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theils zum Zwecke des Studiums fremder Galerien und Gemälde
sammlungen für seinen Katalog unternommen hat.
Nach all’ dem in thunlichster Kürze Angeführten, blickt Eduard
Ritter von Engerth auf ein thatenvolles Leben zurück, das reich
an schönen Erfolgen und Resultaten gewesen. Was immer er begann,
dafür setzte er Fleiss, Energie und Talent ein; dass aber er im
Laufe der Zeiten seine Gegner fand, dass auch ihm nicht Alles
gleich gedankt werden mochte, was er unternommen und voll
führt, das ist eine Erfahrung, die Jeder macht, der viel gethan und
noch mehr gewollt hat. Als Mensch bewahrte Engerth jederzeit
ein charaktervolles Wesen; conciliant und von feinen Umgangs
formen, ist er zugleich stets massvoll im Urtheil gewesen und vor
Allem auch immer bereit, junge strebsame Talente zu fördern und
ihre Wege zu bahnen. Die Ruhe, das Fernstehen und somit
Unberührtbleiben von dem nicht immer anmuthigen, ja bisweilen
sogar hässlichen Getriebe der neben- und gegeneinander strebenden
Menschen möge dem nunmehr betagten Herrn jenes stille Glück
gewähren, dessen er sich verdient gemacht, und noch viele Jahre
soll ihn die schöne Erinnerung an sein hervorragendes Wirken und
Schaffen als Künstler, als treuer Beamter seines Kaisers und als
Förderer der Künste erfreuen, und zwar mit dem schönen und
zugleich tröstlichen Bewusstsein, stets treu und sorglich erfüllter
Pflichten.
Carl Wurzinger, der Sohn eines Hausmeisters in der Anna
gasse der inneren Stadt, ist zu Wien im Jahre 1817 geboren. Er trat
als sehr junger Schüler am 28. Februar 1832 in der Akademie der
bildenden Künste ein und blieb daselbst, wie die Acten dieser Kunst
anstalt darlegen, bis inclusive Wintersemester des Jahres 1842.
1836 erhielt er den ersten Gundelreben und 1841 den ersten Lampi-
Preis für das Modellzeichnen und Malen. Im Jahre 1844 gelangten
bereits Bilder von ihm in die Oeffentlichkeit; für sein grosses, eben
falls im Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses befindliches Bild:
»Josef erzählt seinen Brüdern den Traum«, erhielt er den Kaiser
preis mit dem Stipendium nach Italien, wohin er sich im Jahre 1847
begab. Von weiteren Werken des Künstlers sind bekannt: »Der Tod
des Königs Ottokar von Böhmen in der Schlacht auf dem March
felde«,
Hektor’s Abschied«, »Saul und David«, einige Genrebilder
und eine Anzahl von Porträts, von denen als das vielleicht vor
züglichste das Bildniss seiner Frau bezeichnet werden muss, das er
noch bei Lebzeiten in die Galerie der k. k. Akademie der bildenden
Künste widmete.
Wurzinger lebte ganz zurückgezogen von der Welt und trug
in stiller Ergebenheit, was ihm das Schicksal aufgebürdet hatte.
Seine Hauptfreude fand er im Unterricht der jungen Leute, er wies
seine Schüler an, gewissenhaft die Natur zu studiren und nicht zu
erlahmen, ihre Formen treu und richtig nachzubilden. Er hasste alle
Ueberschwenglichkeit in der Kunst und war demnach ein Gegner
frühreifer Geniesucht; sowie er in seinem ganzen Wesen schlicht
und ehrlich gewesen, so leitete er auch den Unterricht der jungen
Künstler, die deshalb auch mit reinem, klarem Wissen ausgestattet,
ihre weiteren Wege zu finden wussten.
Carl Wurzinger starb nach kurzem Leiden zu Döbling in
Wien, den 16. März 1883. Er war Ritter des Franz Josef-Ordens,
des bayerischen Michaels- und päpstlichen St. Gregor-Ordens, mit
welch’ letzterem er vom Papste für seine künstlerische Mitwirkung
bei dem schon mehrfach erwähnten Missale ausgezeichnet worden ist.
