Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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auch an allen sowohl gesellschaftlichen als öffentlichen künstlerischen 
Bestrebungen mit sicherem Verständniss, wie, beispielsweise erwähnt, 
als Mitglied des Directoriums des Prager Dombauvereines oder als 
Mitglied des Baucomites der Karolinenthaler Kirche. Im Jahre 1864 
wurde Engerth vom Erzherzog Rainer zum Correspondenten des 
österreichischen Museums ernannt, weiters wurde der Künstler mit 
den Entwürfen für ein Denkmal für die am 3. Februar 1864 im 
Schleswig-Holstein’schen Kriege auf dem Königshügel Gefallenen 
der Brigade Gondrecourt betraut, an dessen Ausführung er auch 
wesentlichen Antheil nahm. 1862 erhielt Engerth den ehrenden 
Auftrag, Seine Majestät den Kaiser von Oesterreich nach dem Leben 
zu malen.*) Noch in demselben Jahre malte er den Kaiser zum 
zweiten Male nach dem Leben, und zwar in Marschallsuniform, 
welches gleichfalls wohlgetroffene Bildniss sich in der österreichischen 
Botschaft zu Paris befindet. Zu der nämlichen Zeit erhielt der 
Künstler den höchst ehrenden 
Auftrag, die Kaiserin von Oester- 
reich zu malen, zu welchem 
Zwecke er sich nach Venedig 
zu begeben hatte, wo die hohe 
Frau zu jener Zeit weilte. Im 
Jahre 1863 malte er Allerhöchst- 
dieselbe ein zweites Mal. 
Zwischen 1860 bis 1865 
entstand das 28 Schuh lange 
Bild: »Prinz Eugen übersendet 
die Botschaft des Sieges bei 
Zenta an den Kaiser«, welches 
bedeutsame Werk, ausgestellt 
im kleinen Redoutensaal der 
kaiserlichen Hofburg in Wien, 
die ungetheilte Anerkennung 
fand. Vom Kaiser angekauft, 
ist es dermalen im Schlosse 
. 
zu Ofen aufgestellt. 
Am 1. Februar 1865 erfolgte Engerth’s Berufung als 
Professor an die Wiener Akademie, und in demselben Jahre der 
Auftrag zur Ausschmückung des Kaisersaales und der Kaisertreppe 
im neuen Opernhause zu Wien. Für den Saal wählte sich der 
Künstler Scenen aus Mozarts Oper: »Die Hochzeit des Figaro*, 
während er für die Stiege die bedeutsamsten Momente der »Orpheus 
sage« nahm. Erstere führte der Künstler in Farben, letztere in 
Grisaille-Bildern aus, und zwar beide Cyklen in Fresco.**) Im 
Jahre 1867 vom Kaiser beauftragt, ein historisches Bild der Krönungs 
feierlichkeiten Ihrer Majestäten in Ofen zu malen, wohnte. Engerth 
diesen bei und führte nach Ablauf von vier Jahren dieses ebenso 
umfang- als figurenreiche Bild in einem Atelier des alten Anna- 
gebäudes aus. Auch dieses Bild befindet sich im königlichen Schlosse 
zu Ofen. Mit Ausnahme eines später entstandenen grossen Bildes, 
darstellend den »Tod der Eurydice«, welche reich bewegte Scene er 
begründet. Schon in Rom hatte es bei seiner Ausstellung den be 
deutendsten Erfolg, nach welchem es auch für London erworben 
werden sollte, wobei man ebenso grossen Erfolg und auch neue 
Aufträge versprach. Der Künstler zog es jedoch vor, sein Werk nach 
Wien zu bringen, wozu er sich als kaiserlicher Pensionär verpflichtet 
fühlte. Als Engerth zu Ende des Jahres 1853 aus Italien zurück 
gekehrt war, erfolgte seine Berufung als Director der Akademie nach 
Prag für den aus derselben Stellung nach Wien abgegangenen 
Christian Rüben. In dieselbe Zeit fällt auch der Auftrag, das 
linke Seitenschiff der Altlerchenfelder Kirche zu Wien mit Fresken 
zu schmücken und ausserdem die Compositionen Führich’s im 
Presbyterium dieser Kirche in Fresco auszuführen. Bekanntlich 
enthält das Hauptaltarbild allein mehr als 60 ganze Figuren auf 
Goldgrund, von welchen die grössten 20 Fuss hoch sind, während 
xioch zehn andere figurenreiche Bilder das Presbyterium zieren, 
die ebenfalls durch Engerth 
zur Ausführung gelangten. Das 
nach seinen eigenen Compo 
sitionen geschmückte oben er 
wähnte Seitenschiff der Kirche 
enthält 14 grosse und kleinere 
Bilder. Dass sich bei dieser sechs 
Jahre in Anspruch nehmenden 
Arbeit, für welche der Künstler 
in seiner Stellung als Director 
und Professor der Akademie 
in Prag alljährlich die Ferien 
zeiten benützen musste, auch 
ein ebenso angenehmer als 
herzlicher Verkehr mit Meister 
Führich herausstellte, wird 
um so begreiflicher, als es 
Engerth so wohl verstand, 
den Schöpfungen des Meisters 
nicht nur die volle Eigenart 
ihrer geistigen Erscheinung zu bewahren, sondern sie auch in ihrer 
Schönheit und Würde vollauf zur Geltung zu bringen. Parallel mit 
diesen Monumentalarbeiten ging die Schöpfung einer Reihenfolge 
von Porträten, namentlich aus den böhmischen Adelskreisen, 
darunter das 1856 im Aufträge des Fürsten Carlos Auersperg 
gemalte grosse Bild, welches ähnlich dem Winterhalter’schen 
Kolossalbilde: »Die Kaiserin Eugenie im Kreise ihrer schönsten 
Hofdamen« den ganzen Flor der Damen der böhmischen Aristokratie 
darstellte. Aber nicht allein die Ausübung seiner Kunst war es, 
welcher Engerth neben der ebenso eifrig betriebenen Lehr- und 
organisatorischen Thätigkeit in Prag nachging, er betheiligte sich 
ED. v. ENGERTH. Orpheussage. 
Engerth’s Bild fand, als es in die Oeffentlichkeit kam, stand allerdings diesem 
asketischen Urtheile diametral gegenüber. Nun aber denke man sich, was der 
alte Cornelius heute sagen müsste, wenn er dem Bilde »Dogaressa Foscari« 
von Jose Vi Ile gas oder anderen ähnlichen Leistungen gegenüberstünde! 
Wie weit auseinander gehen überhaupt die heute waltenden Kunstanschauungen 
von denen eines Cornelius, und wer wollte heute wohl entscheiden, welche 
Zeit und welche Kunstrichtung Recht behalten wird? Es wird wohl das alte Wort 
gelten müssen: »Alle Wege führen nach Rom«, womit jede Zeit und somit jede 
Kunstströmung, basirt sie nur auch auf edlen und den richtigen idealen Anschau 
ungen, bisher ihre Berechtigung und somit Erklärung gefunden hat. 
Dieses Bild, welches den Kaiser im Toison-Ordensornate in ganzer Figur 
darstellt, befindet sich im Landtagssaale zu Prag und hat so beifällige Aufnahme 
gefunden, dass es oft wiederholt werden musste. 
Die von dem Künstler hiefür gezeichneten Cartons befinden sich jetzt 
im kunsthistorischen Höfmuseum.
	        
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