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in der Oberpfalz gefangen gehaltenen Friedrich den Schönen besucht
und ihm die Mitregentschaft anträgt.
Man sagt Sc hui z’s Talent bei aller ihm mit Recht gezollten
Anerkennung nach, dass es in eine unbestimmte Geschmacksrichtung
gedrängt worden sei und sich durch das so oft wechselnde
Stoffgebiet seiner künstlerischen Thätigkeit keine einheitliche Er
scheinung dargelegt habe. Betrachtet man seine Werke in ihrer
Gesammtheit, so zeigen sie durchaus tüchtige, technische Qualitäten,
aber ein so recht subjectiver, einheitlicher
Charakter tritt nie voll heraus. Es ist
wohl jederzeit die starke Individualität,
die einen Künstler gross und bedeutsam
erscheinen lässt und diese prägt sodann
auch jeder seiner Kunstschöpfungen den
einheitlichen Charakter und den Stempel
der Ueberzeugungstreue auf. In seinem
Lehramte, das er so lange ausgeübt, war
Schulz wahrhaft pflichttreu zu nennen,
wobei seine Vielseitigkeit für die jungen
Künstler von besonderem Werthe wurde.
Zu denjenigen Künstlern, welche
eigentlich nie machtvoll heraustreten,
denen es aber deshalb durchaus nicht etwa an innerem Leben und
Empfinden fehlt, gehörte der Historien- und kirchliche Maler Carl
Mayer. Sein Wirken als Belehrer der Jugend war namentlich
in der zweiten Hälfte seines Lebens bedeutsamer und erspiesslicher,
als seine künstlerische Thätigkeit, die er im Pflichteifer des Unter
richts schier gänzlich zu vergessen schien.*)' Dennoch muss
* \ 9 s m * 0
Carl Mayer’s künstlerisches Wirken hervorgehoben und anerkannt
werden, wobei namentlich seiner künstlerischen
Mitwirkung bei der Ausmalung der Altlerchen
felderkirche, seiner Betheiligung an dem oben
0.
erwähnten Missale und des mit van der Nüll
vollendeten Widmungsblattes für das Gebetbuch
der Kaiserin Elisabeth zu gedenken ist, wobei der
sonst mehr meditirende als wirklich schaffende
Künstler thatkräftig ins Zeug ging und zeigte, dass
auch in ihm ein energischer Schaffensdrang
wohnte.**) 1 •
und anderen Gemälden, welche zumeist in den Kunstvereinen zur
Ausstellung gelangten. Von ihm rühren auch die Porträte seines
Vaters, des Landschaftsmalers der älteren Wiener Schule Carl
Schubert und seines Freundes Ferdinand Malitsch her, von
welch’ letzterem Künstler hier im weiteren Verlaufe noch die Rede
sein wird.
Auch Leopold Schulz hat man als Historienmaler noch
in die Uebergangs - Epoche zu neuem Weg und Wesen in der
österreichischen Kunst zu stellen. Er
ist 1804*) zu Wien geboren, studirte an
der Wiener Akademie und schloss seine
akademischen Studien in München unter
Cornelius ab. In Italien hielt er sich
in den Jahren 1824 bis 1826 als Stipendist
auf.**) Nach seiner Rückkehr verschaffte
ihm Professor Schnorr von Carolsfeld
beim König Ludwig I. die nöthigen
Empfehlungen, dank denen ihm die Aus
führung von Cartons für den Empfangssaal
in der königlichen Residenz, sowie ein
Cyclus von Compositionen aus Theokrit
im Königsbau übertragen wurde. Diesen
Aufgaben folgte 1838 eine Reihe von Freskogemälden, die Mythe
von Amor und Psyche darstellend, die er in dem Schlosse Rüdigshof
bei Leipzig im Vereine mit seinem. Freunde Moriz von Schwind
ausgeführt hat. Im Jahre 1840 kehrte Leopold Schulz nach Wien
zurück; 1843 wurde er Custos der akademischen, ehemals gräflich
Lamberg’schen Galerie und 1844 Corrector in der Schule der Historien
malerei an der Akademie der bildenden Künste, an welcher er seit
1845 mit dem Titel und Range eines ausser
ordentlichen Professors fortan bis zu seiner im
Jahre 1872 erfolgten Versetzung in den wohl
verdienten Ruhestand wirkte.
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Auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst
können wir Schulz mit zwei Kolossalfresken zu
St. Johann in der Jägerzeile vertreten sehen,
ferner mit zwei Oel- und drei Freskobildern in der
Altlerchenfelder Kirche. Ausserdem befinden sich
von ihm hier in der Peterskirche vier kleinere
Oelgemälde, in der Kirche am Schottenfeld die
Plafondbilder, in der Pfarrkirche in der Rossau
das Altarbild, weiters Gemälde bei den Redemp-
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toristen, zu St. Florian in Linz, zu St. Severin in
Heiligenstadt und in der Redemptoristenkirche zu
Leoben. Hervorragend betheiligt war Schulz auch an dem Missale
romanum, wofür er den Franz Josefs-Orden erhielt. Das von ihm in
der kaiserlichen Gemäldegalerie aufgestellte, 1851 gemalte Historien
bild, stellt Ludwig den Bayer dar, welcher den auf der Burg Trausnitz
L. SCHULZ. Ludwig der Bayer besucht den auf der Burg
Trausnitz in der Überpfalz gefangen gehaltenen Friedrich den
Schönen und trägt ihm die Mitregentschaft an.
*) Professor May er war einer der liebenswürdigsten
Menschen. Er liebte die Jugend und freute sich ihrer Talente.
Er war thatsächlich zum Lehrer berufen und sein stets auf
munterndes Wesen erweckte in dem Kunstjünger die
Begeisterung für das Edle und Schone. Nie verdriesslich,
frei von Ränken und Vorurtheilen, war er allen seinen
Schülern, also auch dem Schreiber dieser Zeilen, ein stets gleich liebevoller
Freund und Rathgeber. Unter ihm, Carl Blaas, Wurzinger und Engerth
wurden seinerzeit die besten Studienköpfe und Acte in der Vorbereitungsscbule
gemalt. Eine Reihe solcher Studien von heute berühmt gewordenen Künstlern ziert
noch das Professorenzimmer der Akademie und diese Studien werden mit Recht
als Kleinodien der Kunstschule aufbewahrt.
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M. KOVACvS. Bildniss des Historienmalers
Carl Mayer.
**) Es dürfte vielleicht zu vernehmen von Interesse sein, wie sich
Carl Ritter von Blaas in seiner 1876 erschienenen, höchst anregend geschrie
benen Autobiographie über Carl Mayer äussert, als er mit ihm um die Mitte
der vierziger Jahre in Rom war: »Carl Mayer war schon damals ein bedeuten
des Talent und vielseitig gebildeter Künstler. Er kannte alle Theorien und
Methoden der Kunst, Hess jeder Richtung ihr Recht, versuchte allerlei Methoden,
blieb aber immer ein Freund der Natur. Er hatte viele Bestellungen für Altar-
*) In den Acten der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien
(Aufnahmslisten), ist sein Cieburtsjahr 1803 angegeben. Schulz trat am 8. Mai
1815 als Schüler ein und blieb bis inclusive Wintersemester des Jahres 1826.
) Constantin von Wurzbach lässt ihn 1830 nach Italien gehen und
zwar gefördert durch eine Empfehlung des Meisters Cornelius und die Muni-
ficenz des St. Florianer Abtes.
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