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Joseph Höger war eine jener echten ideal veranlagten Künstler
naturen, die nichts Aeusserliches, nichts Prunkhaftes an sich haben
dafür aber umsomehr mit tiefem Ernste das Wesen ihrer Kunst
erfassen und auch zumeist einen Weg zu nehmen pflegen, der nicht
nur von der Alltäglichkeit, sondern auch von der herrschenden
Mode absteht. Wie alle die Künstler jener
Tage es gethan, stellte auch Höger das
Zeichnerische gleichwie den Gedanken,
also das Geistige in der Kunst in erste
Linie. »Die Farbe«, meinte er, »kommt
von selbst, was richtig gesehen ist, kann
nicht unrichtig gegeben werden«. Obwohl
der naturalistischen Richtung angehörend,
war er ein Freund von ebenmässigem
Linienzuge und die Massen im Bilde
mussten so vertheilt sein, dass in ihnen
die vollste Harmonie walten sollte. Darum
war er auch ein Feind aller Fffecthascherei;
so milde er selbst in seinem ganzen Wesen
war, so wirkten auch seine Bilder, nirgends
ein greller Ton, wenn er auch gerne von
der Sonne beleuchtete Landschaften malte
und eigentlich nie düsteren, wohl aber
ernsteren Motiven hold war. Höger
liebte vor Allem die Bäume und seine
Behandlung des Laubwerkes war für jede
Gattung eine streng charakterisirte, wobei er sich asketisch von
jeder Manierirtheit fernzuhalten suchte. Er hasste alles Ueberschweng-
liche und deshalb mochte er sich auch, als er mein erstes Bild auf der
Ausstellung sah, das eine von
der untergehenden Sonne dra
stisch beleuchtete Gruppe alter
Eichen darstellte, äussern,
es sei eine tüchtige Arbeit,
aber ich ginge auf die mo
derne Art, den Effect los. Es
verdross mich das Urtheil
wahrlich nicht, denn ich ver
stand es wohl, wovor er mich
warnen wollte, und dafür
konnte ich ihm nur dank
bar sein.
nicht nöthig, sie schufen auch meist ihre Bilder in bescheidenen Dimen
sionen, wie es für die damaligen Wohnräume passte. Das Bildermalen in
grossen Formaten kam erst später in die Mode, und zwar vornehmlich
durch das Beispiel einiger Münchner, Düsseldorfer und belgischer
Maler, deren grosse Leinwänden auch später hier Nachahmung fanden.
Ich glaube, dass Höger’s grösstes
Bild nie über drei Schuh hinausgewachsen
ist. Lange sah ich ein angefangenes Bild
etwa in dieser Grösse im Atelier stehen,
es stellte eine Mühle in Steiermark vor;
ob es je fertig wurde, ist mir nicht bekannt.
Die Oeltechnik übte Höger, wie
sie eben geübt werden soll, sehr sorgfältig.
Er untermalte sein Bild dünn und in
leichten Tönen, dann malte er Stück für
Stück sogleich fertig. Mussten Aenderun-
gen vorgenommen werden, so entfernte
er die unbrauchbare Farbenschichte
sorgfältig, denn mehrere pastose Schich
ten der Oelfarbe mit ihren nothwendigen
Bindemitteln übereinandergelegt, das
wusste der Meister wohl, konnten von
keiner Dauer sein. »Denn«, meinte er,
»wenn ein Bild gekauft wird, so darf der
Besitzer keinen Schaden leiden, das Werk
muss sonach seine Schönheit und seinen
Werth behalten«. Als Aquarellmaler war Höger gleichfalls hervor
ragend und besonders beliebt. Seine Aquarelle, grösstentheils nach
der Natur gemalt, fanden vornehmlich ihren Schwerpunkt im Werthe
der Zeichnung, sie waren in
coloristischer Beziehung nicht
so bedeutend, wie dies bei
anderen Malern der Fall zu
sein pflegte, aber durchaus
wahr und tief empfunden,
hatten sie etwas ungemein
Anziehendes und Gefälliges.
Auch hier meisterte er den
Baumschlag in vortrefflicher
Weise, er sparte die Lichter
aus und vermied es mit Vor
liebe mit Weiss zu arbeiten.
Seine Aquarelle haben daher
etwas ungemein Klares und
bisweilen erreichen sie sogar
grosse Kraft und Tiefe, die
zumeist dann entstand, wenn
schon abendliche Töne in
Wirksamkeit zu treten hatten. Die reinliche Art des Wasser
farbenbildes hat er stets strenge eingehalten, demnach eine
Trübung der Töne nie stattfand. Oft benützte er das damals noch
gut erzeugte Tonpapier als Mittelton, namentlich gelb nnd grau,
sowie er bei der Verwendung von weissem Aquarellpapier dasselbe
vorher mit einem leichten, warmen Ockerton überzog, um nicht in
JOSEPH HÖGER. Ahorngruppe (Bleistiftzeichnung).
Den Meister arbeiten
sehen, war für uns junge Leute
selbstverständlich von gröss
tem Interesse. Und wie klein
und bescheiden war sein
Atelier, ein gewöhnliches Zim-
in dem ein paar Kästen, ein Tisch mit einem Kanapee und
eine Staffelei standen. Von einem Prunk und Tand, wie man heute
Ateliers bis zur Lächerlichkeit aufputzt, oder auch von einem grossen
Malerfenster war nichts zu sehen. Das hatten die Maler von damals Alles
JOSEPH HÖGER. Partie von Roveredo mit dem runden Festungsthurme.
mer,
Eckhause der jetzigen Magdalenenstrasse, woselbst auch seinerzeit die berühmte
Localsängerin Marie Geistinger gewohnt hat.