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Arbeit dieser Kunstrichtung für die Wallfahrtskirche in Maria Zell,
zu welcher bereits die Skizzen und ein grosser Carton beendet waren,
wegen seines inzwischen eingetretenen Todes nicht mehr zu
Stande kam.*)
Zu denjenigen Malern, welche mehr oder minder den Typus
der älteren Kunstanschauung in ihrem Schaffen zeigten, gehört auch
der im Jahre 1805 zu Wien geborne Historienmaler Josef Binder.
Seine Thätigkeit erstreckte sich auf mehrere Gebiete der Malerei,
wir finden ihn in Wien bei der Altlerchenfelder Kirche als Monu
mentalmaler beschäftigt und ebenso vorher in Frankfurt a. M., wo
er im Römer die Bildnissfigur des deutschen Kaisers Albrecht II.
darzustellen hatte. Nicht minder glücklich wirkte Binder als Porträt
maler, wie endlich in den Darstellungen religiösen und geschichtlichen
Genres, womit er eine gewisse Romantik zu verbinden wusste. Seine
beiden in der kaiserlichen Galerie befindlichen Bilder »Romulus und
Remus werden von dem Hirten Faustulus aufgefunden*, zu welchem
Bilde ihm der damals noch sehr junge,
später berühmte Landschaftsmaler Josef
Seileny die Landschaft gemalt haben
soll, und >Die Bekehrung St. Eustachius«
vertreten Binder charakteristisch. Seine
Studien hatte er an der Akademie in
Wien gemacht, woselbst er am 30. Juni 1819
bis inclusive I. Semester 1826 verweilte.
Sodann begab er sich nach München,
um dort von 1827 bis 1834 seinerweiteren
Kunstausbildung nachzukommen. Bekannt
machte Binder zuerst das sehr populär
gewordene Bild »Die Engelswache«. Von
1850 bis 1852 wirkte er als provisorischer
Professor der Elementar - Zeichenschule
an der Wiener Akademie. Josef Binder
starb zu Wien im Jahre 1864.
Auch Franz Dobiaschofsky,
1818 geboren zu Wien und gestorben
daselbst 1867, ist hier mehr seiner Kunst
anschauung als des Alters wegen, einzureihen. Er geht fast dieselben
Wege wie der soeben besprochene Künstler. Auch er studirte an der
Wiener Akademie, in welche er am 22. Februar 1831 eintrat und bis
Ende des Jahres 1837 blieb. Auf das Talent D ob ias chofsky’s nahmen
vornehmlich Kupelwieser und Führich Einfluss, jedoch bewahrte
er in allen seinen Werken eine eigenartige Subjectivität. Dobia
schofsky war nicht nur auf religiösem Gebiete, sondern auch im
Historien-, Genre- und Porträtfache thätig. Auf dem Gebiete der
Monumentalmalerei bewährte er sich als ein tüchtiger, technisch
sicherer Meister, wovon die Fresken in der Lerchenfelder Kirche und
Die Zeit der naiven Anfänge der Geschichtsmalerei in den
ersten Decennien des Jahrhunderts, wie sie die Bestrebungen von
Carl Russ u. A. darthun, war sonach vorüber und die jener Zeit
entstammenden Bilder unserer Galerie bekunden mehr den Gang
der Kunstgeschichte als sie uns etwa zu erfreuen im Stande sind.
Beispielsweise erwähnt, ein Werk wie das von Anton Petter*) er
scheint uns heute mit seinen Theatercostümen und schemenhaften
Figuren wie ein kindlich Beginnen, dennoch aber müssen wir das
künstlerische Schaffen dieses Malers als ein Mittelglied in der Ent
wicklungskette ehren und würdigen.
