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seiner eigenen Composition aus dem oben erwähnten Orpheus-Cyklus
entnahm, hat Herr von Engerth ausser einigen Porträten, darunter
das seines einstigen Lehrers und nachmaligen Kunstgenossen Josef
Ritter von Führich, und einigen kleineren Arbeiten seither nichts
mehr geschaffen. Zieht man seine reiche Thätigkeit als Lehrer und
Vertreter in fast allen der Kunst geweihten Bestrebungen, endlich sein
Wirken als Galeriedirector und vor Allem die Verfassung des grossen
Kataloges der kaiserlichen Gemäldegalerie in Betracht, so darf es
wahrlich nicht Wunder nehmen, wenn er fernerhin nicht mehr die
nöthige Ruhe noch die Zeit fand, als Maler thätig zu sein. Mochte
ihm auch diese gänzliche Entsagung schwer fallen, so fand er doch
die reichliche Entschädigung in dem Bewusstsein, seiner Stellung mit
seiner besten Kraft nachgekommen zu sein. Es gehört demnach
geradezu zur Geschichte dieses Künstlers, hier all’ der Dinge zu
gedenken, bei welchen er sich und allezeit mit Ueberzeugungstreue,
ja Aufopferung nützlich gemacht hat. So wurde er 1865 zur Neu
organisation der k. k. Akademie der bildenden Künste, 1866 als
Beirath in Sachen der Kunst im k. k. Arsenal berufen, in dem
selben Jahre als Vorstand der Künstlergenossenschaft erwählt und
endlich 1867 vom Erzherzog Rainer zum Curator des österreichischen
Museums für Kunst und Industrie ernannt. In demselben Jahre fiel
auf ihn und den Dombaumeister Friedrich Schmidt die Wahl
in die Jury für die Weltausstellung von Paris.*) Beide Künstler
hatten sich hors concours gestellt und wurden für ihre erfolgreiche
Thätigkeit vom Kaiser mit der Verleihung des Comthurkreuzes
des Franz Josef-Ordens ausgezeichnet. In demselben Jahre erfolgte
Engerth’s Ernennung zum Mitgliede der Jury über die Baupläne
für die Hofmuseen in Wien, weiters seine Berufung als Mitglied des
Comites zur Beurtheilung und Feststellung der Beleuchtungsart
dieser Museen, die Ernennung zum Aufsichtsrathe der Kunstgewerbe
schule, und zwar mit Berücksichtigung seiner Verdienste um das
Zustandekommen der Statuten dieser Anstalt. 1868 zum Obmanne des
Ausstellungs-Comites der Allgemeinen deutschen Kunstausstellung,
mit welcher das Künstlerhaus eröffnet wurde, erwählt, wirkte er
hier wie überall mit gewohnter Thatkraft und Umsicht. Vom
25. Mai 186g datirt die Allerhöchste Anerkennung des Kaisers für
seine auf die Durchführung des Opernhausbaues bezüglichen ver
dienstvollen Leistungen, und 1869 wurde der Künstler zum Ehren-
mitgliede der Münchener Künstlergenossenschaft erwählt. Am
ig. April 1871 erfolgte seine Ernennung zum Director der kaiser
lichen Gemäldegalerie im Belvedere, für den am 14. April desselben
Jahres verstorbenen Erasmus Engerth, und am 31. December 1872
erhielt er den Titel und Charakter eines k. k. Regierungsrath es.
Bei den organisatorischen Fähigkeiten Engerth’s lag es nahe,
dass er sich auch bei Gelegenheit der Wiener Weltausstellung (1873)
in hervorragender Weise betheiligen werde. Es erfolgte demnach
auch seine Ernennung zum Mitgliede der kaiserlichen Commission
für die genannte Ausstellung, und zwar am 12. September 1871,
während er zum Juror für die Verleihung der Medaillen auf dieser
Ausstellung im folgenden Jahre ausersehen wurde. In Folge seiner
hiebei entwickelten, höchst verdienstvollen Thätigkeit wurde ihm
von Seiner Majestät dem Kaiser mit Decret vom 30. October 1873
der österreichische Ritterstand verliehen.
