
des Künstlers. Krafft war sein ganzes Leben hindurch der Ueber-
zeugung, dass der Historienmalerei nicht aufzuhelfen wäre, wenn
sie nicht Gegenstände aus dem modernen Leben zu ihren Vor
würfen nimmt. Wer so, wie er, Gelegenheit hatte, eine grosse
Anzahl sogenannter historischer Gemälde auftauchen und wieder
vom Schauplatze verschwinden zu sehen, die nichts anderes waren,
als Copien von costümirten Gliedermännern oder bezahlten Modellen,
die in den Ateliers heute mit demselben Geschick für einen Nibelungen
helden stehen, als morgen für einen Apostel oder einen Achilles,
der wird leicht in der Ueberzeugung bestärkt, dass die Phantasie
das nicht ersetzen kann, was der Anschauung bei Vorwürfen
historischer Gemälde aus älteren Stoffen abgeht.«
Von solchen Ueberzeugungen ausgehend, war die Wahl
allerdings die richtigste, welche Krafft mit seinem »Landwehrmann«
zu treffen vermochte, und der ungeheure Erfolg bestätigte es, als
das Bild, in Ermangelung eines passenden Locales, in einer Holzbude
auf der Bastei öffentlich zur Schau gelangte. Die k. k. Akademie
der bildenden Künste ernannte Krafft noch in demselben Jahre
(8. Februar 1813) zu ihrem »Wirklichen Mitgliede«.
Rebell’s im Jahre 1828 ohne vorhergegangenes Einschreiten, und zwar
aus eigener Initiative ernannte, indem er ihn zu sich beschied und dem
Künstler gesagt haben soll: »Ich ernenne Sie zum Galeriedirector, damit
mir nicht die Bureaux Einstreuungen machen.« Sicher ist, dass
Krafft mit dem ganzen Ernste seines Strebens und Wesens seiner ehren
vollen Stellung gerecht wurde und dafür sorgte, »dass die Galerie als
Ganzes einen nachhaltigen, würdigen Eindruck auf den Besucher
mache, und dieser erinnert werde, er befinde sich in einem Hause
des Kaisers.«*)
Der Maler Krafft trat aber als Director der kaiserlichen Galerie
kaum mehr in die Oeffentlichkeit, wenn er auch in seiner Gesinnung
der Kunst treu blieb uud vor Allem für alles Bedeutungsvolle Herz
und Seele bewahrte. So erzählt Eitelberger, dass Krafft in die
lebendigste Begeisterung gerathen konnte, wenn ein Werk kam, das
ihm wahrhaft gefiel. So habe er sich geäussert, als er die grossen
Gemälde von Biefve und Gallait sah, und so habe er vor dem
Bilde von Paul Delaroche »Napoleon in Fontainebleau
Thränen in den Augen ausgerufen:
ihm in seinem Leben noch das Glück begegnen werde, ein so
Gleich Füger, als
die Franzosen Wien eingenommen hatten, gerieth auch Krafft
während seiner Stellung als Director und Schlosshauptmann im
Belvedere in eine kritische Situation. Es war dies im October 1848,
als die Mobilgarde unter General Bern ihr Hauptquartier im kaiser
lichen Schlosse Belvedere aufgeschlagen hatte, wodurch der herrlichen
Sammlung wohl die allergrösste Gefahr gedroht haben mochte.
Krafft starb hochgeehrt und angesehen zu Wien am
28. October 1856. Er konnte die Augen in dem Bewusstsein
schliessen, seine Mission als Mensch und Künstler vollends erfüllt
zu haben; er hatte ein glückliches Greisenalter erreicht und hätte
ihm nicht ein frühzeitiger Tod seinen hochbegabten Sohn, den
Orientalisten und Kunstforscher Albrecht Krafft, in der Blüthe seiner
Jahre entrissen, so würde er wie ein nur selten beglückter Mensch
durch’s Leben gegangen sein.