Ehe wir nun auf die eingehende Schilderung der oben ge
nannten, eine neue Kunstphase der Historienmalerei hervorrufenden
Meister übergehen, sind wir unseren Lesern noch den Rückblick
auf einige Maler schuldig, die in der Charakteristik ihres künst
lerischen Wirkens vorwiegend noch der vorangegangenen Zeit an
gehören. Da ist vor Allem der Historien- und Bildnissmaler, in
seiner Zeit als Künstler und Lehrer sehr
geschätzte Johann End er, geboren zu
Wien, den 4. November 1793, gestorben
daselbst den 16. März 1854, namhaft zu
machen. Auch er war Schüler der
Wiener Akademie gewesen; er trat in
dieselbe am 23. April 1806 ein und
blieb bis inclusive I. Semester 1817/18.
Im Jahre 1816 erhielt er den Reichekschen
und sodann 1817 den Grossen Preis. Seine
Lehrer waren die Professoren Maurer,
Lampi, Füger und Caucig. Zum Pro
fessor der Akademie wurde Johann
Ender im Jahre 1829 berufen, und
wirkte er als solcher bis zu der durch Graf
Leo Thun durchgeführten Reorganisation
der Akademie. Sein in der Sammlung
der modernen Meister aufgestelltes Ma
donnenbild ist ein charakteristisches, fein
empfundenes Werk dieses unendlich
fleissigen Künstlers, der ebenso als Porträtmaler wie auch als
Zeichner für Almanache und Taschenbücher geschätzt war.
Freskomaler schuf er ein achtunggebietendes Werk in der Fürst
Liechtenstein-Kapelle im St. Stephans-Dome, während eine zweite
Die heilige Jungtrau.
J. N. ENDER.
Als
*) Anton Petter, zu Wien geboren den 12. April 1782, gestorben da
selbst am 14. Mai 1858, genoss seine Ausbildung an der Akademie der bildenden
Künste in Wien, woselbst er nacheinander sechs Preise gewann Er war auch
der Erste, welcher den grossen Reichel’schen Preis erhielt, der nunmehr seit
einer Reihe von Jahren auf den Jahresausstellungen der Wiener Künstlergenossen
schaft durch das Professoren-Collegium der Akademie zur Vertheilung gelangt.
Anton Petter, von dessen künstlerischem Walten wir heute, — wie es fast allen
Uebergangsmeistern zu ergehen pflegt, — nicht die gleiche hohe Meinung, wie seine
Zeitgenossen hegen, war Professor und Director der kaiserl. Akademie der bilden
den Künste und genoss als Künstler das grösste Ansehen. Die kaiserliche Galerie
besitzt von ihm zwei grosse Historienbilder. Das 1822 mit lebensgrossen Figuren
gemalte Bild, welches darstellt: »Maximilian I. Gattin bringt demselben bei seinem
Triumphzuge in Gent den während seiner Abwesenheit gebornen Prinzen Philipp
entgegen,« ist im Galeriedepot aufbewahrt und harrt seiner eventuellen Ver
wendung in irgend einem kaiserlichen Appartement, das zweite 1826 gemalte ist
im kunsthistorischen Hofmuseum der Sammlung moderner Meister aufgestellt
und hat zum Vorwurf »Die Ueberführung der Leiche des in der Schlacht auf dem
Marchfelde (26. August 1278) gefallenen böhmischen Königs Przemysl Ottokar
nach Wien.«
*) Johann Ender hatte zwei Söhne, deren einer, Eduard Ender, ein
sehr tüchtiger Genremaler war, der sich vornehmlich in Paris mit einem anderen
österreichischen Künstler Carl Herbsthofer (gest. zu Waidhofen d. 1.Juni 1876)
ausgebildet hatte. Die kaiserliche Galerie besitzt von diesen beiden öster
reichischen Malern kein Werk, obwohl der erstere durch eine Reihe von Jahren
in Wien lebte und auf allen Ausstellungen daselbst vertreten war. Eduard
Ender musste eines Tages, misslicher Lebensverhältnisse wegen, Wien verlassen,
und beschloss im Jahre 1884 seine Tage in London, wo er hauptsächlich im
Dienste der Königin von England, namentlich mit der Anfertigung von Copien,
beschäftigt gewesen ist.