1874/75 und 1875/76
wirkte er als Rector der k. k. Akademie der bildenden Künste, und
hier muss auch der bedeutsamen Verdienste gedacht werden, die
sich Herr von Engerth als Mitglied des Baucomitds für die neue,
durch Hansen erbaute Akademie am Schillerplatz, namentlich bei
den vorausgehenden ministeriellen Verhandlungen zur Realisirung
des Unternehmens erworben hat. Seine Thätigkeit und Gewissen
haftigkeit als Lehrer, zuerst in Prag und dann in Wien, sind wohl-
bekannt und gewürdigt durch seine Schüler, die alle, fast ohne
Ausnahme, tüchtige und hervorragende Künstler geworden sind.
Wir nennen nur die heute wohlbekannten Namen: Hamza, Simm,
Hessl, Karger, Charlemont, Rumpler, J. Berger, Mini
gero de u. s. w., um wohl genügend dargelegt zu haben, dass
auch sein Wirken als Lehrer ein fruchtbringendes gewesen.
Zu sehr von seiner Amtstätigkeit als Galeriedirector, nament
lich aber im Hinblick auf die Verfassung seines bereits oben erwähnten
drei Bände umfassenden Kataloges der kaiserlichen Gemäldegalerie
in Anspruch genommen, trat Herr von En ge rth im Jahre 1877 als
.
Professor der Akademie in den bleibenden Ruhestand. Er widmete
sich nun mit ganzer Kraft den Pflichten eines Galeriedirectors, von
dem richtigen Standpunkte ausgehend, dass ein derartiger Ehren-
platz heute keine Sinecure mehr ist, sondern den ganzen Mann
erfordert. Und nun ging es mit der Publication seines beschreibenden
Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldegalerie rasch vorwärts. Im
Jahre 1882 erschien der erste Band desselben, welcher die italienischen,
spanischen und französischen Meister umfasste, zwei Jahre darauf (1884)
publicirte er den zweiten Band, welcher die niederländischen Schulen
beschreibt, und endlich im Jahre 1886 den dritten Band: »Die deutschen
Schulen«, dessen kleinere Buchhälfte die zur Arbeit herangezogenen
Documente registrirt. Es ist wohl hier nicht der Ort, die diversen
Urtheile zu erwägen, welche das umfangreiche und verdienstvolle
Werk Engerth’s erfuhr; die Thatsache steht vor Allem fest, dass
sich mit dem Erscheinen dieses Kataloges Engerth’s eigenes Wort
erfüllt hat, das er in der Vorrede des dritten Bandes ausspricht und
welches dahin lautet: nunmehr dasjenige erreicht zu haben, was
seine Vorgänger im Amte anlässlich ihrer kurzgefassten Kataloge
immer nur versprochen hatten.
Aus Anlass der Uebersiedlung der kaiserlichen Gemäldegalerie
aus dem Schlosse Belvedere in das kunsthistorische Hofmuseum (1891)
wurde Herr von Engerth mit dem Titel und Charakter eines
Hofrathes ausgezeichnet.*) Ein mittlerweile eingetretenes körper
liches Leiden veranlasste jedoch den Künstler, schon im Juli 1892
um seine Pensionirung als Director der kaiserlichen Gemäldegalerie
anzusuchen, welche ihm auch in Anerkennung seiner stets treu
erfüllten Pflichten mit dem Ausdrucke der Allerhöchsten Zufrieden
heit gewährt wurde,
reisen zu gedenken, welche Herr von En ge rth im Laufe der Zeiten
nach Italien, Deutschland, Frankreich, England, Belgien, Holland
und dem Orient, theils zum Zwecke seiner künstlerischen Ausbildung,
Zum Schlüsse haben wir noch der Studien-
*) Es ist zu bemerken, dass bei dieser im Jahre 1867 in Paris statt
gefundenen Weltausstellung sechs goldene Medaillen auf die österreichischen
Künstler kamen, was wohl auch zum Theil dadurch motivirt ward, dass dieselben
das erste Mal corporativ ausstellten und so in einer wohlgeschlossenen und die
österreichische Kunst vollständig vertretenden Phalanx auftraten.
*) Herr v. Engerth ist, wie bereits oben erwähnt, Comthur des Franz
Josef-Ordens, Commandeur des serbischen Takowa-Ordens, Officier der französischen
Ehrenlegion und des Ordens »Stern von Rumänien«.