Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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theils zum Zwecke des Studiums fremder Galerien und Gemälde 
sammlungen für seinen Katalog unternommen hat. 
Nach all’ dem in thunlichster Kürze Angeführten, blickt Eduard 
Ritter von Engerth auf ein thatenvolles Leben zurück, das reich 
an schönen Erfolgen und Resultaten gewesen. Was immer er begann, 
dafür setzte er Fleiss, Energie und Talent ein; dass aber er im 
Laufe der Zeiten seine Gegner fand, dass auch ihm nicht Alles 
gleich gedankt werden mochte, was er unternommen und voll 
führt, das ist eine Erfahrung, die Jeder macht, der viel gethan und 
noch mehr gewollt hat. Als Mensch bewahrte Engerth jederzeit 
ein charaktervolles Wesen; conciliant und von feinen Umgangs 
formen, ist er zugleich stets massvoll im Urtheil gewesen und vor 
Allem auch immer bereit, junge strebsame Talente zu fördern und 
ihre Wege zu bahnen. Die Ruhe, das Fernstehen und somit 
Unberührtbleiben von dem nicht immer anmuthigen, ja bisweilen 
sogar hässlichen Getriebe der neben- und gegeneinander strebenden 
Menschen möge dem nunmehr betagten Herrn jenes stille Glück 
gewähren, dessen er sich verdient gemacht, und noch viele Jahre 
soll ihn die schöne Erinnerung an sein hervorragendes Wirken und 
Schaffen als Künstler, als treuer Beamter seines Kaisers und als 
Förderer der Künste erfreuen, und zwar mit dem schönen und 
zugleich tröstlichen Bewusstsein, stets treu und sorglich erfüllter 
Pflichten. 
Carl Wurzinger, der Sohn eines Hausmeisters in der Anna 
gasse der inneren Stadt, ist zu Wien im Jahre 1817 geboren. Er trat 
als sehr junger Schüler am 28. Februar 1832 in der Akademie der 
bildenden Künste ein und blieb daselbst, wie die Acten dieser Kunst 
anstalt darlegen, bis inclusive Wintersemester des Jahres 1842. 
1836 erhielt er den ersten Gundelreben und 1841 den ersten Lampi- 
Preis für das Modellzeichnen und Malen. Im Jahre 1844 gelangten 
bereits Bilder von ihm in die Oeffentlichkeit; für sein grosses, eben 
falls im Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses befindliches Bild: 
»Josef erzählt seinen Brüdern den Traum«, erhielt er den Kaiser 
preis mit dem Stipendium nach Italien, wohin er sich im Jahre 1847 
begab. Von weiteren Werken des Künstlers sind bekannt: »Der Tod 
des Königs Ottokar von Böhmen in der Schlacht auf dem March 
felde«, 
Hektor’s Abschied«, »Saul und David«, einige Genrebilder 
und eine Anzahl von Porträts, von denen als das vielleicht vor 
züglichste das Bildniss seiner Frau bezeichnet werden muss, das er 
noch bei Lebzeiten in die Galerie der k. k. Akademie der bildenden 
Künste widmete. 
Wurzinger lebte ganz zurückgezogen von der Welt und trug 
in stiller Ergebenheit, was ihm das Schicksal aufgebürdet hatte. 
Seine Hauptfreude fand er im Unterricht der jungen Leute, er wies 
seine Schüler an, gewissenhaft die Natur zu studiren und nicht zu 
erlahmen, ihre Formen treu und richtig nachzubilden. Er hasste alle 
Ueberschwenglichkeit in der Kunst und war demnach ein Gegner 
frühreifer Geniesucht; sowie er in seinem ganzen Wesen schlicht 
und ehrlich gewesen, so leitete er auch den Unterricht der jungen 
Künstler, die deshalb auch mit reinem, klarem Wissen ausgestattet, 
ihre weiteren Wege zu finden wussten. 
Carl Wurzinger starb nach kurzem Leiden zu Döbling in 
Wien, den 16. März 1883. Er war Ritter des Franz Josef-Ordens, 
des bayerischen Michaels- und päpstlichen St. Gregor-Ordens, mit 
welch’ letzterem er vom Papste für seine künstlerische Mitwirkung 
bei dem schon mehrfach erwähnten Missale ausgezeichnet worden ist. 
