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wurde er als Professor an die damals reorganisirte Wiener Akademie
berufen, woselbst er 1850/51 mit dem Unterricht in der Elementar-
Zeichnungs- und Modellirschule betraut ward.
Nach seiner bald wieder erfolgten Enthebung gründete Rahl eine
Privatschule, die sofort bedeutenden Zuspruch fand, und in welcher
namentlich die monumentale Malerei ihre Pflege finden sollte, welcher
Kunstrichtung sich auch der Meister in der Folge ganz zuwendete.
So arbeitete er im Jahre 1860 den Entwurf für den Festsaal des
grossherzoglichen Schlosses in Oldenburg aus, welcher jedoch nicht
vollständig zur Ausführung kam. Im Aufträge des Barons Simon Sina
malte Rahl die Bilder an der Fapade und im Vestibüle der von
Hansen neu adaptirten griechischen Kirche »Am alten Fleischmarkt«,
ferner für den Palast des genannten Kunstgönners und speciellen
Schätzers der beiden Künstler vier Bilder aus der griechischen
Heroenzeit und die vier Elemente; auch die Entwürfe für den
Fries an der von Theophilos von
Hansen erbauten Universität in Athen
wurden ihm übertragen. Im Jahre 1861
schmückte Rahl den von demselben
Architekten erbauten »Heinrichshof« mit
den Personificationen der Künste, des
Friedens und der Cultur, weiters die
Innenräume des in der verlängerten
Kärntnerstrasse gleichfalls von Hansen
erbauten Palastes des Herrn von Todesco
mit Darstellungen aus der Parismythe, und
1864 malte er in Fresco im Treppenhause
des Waffenmuseums im k. k. Arsenal die
und künstlerischen Wirkens stehende Meister im Alter von kaum
53 Jahren. Eine tückische, wohl schon seit Jahren sich bekundende,
doch leider nicht rechtzeitig erkannte Krankheit raffte in ihm einen
vaterländischen Künstler hin, der mit in jene Reihe vornehmer Meister
gestellt zu werden verdient, durch welche die österreichische Kunst
unseres Jahrhunderts Ansehen und Bedeutung erlangt hat.*)
Les extremes se touchent« möchte ich ausrufen, indem ich un
mittelbar nach Behandlung RahTs auf einen Meister zu sprechen
komme, der gleichfalls unbedingt zu den hervorragenden Erscheinungen
auf dem Gebiete der Historien-, namentlich aber der kirchlichen
Malerei zählt. Es ist dies Johann Matthias Trenkwald, geboren
zu Prag den 13. März 1824. Er ist der Sohn des zu Kaaden in Böhmen
gebürtigen Johann Trenkwald, der Kaufmann in Prag, später Leiter
der Porzellanfabrik in Klösterle und sodann Verzehrungssteuer-
Commissär in Schrems war. Seine Mutter Louise Trenkwald war eine
»
geborene Ruth aus Wien. Nachdem der
junge Trenkwald die vier Classen des
Altstädter Gymnasiums absolvirt hatte,
studirte er an der Akademie zu Prag, und
zwar unter der Leitung von Christian
Rüben in der Zeit von 1842 bis 1852.
Die k. k. Akademie zu Wien frequentirte
er von 1853 bis 1855. Dass daselbst, wie
Herr von Wurzbach sagt, Carl Rahl
nicht ohne Einfluss auf den sehr begabten
Schüler blieb
, geht aus seinem gesamm-
ten künstlerischen Schaffen nicht hervor.
Trenkwald blieb sogleich in den Bahnen,
in welche er durch den Einfluss seines
Prager Lehrers Rüben und etwa durch
die Vorbilder eines Führich, Steinle,
Overbeck u. A. gelangt war; die letzteren
Meister mögen namentlich auf seine kirch
liche Richtung nicht ohne Bedeutung ge
blieben sein. Seine früh sich darlegende Individualität Hess den
Künstler keinerlei Nachahmungswege betreten; so empfänglich und
feinfühlig sein Talent auch war, so wenig wurde es doch durch
Anderer Werke beeinflusst. Was er bisher geschaffen, entquoll eigener
Anschauung und Ueberzeugung; den strengen Styl, welchen er nament
lich in kirchlichen Aufgaben bewahrte, machte er zugänglich und
anmuthig durch schlichte Form und warme Liebe für durchgeistigte
Schönheit. Im Jahre 1856 trat Trenkwald als kaiserlicher Stipendist
seine Reise nach Italien an, wo er mitFleiss und Hingebung studirend
und schaffend bis in das Jahr 1862 verweilte. Schon im Jahre 1849
hatte er das Oelgemälde »Hussitenschlacht« gemalt, das in den Besitz
des Grafen Defours-Walderode gelangte und im Jahre 1852 als
Vereinsblatt des Kunstvereines für Böhmen reproducirt wurde. In das
Jahr 1852 fällt auch des Künstlers bekannter und vortrefflicher Carton,
darstellend »Tetzel’s Ablasspredigt«, ein W T erk, auf dessen Entstehung
vielleicht die damals in höchstem Ansehen stehenden Bilder eines
Lessing aus der Geschichte der Reformation nicht ohne Einfluss
allegorischen Gestalten. In diese Periode
seines Schaffens gehört auch das in der
Villa Wisgrill zu Gmunden befindliche
Frescogemälde »Das Mädchen aus der
Fremde«. Zwanzig Compositionen, dar
stellend den Argonautenzug, welche Rahl
im Aufträge des kunstsinnigen Grafen Victor Wimpfen im Palais
desselben malen sollte, kamen leider nicht mehr zur Ausführung.
Rahl starb, bevor er diese Arbeit in Angriff nehmen konnte. In
die letzte Zeit des Meisters fällt die Anfertigung der Cartons für die
Wiener Hofoper, die nach seinem Tode von den Schülern ausgeführt
wurden.*)
J. M. TRENKWALD. Bergidylle.
Das stets sich steigernde Ansehen, das Rahl nunmehr in der Kunst
welt genoss, hatte es endlich dahin gebracht, dass er mit Allerhöchster
Entschliessung vom 17. Februar 1863 zum Professor einer Meisterschule
für Malerei an der k. k. Akademie der bildenden Künste ernannt wurde.
Sein Wirken an dieser Kunstanstalt dauerte jedoch nur kurze Zeit,
denn schon am g. Juli 1865 starb der in der Vollkraft seines Lebens
*) Rahl bediente sich häufig bei seinen Arbeiten der Mithilfe seiner begab
teren Schüler, unter welchen namentlich der eminente Zeichner und überhaupt
höchst feinfühlige Künstler Bitterlich der bethätigteste gewesen ist. Leider starb
dieser schon im 39. Lebensjahre (1872), weshalb auch sehr wenige selbstständige
Arbeiten von ihm in die Oeffentlichkeit gelangten. Ein prächtiges Deckenbild
von Bitterlich schmückt den Flur des Hauses Nr. 6 in der Bellariastrasse. Seine
Söhne sind ebenfalls Künstler geworden: Hans Bitterlich, ein Schüler
Zumbusch’s, ist der auf der Jubiläumsausstellung jüngst mit dem Kaiserpreis
ausgezeichnete Bildhauer, und Richard Bitterlich ein sehr talentvoller Porträt-
und Genremaler, der aber noch wenig in die Oeffentlichkeit getreten ist.
*) Rahl war Ritter des Franz Josef-Ordens, des griechischen Erlöserordens,
des grossherzoglich oldenburgischen Hausordens und Hofmaler des Grossherzogs
von Oldenburg.