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der Alte sagen wollte, es sei sicherer und einträglicher ein Hirt
oder Rosselenker zu werden, als ein Künstler, für welche pessi
mistische Anschauung freilich stets Tausende von Beispielen
sprechen. Denn nichts rächt sich mehr als Talentlosigkeit in der
Kunst.
Pflanze, die auf üppigem Boden gedieh und sensationell in der
Welt auftauchte; das lag auch gar nicht in der etwa von 1815 bis
1850 also etwa durch vier Decennien dauernden Kunstepoche, aber
dafür hatte die innere Vertiefung im Kunstwerk so recht ihr volles
Recht gefunden und dahin also, auf das Gebiet der ehrlichsten
und zugleich edelsten Kunstanschauung im Schaffen, wollen wir
auch unseren ersten »Stimmungsmaler« Ignaz Raffalt stellen.
Seine Bilder muthen uns heute so frisch an, wie je, und
trotzdem wir heute ganz anders denken und fühlen, sprechen sie
zu unserem Herzen, denn sie repräsentiren ein echtes Wienerthum
das sogar in unseren Tagen wenigstens in mancherlei Beziehungen
und trotz der vielfachen Mengung und Einmischung fremdartiger
Geistes- und Gesinnungs-Elemente, nicht ganz erloschen ist. Raf
falt war zwar kein geborener Wiener, aber er ist es mit seiner
Kunst geworden und an seiner Kunst hing sein Herz.
Er ward als der Sohn schlichter Bürgersleute zu Weisskirchen
Als der junge Kunstbeflissene von seinem Lehrherrn, der das
Talent seines jungen Schützlings erkannte, mit einigen Thalern be
schenkt wurde, ausserdem auch einige kleine Ersparnisse aufzu
weisen hatte, fasste er den Entschluss nach Wien zu wandern, um
sich daselbst die zum Maler erforderliche Ausbildung zu verschaffen,
wobei es ihm durch Empfehlungen gelang, in der k. k. Akademie
der bildenden Künste als Schüler Aufnahme zu finden. Aus den
Acten der Anstalt entnehmen wir, dass »Ignaz Raffalt, gebürtig
zu Weisskirchen in Obersteier, 20 Jahre alt, katholisch, Sohn des
Lorenz Raffalt, bürgerlicher Gastwirth in Obersteier, am 14. No
vember 1820 daselbst eingetreten ist und die Akademie bis inclusive
Sommersemester 1825 besucht habe.« Akademische Preise habe
derselbe nicht erhalten, sowie er nicht Mitglied der Akademie ge
worden ist, worüber man sich wohl heute mit Recht befragen
muss, wie dies bei der Bedeutung des Künstlers möglich sein konnte.
Da der Vater den jungen Künstler ohne jegliche Unter
stützung Hess, that es ihm sehr wohl, wenn er bisweilen in der
Herrschaftsküche, in der seine Schwester das Kochen erlernte,
dem knurrenden Magen gerecht werden konnte.
Den Haupttheil seines Unterhaltes verschaffte ihm aber die
%
Ertheilung von Untericht, wobei es auch hie und da kleine künst
lerische Aufträge namentlich an Porträts gab, die ihm zu Brot
verhalfen.
bei Judenburg in Steiermark, und zwar wie uns sein Sohn Joseph
Raffalt im Jahre 1879 schrieb, am 25. Juli 1800 kurz vor Mitter-
Sein Vater Lorenz Raffalt, geboren 1776 zu
nacht geboren.
Klein-Lobming bei Weisskirchen in Steiermark, starb zu Murau im
Alter von 54 Jahren, woselbst er Besitzer des Gasthofes zur
Goldenen Krone« Haus Nr. 100, am sogenannten »oberen Platze
war. Die Mutter des Künstlers war eine geborene Gröbner aus
Weisskirchen in Steiermark, mit welcher Lorenz Raffalt, da sie
Witwe war, einen Sohn, Namens Joseph Sonnhaus (geb. 1798
gest. 1857) erheirathete, welcher Baumeister und Realitätenbesitzer
in Judenburg, sonach das wohlhabendste Mitglied der Familie ge
wesen sein soll.
