Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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seiner eigenen Composition aus dem oben erwähnten Orpheus-Cyklus 
entnahm, hat Herr von Engerth ausser einigen Porträten, darunter 
das seines einstigen Lehrers und nachmaligen Kunstgenossen Josef 
Ritter von Führich, und einigen kleineren Arbeiten seither nichts 
mehr geschaffen. Zieht man seine reiche Thätigkeit als Lehrer und 
Vertreter in fast allen der Kunst geweihten Bestrebungen, endlich sein 
Wirken als Galeriedirector und vor Allem die Verfassung des grossen 
Kataloges der kaiserlichen Gemäldegalerie in Betracht, so darf es 
wahrlich nicht Wunder nehmen, wenn er fernerhin nicht mehr die 
nöthige Ruhe noch die Zeit fand, als Maler thätig zu sein. Mochte 
ihm auch diese gänzliche Entsagung schwer fallen, so fand er doch 
die reichliche Entschädigung in dem Bewusstsein, seiner Stellung mit 
seiner besten Kraft nachgekommen zu sein. Es gehört demnach 
geradezu zur Geschichte dieses Künstlers, hier all’ der Dinge zu 
gedenken, bei welchen er sich und allezeit mit Ueberzeugungstreue, 
ja Aufopferung nützlich gemacht hat. So wurde er 1865 zur Neu 
organisation der k. k. Akademie der bildenden Künste, 1866 als 
Beirath in Sachen der Kunst im k. k. Arsenal berufen, in dem 
selben Jahre als Vorstand der Künstlergenossenschaft erwählt und 
endlich 1867 vom Erzherzog Rainer zum Curator des österreichischen 
Museums für Kunst und Industrie ernannt. In demselben Jahre fiel 
auf ihn und den Dombaumeister Friedrich Schmidt die Wahl 
in die Jury für die Weltausstellung von Paris.*) Beide Künstler 
hatten sich hors concours gestellt und wurden für ihre erfolgreiche 
Thätigkeit vom Kaiser mit der Verleihung des Comthurkreuzes 
des Franz Josef-Ordens ausgezeichnet. In demselben Jahre erfolgte 
Engerth’s Ernennung zum Mitgliede der Jury über die Baupläne 
für die Hofmuseen in Wien, weiters seine Berufung als Mitglied des 
Comites zur Beurtheilung und Feststellung der Beleuchtungsart 
dieser Museen, die Ernennung zum Aufsichtsrathe der Kunstgewerbe 
schule, und zwar mit Berücksichtigung seiner Verdienste um das 
Zustandekommen der Statuten dieser Anstalt. 1868 zum Obmanne des 
Ausstellungs-Comites der Allgemeinen deutschen Kunstausstellung, 
mit welcher das Künstlerhaus eröffnet wurde, erwählt, wirkte er 
hier wie überall mit gewohnter Thatkraft und Umsicht. Vom 
25. Mai 186g datirt die Allerhöchste Anerkennung des Kaisers für 
seine auf die Durchführung des Opernhausbaues bezüglichen ver 
dienstvollen Leistungen, und 1869 wurde der Künstler zum Ehren- 
mitgliede der Münchener Künstlergenossenschaft erwählt. Am 
ig. April 1871 erfolgte seine Ernennung zum Director der kaiser 
lichen Gemäldegalerie im Belvedere, für den am 14. April desselben 
Jahres verstorbenen Erasmus Engerth, und am 31. December 1872 
erhielt er den Titel und Charakter eines k. k. Regierungsrath es. 
Bei den organisatorischen Fähigkeiten Engerth’s lag es nahe, 
dass er sich auch bei Gelegenheit der Wiener Weltausstellung (1873) 
in hervorragender Weise betheiligen werde. Es erfolgte demnach 
auch seine Ernennung zum Mitgliede der kaiserlichen Commission 
für die genannte Ausstellung, und zwar am 12. September 1871, 
während er zum Juror für die Verleihung der Medaillen auf dieser 
Ausstellung im folgenden Jahre ausersehen wurde. In Folge seiner 
hiebei entwickelten, höchst verdienstvollen Thätigkeit wurde ihm 
von Seiner Majestät dem Kaiser mit Decret vom 30. October 1873 
der österreichische Ritterstand verliehen. 
