Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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auf die vaterländische Kunstentwicklung genommen, so lässt sich 
im 19. Jahrhundert fast das Gegentheil behaupten, denn statt dass 
Künstler einwanderten, griff namentlich unter den Malern die Aus 
wanderungslust um sich, wozu, wie oben bereits angedeutet wurde, 
theils die Unterrichtsverhält 
nisse, theils der fast gänzliche 
Mangel eines 
sagen 
überhaupt die Ursachen ab- 
gaben. So ergriff auch Eduard 
Jacob Steinle, ein Wiener 
von Geburt, den Wanderstab, 
um im damals sogenannten 
»Reiche« die künstlerische Be- 
thätigung zu finden, zu der er 
in seiner Vaterstadt nicht ge 
langen konnte. Auch er stu- 
dirte anfänglich an der Wiener 
Akademie*) und sah noch in 
Füger sein Ideal. In der 
strammen Zucht Maure r’s 
lernte er tüchtig das sogenannte 
Handwerk in der Kunst, auf 
das heute eigentlich viel zu 
wenig Gewicht gelegt wird. Denn wer in seiner Jugend nicht tüchtig 
gelernt hat, der wird nie mit der nothwendigen Sicherheit denjenigen 
Weg betreten können, der ihm in der Kunst doch erst bei der vollen 
Reife seines Entwicklungsganges vollständig klar zu werden vermag. 
Unter der Leitung Kupelwieser’s 
fand sodann S tei nie schon gewissermassen 
die Vorbereitung zu seinem künftigen Wege; 
denn dieser hatte während seines Aufenthaltes 
in Italien die Fäden der alten Kunst wieder 
aufgenommen und sich von der bisher ge 
pflogenen akademischen Weise gänzlich 
losgesagt. Doch erst in Italien, wohin ihn sein 
Vater, welcher, eingewandert aus Schwaben, 
als geschickter Graveur in Wien einen 
Namen hatte, im Jahre 1828 schickte, trat 
Steinle ganz und gar unter den Einfluss der 
strengen Richtung. In Rom von Overbeck 
und Veith liebevoll aufgenommen, studirte 
nun der junge Künstler in dem Bewusst 
sein, wie viel er noch zu lernen habe, mit 
wahrhaft rastlosem Eifer. 1829 folgte er 
Overbeck nach Assisi, wobei er Umbrien 
und Orvieto kennen lernte. Im Herbste nach 
dafür aber entbehrt ihn noch die Handzeichnungssammlung des 
kunsthistorischen Hofmuseums, woselbst bis jetzt nur zwei Madonnen- 
Die vier Oelgemälde in 
Zeichnungen Aufnahme gefunden haben, 
der Galerie stellen dar: »Die Einwohner von Jerusalem sehen kurz 
vor der Eroberung der Stadt 
durch Antiochus IV. von Syrien 
(Epiphanes) in feurigen Wolken 
die Erscheinung einer Reiter 
schlacht«, »Jacob undRahel«, 
der kaiserlichen Galerie ge 
widmet von Anton Ritter von 
Ölzelt-Newin, »Jehovahschreibt 
dem Moses die zehn Gebote 
auf die steinernen Tafeln«, und 
endlich das unendlich reizvolle 
Bild »Der Gang Mariens über 
das Gebirge«. 
ich möchte 
activen Kunstlebens 
Führich istzuKratzau 
in Böhmen den 9. Februar 1800 
geboren, studirte in Prag und 
Dresden und ging im Jahre 1826 
über Wien nach Italien. Dort 
arbeitete er in Rom mit Over 
beck, Koch, Veith u. A. in 
der Villa Massimi, sodann kehrte er 1829/30 nach Prag zurück. Wie 
bereits oben bemerkt, wurde er 1834 als II. Custos der akademischen 
Gemäldegalerie (gräfl. Lamberg’sche Sammlung) nach Wien berufen, 
1842 zum Professor der Akademie ernannt und 1861 in den öster 
reichischen Ritterstand erhoben, um endlich 
1872 in den Ruhestand zu treten. Er starb 
den 13. März 1876. Die grosse Anerkennung, 
welche ihm von aller Welt, sowohl im In- 
als im Auslande zutheil wurde, der tiefe, 
nachhaltige Eindruck, welcher mit der im 
Februar 1875 veranstalteten Führich-Aus 
stellung erzielt wurde, legen das volle Zeug- 
niss ab von der grossen Bedeutung und Volks 
tümlichkeit dieses österreichischen Meisters. 
Führich hat zwar zahlreiche Schüler ge 
bildet, aber keiner erreichte ihn in seiner 
Sphäre oder ist ihm an Bedeutung nur nahe 
gekommen, woran aber weder er, noch seine 
Schüler die Schuld tragen mochten, sondern 
die Zeit und ihre Forderungen, welche den 
Tendenzen Führich’s in ihrer Uebertragung 
auf ein Epigonenthum nicht entgegen 
gekommen sind. Die Meisten verblichen 
daher gleichsam in stiller, einseitiger Ge- 
legenheitsthätigkeit oder aber sie sahen sich gezwungen, andere 
Pfade zu betreten, als die, welche ihnen von ihrem Meister gewiesen 
werden konnten. 
JOSEF Ritter von FÜHRICH. Jehova gibt Moses die zehn Gebote. 
E. J. v. STEINLE. Selbstporträt, 
Rom zurückgekehrt, zeichnete er einen Carton 
für die Kirche Trinita de’ Monti, woselbst er in einer Capelle zwei 
Fresken auszuführen hatte. 
Der Tod seines Vaters rief ihn jedoch 
inmitten der Arbeit nach Wien zurück, woselbst er die Angelegenheit 
Hatte das Ein wandern von fremden Künstlern namentlich 
im 17., sowie auch im vorigen Jahrhundert, besonders in der Glanz 
periode der österreichischen Barocke, einen sehr wesentlichen Einfluss 
*) Wir sehen Eduard Steinle am 12. April 1823 als Schüler der 
Historienzeichnungsschule aufgenommen und ist derselbe im Wintersemester 
1826/27 noch in den Schülerlisten der Akademie zu finden.
	        
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