Zum Schlüsse möchte ich noch bezüglich der künstlerischen
Erscheinung Krafft’s und ihres Verhältnisses zu seiner Zeit einen
Ausspruch Dr. Albert Ilg’s citiren, mit welchem derselbe über diesen
inmitten des Wendepunktes der Vorwärtsbewegung stehenden Meister
sich zutreffend äussert:**) »Man hat gesagt, Krafft sei der Reformator
der in schmacklose Flauheit ausgearteten Füger’schen Manier
gewesen, und es muss zugestanden werden, dass sein Stil an der
Stelle der süssen Zuckerplätzchen, welche jene Kunst dem Almanach-
Publicum servirt hatte, eine kräftigere Speise gereicht habe, man
Land-
Die Wahl
mit
Er hätte nicht gedacht, dass
bedeutendes historisches Gemälde zu sehen.«
Im Jahre 1815 folgten die fast nicht mindere Popularität
Erzherzog Carl in der Schlacht bei Aspern«
geniessenden Bilder
und »Der Sieg bei Leipzig«. Weitere hervorragende Werke des
Künstlers sind: »Die Krönung des Kaisers Franz I. in Ofen« (für
das Fester Nationalmuseum) und die in echt wienerischem Geiste
gemalten enkaustischen Wandgemälde im Mittelsaale der Reichs
kanzlei in der k. k. Hofburg, welche Hauptmomente aus dem Leben
Die Rückkehr des
des Kaisers Franz darstellen. Sie schildern:
Kaisers Franz im Jahre 1809«, »Die Ankunft in Wien im Jahre 1814«
und »Die erste Ausfahrt des Kaisers nach der schweren Krankheit
im Jahre 1826«. Ebenso zu den bedeutsamsten Werken Krafft’s
gehören die jährlich dem Publicum an den betreffenden Gedenk
tagen zugänglich gemachten Bilder im Invalidenhause »Schlacht
von Aspern ec und »Schlacht bei Leipzig«.
Das von Franz Stöber als Kunstvereinsprämie gestochene
»Des Grafen Niclas Zriny Ausfall bei der Vertheidigung der
Festung Szigeth gegen die Türken« (7. September 1566), gemalt 1826,
ist dermalen ebenfalls im kunsthistorischen Hofmuseum aufgestellt.
Bild:
*) Siehe Eitelberger’s Nekrolog. Deutsches Kunstblatt, VIII. Jahrg., pag. 6.
Es dürfte hier auch nicht ohne Interesse sein, zu erinnern, dass Krafft damals schon
darauf bedacht war, die Cartons von Vermayen — nicht »Meytens« wie Eitelberger
im obigen Nekrologe berichtet — darstellend die Hauptmomente aus dem Feld
zuge Kaiser Carl’s V. nach Tunis, zur Aufstellung zu bringen, wobei jedoch seine
Bestrebungen an der Aufbringung eines hiefür passenden Locales scheiterten.
Ebenso dürfte es interessiren, dass Krafft bei der Gründung des Vereines zur
Förderung der bildenden Künste (1830) einflussreich thätig war, welcher Verein
nach vieljährigem Bestände in den ersten Siebzigerjahren sodann unter der
Leitung des damaligen Hofrathes des Obersten Rechnungshofes, jetzt in Pension
gegangenen Präsidenten Excellenz Freiherrn von Wieser, in die Gesellschaft zur
Förderung der graphischen Künste umgewandelt wurde.
**) Siehe das bei A. Holder in Wien 1877 erschienene Buch: »Die historische
Ausstellung der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien«, 1877, P a S- i8 4 u - i8 5*
Krafft hat ausserdem eine lange Reihe von Bildern ge
schaffen, aber weder sein »Ossian« noch sein »Manfred« nach Byron
oder seine Bilder nach antiken Vorwürfen stehen mit den oben
genannten Hauptwerken auf gleicher Höhe, weil denselben, und
zwar nach dem oben citirten Ausspruche des Künstlers selbst, jene
Ueberzeugungstreue fehlen musste, die der Maler nur von demjenigen
gewinnen kann, was er wirklich sieht und nicht an der Hand der
Geschichte und Phantasie erst nachempfinden muss.
Nicht minder die ehrendste Anerkennung wurde dem Wirken
Krafft’s als Galeriedirector, wozu ihn Kaiser Franz nach dem Tode