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Belehrung der akademischen Jugend ein werthvolles Material, ehe
die jungen Leute selbst das Glück finden, nach Italien zu kommen,
um dort die Originale zu studiren. Ohne Nachahmer zu werden,
verband Kahl seine eigenen Anschauungen mit den bleibenden
Eindrücken, welche er in Italien von den grössten Meistern in sich
aufgenommen hatte, daher empfahl er auch seinen Schülern wohl
das Studium der Alten, nicht aber deren sclavische Nachahmung.
George Mayer fasst in seinem Buche über Rahl folgende
Grundsätze zusammen, nach denen er gelehrt haben soll: »Zu
jeder grossen, figurenreichen Composition ist, wie zu
einem aufzu fü h ren d e n Gebäude, ein fester, gegliederter
Er absolvirte die Realschulen und verabsäumte es nicht, dabei
gründliche Studien in der Geschichte zu machen, sowie er überhaupt
frühzeitig eine besondere Vorliebe für die Alterthumskunde an den
Tag legte. Sein Vater hatte ihn zwar für den Kaufmannsstand be-
stimmt, fand sich jedoch angesichts der künstlerischen Begabung
des Sohnes bewogen, ihm den Eintritt in die Akademie der bildenden
Künste zu ermöglichen, nachdem er für die hiezu erforderlichen
Vorkenntnisse selbst Sorge getragen hatte.
Nach den Acten der Akademie erfolgte die Aufnahme Carl Rah Ts
im November 1827. Schon im Jahre 1832 gewann er durch sein grosses
historisches Bild: »David in der Höhle Adular« den Reichel’schen
Preis. Nach diesem das so bedeutsame Talent des jungen Künstlers
bekundenden Werke, malte er nach dem Gedichte Goethe’s: »Der
Fischer« ein Bild mit lebensgrossen Figuren, sodann das in der
Piaristenkirche im Be
zirke Josefstadt befind
liche Altarbild: »Mariens
Vermählung«, weiters
Bilder für Debreczin und
das Stift Reichenberg, end
lich das heute im Besitze
des Allerhöchsten Kaiser
hauses befindliche Bild:
»Kriemhilde beiSiegfried’s
Leiche«, welches, wenn
gleich von der alten
Wiener Schule noch sicht
lich beeinflusste Jugend
werk den Meister doch
schon ganz und gar in
seiner Eigenart des Stils
wie der malerischen Auf
fassung zeigt.'“)
Anlässlich seiner
Reise durch Deutschland
trat er in München mit
Schaller und Schwind in Beziehung, während ihn in Stuttgart
die Werke Eberhard Wächter’s zur Begeisterung hinrissen. Am
5. December 1836 kam er endlich nach Rom, wohin es ihn schon
längst zog, um die grossen Werke der italienischen Meister zu
studiren, und dahin er gewiss früher gekommen wäre, würde ihm
nicht durch die Gewinnung des Reich el’schen Preises der Anspruch
auf den Kaiserpreis, womit die Portsetzung seiner Studien in Rom
verbunden gewesen wäre, vereitelt worden sein. Wie George Mayer
erzählt, verbrachte Rahl im Ganzen 18 Jahre in Italien, davon
entfielen 12 auf Rom und 6 Jahre auf Venedig, Florenz u. s. w.
Er copirte, zumeist in Farbenskizzen, verschiedene Meisterwerke,
namentlich Bilder von Paul Veronese, Bonifazio, Paris
Bordone, Giorgio ne, Tizian, und Tintoretto. Diese Copien
hat die k. k. Akademie in Wien aufbewahrt und sie bilden zur
Plan nöthig, wenn das Ganze nicht ein buntes Gewirre
»Richtige
von aneinander gereihten Figuren werden soll.«
Massenvertheilung soll über den einzelnen Bewegungen
herrschen und Alles
sich der Hauptsache
n atu r gemäss unter
ordnen.« *)
Es sind dies un-
läugbar goldene Grund
sätze, und wenn Rahl
in gewissen neueren
Kunstbestrebungen einen
schalen Realismus sah
und bekämpfte, indem
er auf die Formen des
Stiles, auf Raffael und
Michelangelo hin wies,
»deren Schönheitsbegriff
das Ewige und Wesent
liche über das Vorüber
gehende, Zufällige der
Form stellte«, so stimmt
das mit dem gesammten
Wesen des Meisters voll
inhaltlich überein, der
bestrebt war, das Schöne mit geistiger Kraft zu verbinden, der
stets dieser seiner Ueberzeugung folgend, mit energischer Natur
all’ den Anfeindungen, denen er dafür ausgesetzt war, Widerstand
leistete und so die Ziele erreichte, die er sich gesteckt hatte.
Nachdem Rahl aus Italien zurückgekehrt war, hielt er sich
zwei Jahre in Wien auf, dann aber begann ein Wanderleben, das
ihn nach Holstein, Kopenhagen, München, Paris u. s. w. führte. Zu
seinen früheren Werken, demnach zu denen der ersteren Periode
seines künstlerischen Schaffens, zählt das bereits an anderer Stelle
erwähnte Bild: »Die Auffindung der Leiche Manfred’s« (1836) und
»Manfred’s Einzug in Luceria« (1846), beide Bilder ebenfalls im
Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses, sowie »Die Christen Verfolgung
in den Katakomben« in der Galerie zu Hamburg und eine Wieder
holung hievon in der Nationalgalerie zu Berlin. Im Jahre 1850
*) Und wie weiters George Mayer erzählt, habe er sich zu seinen
Schülern sehr bezeichnend geäussert, indem er sagte: »Ein nackter Grenadier
sei noch kein Hector oder Achilles, wenn man ihm auch Helm und Beinschienen
wonach er mit einem concreten Beispiele correctes Anpassen der
Form an die Begriffe einer Zeit forderte.
CARL RAHL.
Carton zum Mittelbilde des Hauptvorhanges in der Hofoper.
") Herr von Wurzbach gibt in seinem Lexikon ein sehr ausführliches
Verzeichniss der Werke Rah Ts und zählt nach den ihm gewordenen Angaben
im Ganzen über 570 Staffeleibilder auf, ungerechnet die monumentalen Arbeiten,
Cartons und Fresken, welche durch Rahl zur Ausführung gelangt sind.
anschnalle«