Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Joseph Höger war eine jener echten ideal veranlagten Künstler 
naturen, die nichts Aeusserliches, nichts Prunkhaftes an sich haben 
dafür aber umsomehr mit tiefem Ernste das Wesen ihrer Kunst 
erfassen und auch zumeist einen Weg zu nehmen pflegen, der nicht 
nur von der Alltäglichkeit, sondern auch von der herrschenden 
Mode absteht. Wie alle die Künstler jener 
Tage es gethan, stellte auch Höger das 
Zeichnerische gleichwie den Gedanken, 
also das Geistige in der Kunst in erste 
Linie. »Die Farbe«, meinte er, »kommt 
von selbst, was richtig gesehen ist, kann 
nicht unrichtig gegeben werden«. Obwohl 
der naturalistischen Richtung angehörend, 
war er ein Freund von ebenmässigem 
Linienzuge und die Massen im Bilde 
mussten so vertheilt sein, dass in ihnen 
die vollste Harmonie walten sollte. Darum 
war er auch ein Feind aller Fffecthascherei; 
so milde er selbst in seinem ganzen Wesen 
war, so wirkten auch seine Bilder, nirgends 
ein greller Ton, wenn er auch gerne von 
der Sonne beleuchtete Landschaften malte 
und eigentlich nie düsteren, wohl aber 
ernsteren Motiven hold war. Höger 
liebte vor Allem die Bäume und seine 
Behandlung des Laubwerkes war für jede 
Gattung eine streng charakterisirte, wobei er sich asketisch von 
jeder Manierirtheit fernzuhalten suchte. Er hasste alles Ueberschweng- 
liche und deshalb mochte er sich auch, als er mein erstes Bild auf der 
Ausstellung sah, das eine von 
der untergehenden Sonne dra 
stisch beleuchtete Gruppe alter 
Eichen darstellte, äussern, 
es sei eine tüchtige Arbeit, 
aber ich ginge auf die mo 
derne Art, den Effect los. Es 
verdross mich das Urtheil 
wahrlich nicht, denn ich ver 
stand es wohl, wovor er mich 
warnen wollte, und dafür 
konnte ich ihm nur dank 
bar sein. 
nicht nöthig, sie schufen auch meist ihre Bilder in bescheidenen Dimen 
sionen, wie es für die damaligen Wohnräume passte. Das Bildermalen in 
grossen Formaten kam erst später in die Mode, und zwar vornehmlich 
durch das Beispiel einiger Münchner, Düsseldorfer und belgischer 
Maler, deren grosse Leinwänden auch später hier Nachahmung fanden. 
Ich glaube, dass Höger’s grösstes 
Bild nie über drei Schuh hinausgewachsen 
ist. Lange sah ich ein angefangenes Bild 
etwa in dieser Grösse im Atelier stehen, 
es stellte eine Mühle in Steiermark vor; 
ob es je fertig wurde, ist mir nicht bekannt. 
Die Oeltechnik übte Höger, wie 
sie eben geübt werden soll, sehr sorgfältig. 
Er untermalte sein Bild dünn und in 
leichten Tönen, dann malte er Stück für 
Stück sogleich fertig. Mussten Aenderun- 
gen vorgenommen werden, so entfernte 
er die unbrauchbare Farbenschichte 
sorgfältig, denn mehrere pastose Schich 
ten der Oelfarbe mit ihren nothwendigen 
Bindemitteln übereinandergelegt, das 
wusste der Meister wohl, konnten von 
keiner Dauer sein. »Denn«, meinte er, 
»wenn ein Bild gekauft wird, so darf der 
Besitzer keinen Schaden leiden, das Werk 
muss sonach seine Schönheit und seinen 
Werth behalten«. Als Aquarellmaler war Höger gleichfalls hervor 
ragend und besonders beliebt. Seine Aquarelle, grösstentheils nach 
der Natur gemalt, fanden vornehmlich ihren Schwerpunkt im Werthe 
der Zeichnung, sie waren in 
coloristischer Beziehung nicht 
so bedeutend, wie dies bei 
anderen Malern der Fall zu 
sein pflegte, aber durchaus 
wahr und tief empfunden, 
hatten sie etwas ungemein 
Anziehendes und Gefälliges. 
Auch hier meisterte er den 
Baumschlag in vortrefflicher 
Weise, er sparte die Lichter 
aus und vermied es mit Vor 
liebe mit Weiss zu arbeiten. 
Seine Aquarelle haben daher 
etwas ungemein Klares und 
bisweilen erreichen sie sogar 
grosse Kraft und Tiefe, die 
zumeist dann entstand, wenn 
schon abendliche Töne in 
Wirksamkeit zu treten hatten. Die reinliche Art des Wasser 
farbenbildes hat er stets strenge eingehalten, demnach eine 
Trübung der Töne nie stattfand. Oft benützte er das damals noch 
gut erzeugte Tonpapier als Mittelton, namentlich gelb nnd grau, 
sowie er bei der Verwendung von weissem Aquarellpapier dasselbe 
vorher mit einem leichten, warmen Ockerton überzog, um nicht in 
JOSEPH HÖGER. Ahorngruppe (Bleistiftzeichnung). 
Den Meister arbeiten 
sehen, war für uns junge Leute 
selbstverständlich von gröss 
tem Interesse. Und wie klein 
und bescheiden war sein 
Atelier, ein gewöhnliches Zim- 
in dem ein paar Kästen, ein Tisch mit einem Kanapee und 
eine Staffelei standen. Von einem Prunk und Tand, wie man heute 
Ateliers bis zur Lächerlichkeit aufputzt, oder auch von einem grossen 
Malerfenster war nichts zu sehen. Das hatten die Maler von damals Alles 
JOSEPH HÖGER. Partie von Roveredo mit dem runden Festungsthurme. 
mer, 
Eckhause der jetzigen Magdalenenstrasse, woselbst auch seinerzeit die berühmte 
Localsängerin Marie Geistinger gewohnt hat.
	        
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