An sogenannten »rechten Geschwistern« hatte unser Künstler
noch einen Bruder und zwei Schwestern: Marie Raffalt, geboren
1803 gestorben 1872 im 69. Lebensjahre, zu Murau verheirathet,
Juliana Raff alt, geboren 1813, verheirathete Frau Buday in
Wien, und Anton Raffalt, geboren 1811, gestorben im Alter von
36 Jahren, der Wirth in St. Georgen bei Murau gewesen ist.
Ueber die Jugend unseres Meisters erfuhren wir weiters durch
den in Prag als Kaufmann ansässig gewesenen zweiten Sohn Joseph
Raffalt,*) dass er in Lambrecht bei Murau das Gymnasium besucht
habe, wobei er es bis zur Tertia gebracht haben soll, wie wenigstens aus
einem eingesehenen Briefe hervorgeht.**) Da er aber wenig Lust zudem
ernsten Studium der Humaniora bezeugt haben mochte, nahm ihn sein
Vater zurück nach Murau, woselbst er ihn bei dem Kaufmanne Johann
Sackei in die Lehre gab. Hiebei scheint der Jüngling in guter
Verwendung gestanden zu sein, denn dieser gab ihn auf seine
Geschäftsfiliale nach Teufenbach, wo er tüchtig an das Geschäft
liche gehalten wurde. Doch der Trieb zur Kunst Hess ihn nicht
ruhen, er verwendete jede freie Stunde zur Ausübung derselben
und demnach hielt es ihn auch dort nicht lange. Sein Sinnen war
darauf gerichtet, Maler zu werden, wozu er freilich vom Vater wenig
Ermunterung fand, dessen Worte der nachherig so bedeutende
Künstler seinen Kindern oft wiederholt haben soll, und die lauteten:
»Lieber den Geisselstecken in die Hand als wie den Bemsel« womit
«
»
Von Wien scheint der junge Künstler sodann nach Graz ge
kommen zu sein, sowie er nach Wastler auch einen längeren
Aufenthalt in Klagenfurt genommen habe »wo er manches
belobte Porträt ausführte«. In Graz, berichtete uns der bereits ge
nannte Prager Kaufmann Joseph Raffalt, habe sein Vater die Be
kanntschaft mit dem Schauspieler und Komiker Walter gemacht
und die beiden Künstler seien intime Freunde geworden. Ja sie
schlossen sich so eng aneinander, dass wo Walter ein Engagement
fand, Raffalt ihm nachzog. Sie führten auch, wie uns weiter er
zählt ward, eine rein communistische Wirthschaft, hatte der Schau
spieler seine Gage erhalten, so lebten Beide in Freude und Herr
lichkeit. War diese zu Ende, dann trachtete der Maler wieder Geld
zu verdienen. Von Graz wanderte das Dioskurenpaar nach Marburg
und weiter nach Klagenfurt, woselbst die Aufzeichnungen beginnen,
welche der Künstler über seine Arbeiten gemacht hat.*) Aus dem
*) Dieselben beginnen in einem mit Lederrücken gebundenen kleinen
Quer-FolioNotizbuche, auf dessen erstem Blatte vom Meister geschiieben steht.
»Notizen«
»Ueber alle von mir verfertigten Gemälde«
»Ignatz Raffalt.
Historien-Maler aus der Wiener Akademie«.
Diese Aufzeichnungen nehmen mit dem 1. Jänner 1833 in Murau ihren
Anfang und gehen bis zum Jahre 1836, wo der Künstler einen Nachtrag,
und zwar von 1826 bis 1827 einfügt, der sich mit der Ueberschrift »St. Veit
und Klagenfurt von 1827 bis 1832« fortsetzt, während sodann 4 Blätter des Buches
die Verzeichnisse seiner Arbeiten ohne Angabe des Aufenthaltsortes führen
(1837 bis 1838), von wo an, und zwar mit dem Juni 1838 am 1. Blatte »Gratz«
bezeichnet, die Liste seiner Arbeiten gewissenhaftest weitergeführt erscheint.
Auf dem Blatte mit der Jahreszahl »Mit Gott anno 1839« steht links die Notiz
»März nach Wien gegangen mit 8 Gemälden«. Die folgenden Blätter finden wir
*) Seitdem verstorben.
**) Wastler gibt in seinem steirischen Künstler-Lexikon an, dass er in die
IV. Classe der Musterhauptschule nach Graz gekommen sei, wo er unter dem
Zeichenlehrer Hermann schnelle Fortschritte im Zeichnen gemacht habe.