1874/75 und 1875/76 
wirkte er als Rector der k. k. Akademie der bildenden Künste, und 
hier muss auch der bedeutsamen Verdienste gedacht werden, die 
sich Herr von Engerth als Mitglied des Baucomitds für die neue, 
durch Hansen erbaute Akademie am Schillerplatz, namentlich bei 
den vorausgehenden ministeriellen Verhandlungen zur Realisirung 
des Unternehmens erworben hat. Seine Thätigkeit und Gewissen 
haftigkeit als Lehrer, zuerst in Prag und dann in Wien, sind wohl- 
bekannt und gewürdigt durch seine Schüler, die alle, fast ohne 
Ausnahme, tüchtige und hervorragende Künstler geworden sind. 
Wir nennen nur die heute wohlbekannten Namen: Hamza, Simm, 
Hessl, Karger, Charlemont, Rumpler, J. Berger, Mini 
gero de u. s. w., um wohl genügend dargelegt zu haben, dass 
auch sein Wirken als Lehrer ein fruchtbringendes gewesen. 
Zu sehr von seiner Amtstätigkeit als Galeriedirector, nament 
lich aber im Hinblick auf die Verfassung seines bereits oben erwähnten 
drei Bände umfassenden Kataloges der kaiserlichen Gemäldegalerie 
in Anspruch genommen, trat Herr von En ge rth im Jahre 1877 als 
. 
Professor der Akademie in den bleibenden Ruhestand. Er widmete 
sich nun mit ganzer Kraft den Pflichten eines Galeriedirectors, von 
dem richtigen Standpunkte ausgehend, dass ein derartiger Ehren- 
platz heute keine Sinecure mehr ist, sondern den ganzen Mann 
erfordert. Und nun ging es mit der Publication seines beschreibenden 
Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldegalerie rasch vorwärts. Im 
Jahre 1882 erschien der erste Band desselben, welcher die italienischen, 
spanischen und französischen Meister umfasste, zwei Jahre darauf (1884) 
publicirte er den zweiten Band, welcher die niederländischen Schulen 
beschreibt, und endlich im Jahre 1886 den dritten Band: »Die deutschen 
Schulen«, dessen kleinere Buchhälfte die zur Arbeit herangezogenen 
Documente registrirt. Es ist wohl hier nicht der Ort, die diversen 
Urtheile zu erwägen, welche das umfangreiche und verdienstvolle 
Werk Engerth’s erfuhr; die Thatsache steht vor Allem fest, dass 
sich mit dem Erscheinen dieses Kataloges Engerth’s eigenes Wort 
erfüllt hat, das er in der Vorrede des dritten Bandes ausspricht und 
welches dahin lautet: nunmehr dasjenige erreicht zu haben, was 
seine Vorgänger im Amte anlässlich ihrer kurzgefassten Kataloge 
immer nur versprochen hatten. 
Aus Anlass der Uebersiedlung der kaiserlichen Gemäldegalerie 
aus dem Schlosse Belvedere in das kunsthistorische Hofmuseum (1891) 
wurde Herr von Engerth mit dem Titel und Charakter eines 
Hofrathes ausgezeichnet.*) Ein mittlerweile eingetretenes körper 
liches Leiden veranlasste jedoch den Künstler, schon im Juli 1892 
um seine Pensionirung als Director der kaiserlichen Gemäldegalerie 
anzusuchen, welche ihm auch in Anerkennung seiner stets treu 
erfüllten Pflichten mit dem Ausdrucke der Allerhöchsten Zufrieden 
heit gewährt wurde, 
reisen zu gedenken, welche Herr von En ge rth im Laufe der Zeiten 
nach Italien, Deutschland, Frankreich, England, Belgien, Holland 
und dem Orient, theils zum Zwecke seiner künstlerischen Ausbildung, 
Zum Schlüsse haben wir noch der Studien- 
*) Es ist zu bemerken, dass bei dieser im Jahre 1867 in Paris statt 
gefundenen Weltausstellung sechs goldene Medaillen auf die österreichischen 
Künstler kamen, was wohl auch zum Theil dadurch motivirt ward, dass dieselben 
das erste Mal corporativ ausstellten und so in einer wohlgeschlossenen und die 
österreichische Kunst vollständig vertretenden Phalanx auftraten. 
*) Herr v. Engerth ist, wie bereits oben erwähnt, Comthur des Franz 
Josef-Ordens, Commandeur des serbischen Takowa-Ordens, Officier der französischen 
Ehrenlegion und des Ordens »Stern von Rumänien«.
	        
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