Wie bereits oben bemerkt, warEngertlvs Studiengenosse in 
Rom der hochbegabte Historienmaler Carl Wurzinger. Er ging 
als Künstler unbeirrt seine Wege und man möchte sagen, dass die 
drei Maler Carl Blaas, Eduard Engerth und Carl Wurzinger 
als die österreichischen Geschichtsmaler ein richtiges und wahrlich 
kein schlechtes Trifolium gebildet haben. Wurzinger trat eigent 
lich nur mit einem einzigen Bilde heraus, aber da auch mit einem 
Erfolg, wie dieser nur selten einem Künstler zuerkannt wird. Es ist 
dies das heute eine Zierde der modernen Schule des kunsthistorischen 
Hofmuseums bildende, bereits an anderer Stelle erwähnte grosse 
Bild: 
Wer Wurzinger kannte, schätzte in ihm nicht nur den 
bedeutsamen Künstler, sondern auch den Menschen, denn er war 
stets sanft und wahr, liebenswürdig im Umgang, voll Eifer und 
Redlichkeit, begeistert für die Kunst, sowie für alles Schöne und 
Edle, neidlos und warmen Herzens für seine Mitmenschen, opfer 
willig und ergeben seinen Freunden. Einer seiner intimsten Freunde 
war der verdienstvolle Sectionschef des Unterrichtsministeriums Carl 
woselbst 
Ferdinand II. weist die unter der Führung Andreas Thonrädel’s 
bis in das Vorgemach des Kaisers andringenden protestantischen 
Bürger von Wien mit ihrem Begehren um Unterzeichnung der die 
Religionsfreiheit gewährleistenden Acte zurück, nachdem ein un 
erwartet aus Krems angelangter Trupp Kürassiere von Dampierre’s 
Regimente unter Commando des Arsenalhauptmannes Sainthiller im 
Burghofe einrückte« (n.Juni 1619). Wurzinge r malte dieses Bild 
als Staatspensionär in Rom, wie erzählt wird, in einem Zeiträume 
von sechs Jahren. Es ist leider sein erstes und letztes grosses Werk 
geworden. Zu einer zweiten grossartigen That vermochte er sich 
nicht mehr emporzuschwingen. Zwar nahm Wurzinger, nachdem 
er 1856 als Professor der Akademie nach Wien berufen war, noch 
einmal einen Anlauf, und zwar im Aufträge Seiner Majestät des 
Kaisers Franz Josef (1868), ein gleich grosses Bild: »Starhemberg 
lässt sich verwundet auf die Schanzen der Löwelbastei tragen 
malen, aber er kam damit nie zu Ende. Theils nahm ihn sein 
Beruf als Lehrer, dem er mit äusserster Gewissenhaftigkeit folgte, 
zu sehr in Anspruch, theils aber lähmte seine Energie das Unglück 
seiner geliebten Frau, die in ein schweres Leiden verfallen war 
s 
und welcher er in wahrer Hingebung und Aufopferung all’ die freie 
Zeit widmete, welche ihm bei seiner Lehrthätigkeit übrig blieb. 
Ritter von Fidler, mit dem er täglich Abends in Döblin 
beide Herren wohnten, zusammen war. 
Derselben Zeit und Kunstepoche, wie Blaas, Engerth und 
Wurzinger, gehört auch Carl Ra hl an, dessen Wesen und 
er 
künstlerische Ueberzeugungen als Historienmaler auf ganz'anderen 
Gebieten lagen. Wer Rah Ts Kunstschaffen und dessen Persönlich 
keit betrachtet, muss sofort erkennen, dass sie vollständig in Ueber- 
einstimmung waren. Das gewissermassen Gewaltige, Zwingende 
seiner Persönlichkeit dringt in allen seinen Werken durch. Gleichwie 
bei Gene Hi kommt auch bei ihm nur Grosszügiges 
zum Ausdruck. Die Macht des Gedankens 
zu 
ich möchte 
sagen Gigantenhaftes 
sollte mit einer gewissen Mächtigkeit der künstlerischen Darstellung 
gleichen Schritt halten. Ein idealer, vorwiegend an das Griechen 
thum anlehnender Geist, eine Art von Heldenthum durchströmt ihr
	        
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