Wie bereits oben bemerkt, warEngertlvs Studiengenosse in
Rom der hochbegabte Historienmaler Carl Wurzinger. Er ging
als Künstler unbeirrt seine Wege und man möchte sagen, dass die
drei Maler Carl Blaas, Eduard Engerth und Carl Wurzinger
als die österreichischen Geschichtsmaler ein richtiges und wahrlich
kein schlechtes Trifolium gebildet haben. Wurzinger trat eigent
lich nur mit einem einzigen Bilde heraus, aber da auch mit einem
Erfolg, wie dieser nur selten einem Künstler zuerkannt wird. Es ist
dies das heute eine Zierde der modernen Schule des kunsthistorischen
Hofmuseums bildende, bereits an anderer Stelle erwähnte grosse
Bild:
Wer Wurzinger kannte, schätzte in ihm nicht nur den
bedeutsamen Künstler, sondern auch den Menschen, denn er war
stets sanft und wahr, liebenswürdig im Umgang, voll Eifer und
Redlichkeit, begeistert für die Kunst, sowie für alles Schöne und
Edle, neidlos und warmen Herzens für seine Mitmenschen, opfer
willig und ergeben seinen Freunden. Einer seiner intimsten Freunde
war der verdienstvolle Sectionschef des Unterrichtsministeriums Carl
woselbst
Ferdinand II. weist die unter der Führung Andreas Thonrädel’s
bis in das Vorgemach des Kaisers andringenden protestantischen
Bürger von Wien mit ihrem Begehren um Unterzeichnung der die
Religionsfreiheit gewährleistenden Acte zurück, nachdem ein un
erwartet aus Krems angelangter Trupp Kürassiere von Dampierre’s
Regimente unter Commando des Arsenalhauptmannes Sainthiller im
Burghofe einrückte« (n.Juni 1619). Wurzinge r malte dieses Bild
als Staatspensionär in Rom, wie erzählt wird, in einem Zeiträume
von sechs Jahren. Es ist leider sein erstes und letztes grosses Werk
geworden. Zu einer zweiten grossartigen That vermochte er sich
nicht mehr emporzuschwingen. Zwar nahm Wurzinger, nachdem
er 1856 als Professor der Akademie nach Wien berufen war, noch
einmal einen Anlauf, und zwar im Aufträge Seiner Majestät des
Kaisers Franz Josef (1868), ein gleich grosses Bild: »Starhemberg
lässt sich verwundet auf die Schanzen der Löwelbastei tragen
malen, aber er kam damit nie zu Ende. Theils nahm ihn sein
Beruf als Lehrer, dem er mit äusserster Gewissenhaftigkeit folgte,
zu sehr in Anspruch, theils aber lähmte seine Energie das Unglück
seiner geliebten Frau, die in ein schweres Leiden verfallen war
s
und welcher er in wahrer Hingebung und Aufopferung all’ die freie
Zeit widmete, welche ihm bei seiner Lehrthätigkeit übrig blieb.
Ritter von Fidler, mit dem er täglich Abends in Döblin
beide Herren wohnten, zusammen war.
Derselben Zeit und Kunstepoche, wie Blaas, Engerth und
Wurzinger, gehört auch Carl Ra hl an, dessen Wesen und
er
künstlerische Ueberzeugungen als Historienmaler auf ganz'anderen
Gebieten lagen. Wer Rah Ts Kunstschaffen und dessen Persönlich
keit betrachtet, muss sofort erkennen, dass sie vollständig in Ueber-
einstimmung waren. Das gewissermassen Gewaltige, Zwingende
seiner Persönlichkeit dringt in allen seinen Werken durch. Gleichwie
bei Gene Hi kommt auch bei ihm nur Grosszügiges
zum Ausdruck. Die Macht des Gedankens
zu
ich möchte
sagen Gigantenhaftes
sollte mit einer gewissen Mächtigkeit der künstlerischen Darstellung
gleichen Schritt halten. Ein idealer, vorwiegend an das Griechen
thum anlehnender Geist, eine Art von Heldenthum durchströmt ihr