Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Belehrung der akademischen Jugend ein werthvolles Material, ehe 
die jungen Leute selbst das Glück finden, nach Italien zu kommen, 
um dort die Originale zu studiren. Ohne Nachahmer zu werden, 
verband Kahl seine eigenen Anschauungen mit den bleibenden 
Eindrücken, welche er in Italien von den grössten Meistern in sich 
aufgenommen hatte, daher empfahl er auch seinen Schülern wohl 
das Studium der Alten, nicht aber deren sclavische Nachahmung. 
George Mayer fasst in seinem Buche über Rahl folgende 
Grundsätze zusammen, nach denen er gelehrt haben soll: »Zu 
jeder grossen, figurenreichen Composition ist, wie zu 
einem aufzu fü h ren d e n Gebäude, ein fester, gegliederter 
Er absolvirte die Realschulen und verabsäumte es nicht, dabei 
gründliche Studien in der Geschichte zu machen, sowie er überhaupt 
frühzeitig eine besondere Vorliebe für die Alterthumskunde an den 
Tag legte. Sein Vater hatte ihn zwar für den Kaufmannsstand be- 
stimmt, fand sich jedoch angesichts der künstlerischen Begabung 
des Sohnes bewogen, ihm den Eintritt in die Akademie der bildenden 
Künste zu ermöglichen, nachdem er für die hiezu erforderlichen 
Vorkenntnisse selbst Sorge getragen hatte. 
Nach den Acten der Akademie erfolgte die Aufnahme Carl Rah Ts 
im November 1827. Schon im Jahre 1832 gewann er durch sein grosses 
historisches Bild: »David in der Höhle Adular« den Reichel’schen 
Preis. Nach diesem das so bedeutsame Talent des jungen Künstlers 
bekundenden Werke, malte er nach dem Gedichte Goethe’s: »Der 
Fischer« ein Bild mit lebensgrossen Figuren, sodann das in der 
Piaristenkirche im Be 
zirke Josefstadt befind 
liche Altarbild: »Mariens 
Vermählung«, weiters 
Bilder für Debreczin und 
das Stift Reichenberg, end 
lich das heute im Besitze 
des Allerhöchsten Kaiser 
hauses befindliche Bild: 
»Kriemhilde beiSiegfried’s 
Leiche«, welches, wenn 
gleich von der alten 
Wiener Schule noch sicht 
lich beeinflusste Jugend 
werk den Meister doch 
schon ganz und gar in 
seiner Eigenart des Stils 
wie der malerischen Auf 
fassung zeigt.'“) 
Anlässlich seiner 
Reise durch Deutschland 
trat er in München mit 
Schaller und Schwind in Beziehung, während ihn in Stuttgart 
die Werke Eberhard Wächter’s zur Begeisterung hinrissen. Am 
5. December 1836 kam er endlich nach Rom, wohin es ihn schon 
längst zog, um die grossen Werke der italienischen Meister zu 
studiren, und dahin er gewiss früher gekommen wäre, würde ihm 
nicht durch die Gewinnung des Reich el’schen Preises der Anspruch 
auf den Kaiserpreis, womit die Portsetzung seiner Studien in Rom 
verbunden gewesen wäre, vereitelt worden sein. Wie George Mayer 
erzählt, verbrachte Rahl im Ganzen 18 Jahre in Italien, davon 
entfielen 12 auf Rom und 6 Jahre auf Venedig, Florenz u. s. w. 
Er copirte, zumeist in Farbenskizzen, verschiedene Meisterwerke, 
namentlich Bilder von Paul Veronese, Bonifazio, Paris 
Bordone, Giorgio ne, Tizian, und Tintoretto. Diese Copien 
hat die k. k. Akademie in Wien aufbewahrt und sie bilden zur 
Plan nöthig, wenn das Ganze nicht ein buntes Gewirre 
»Richtige 
von aneinander gereihten Figuren werden soll.« 
Massenvertheilung soll über den einzelnen Bewegungen 
herrschen und Alles 
sich der Hauptsache 
n atu r gemäss unter 
ordnen.« *) 
Es sind dies un- 
läugbar goldene Grund 
sätze, und wenn Rahl 
in gewissen neueren 
Kunstbestrebungen einen 
schalen Realismus sah 
und bekämpfte, indem 
er auf die Formen des 
Stiles, auf Raffael und 
Michelangelo hin wies, 
»deren Schönheitsbegriff 
das Ewige und Wesent 
liche über das Vorüber 
gehende, Zufällige der 
Form stellte«, so stimmt 
das mit dem gesammten 
Wesen des Meisters voll 
inhaltlich überein, der 
bestrebt war, das Schöne mit geistiger Kraft zu verbinden, der 
stets dieser seiner Ueberzeugung folgend, mit energischer Natur 
all’ den Anfeindungen, denen er dafür ausgesetzt war, Widerstand 
leistete und so die Ziele erreichte, die er sich gesteckt hatte. 
Nachdem Rahl aus Italien zurückgekehrt war, hielt er sich 
zwei Jahre in Wien auf, dann aber begann ein Wanderleben, das 
ihn nach Holstein, Kopenhagen, München, Paris u. s. w. führte. Zu 
seinen früheren Werken, demnach zu denen der ersteren Periode 
seines künstlerischen Schaffens, zählt das bereits an anderer Stelle 
erwähnte Bild: »Die Auffindung der Leiche Manfred’s« (1836) und 
»Manfred’s Einzug in Luceria« (1846), beide Bilder ebenfalls im 
Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses, sowie »Die Christen Verfolgung 
in den Katakomben« in der Galerie zu Hamburg und eine Wieder 
holung hievon in der Nationalgalerie zu Berlin. Im Jahre 1850 
*) Und wie weiters George Mayer erzählt, habe er sich zu seinen 
Schülern sehr bezeichnend geäussert, indem er sagte: »Ein nackter Grenadier 
sei noch kein Hector oder Achilles, wenn man ihm auch Helm und Beinschienen 
wonach er mit einem concreten Beispiele correctes Anpassen der 
Form an die Begriffe einer Zeit forderte. 
CARL RAHL. 
Carton zum Mittelbilde des Hauptvorhanges in der Hofoper. 
") Herr von Wurzbach gibt in seinem Lexikon ein sehr ausführliches 
Verzeichniss der Werke Rah Ts und zählt nach den ihm gewordenen Angaben 
im Ganzen über 570 Staffeleibilder auf, ungerechnet die monumentalen Arbeiten, 
Cartons und Fresken, welche durch Rahl zur Ausführung gelangt sind. 
anschnalle«
	        
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