36
fleissig theilnahm, welche Führich für die jungen Leute zu jener
Zeit veranstaltete. So componirte Mayer schon im Jahre 1854
zehn Zeichnungen nach einer Ballade Tieck’s, die so wohl ge
langen, dass sie ihm ein Stipendium eintrugen. Mit diesen
Compositionen trat er auch erfolgreich in die Oeffentlichkeit. Die
Jahre 1857 und 1858 verbrachte Mayer grösstentheils in Venedig.
Daselbst entstanden das Altarbild »Magdalena salbt die Füsse des
Herrn« nebst mehreren kleineren Arbeiten und Studien. 1861 copirte
er in der königlichen Galerie zu Dresden Raffael’s »Sixtinische
Madonna«, um sodann nach Belgien und Paris zu reisen. 1864
wurde ihm der Reichel’sche Preis zuerkannt, nachdem ihm das Jahr
vorher der Staatsauftrag zu einem Bilde zu theil geworden, welches
sich jetzt in der Gemäldegalerie der k. k. Akademie der bildenden
Künste befindet und »Jerusalem nach dem Tode des Erlösers» dar
stellt. Ein zweites Bild in derselben Kunstsammlung, »Christus und
die Samaritin am Brunnen« wurde aus Staatsmitteln auf der aka
demischen Ausstellung 1864 angekauft. Die Jahre 1865 und 1866
brachte der Künstler in Rom zu, um von da an seinen Aufenthalt
bleibend in Wien zu nehmen. Aus den eigenen Aufzeichnungen des
Künstlers entnehmen wir ferner, dass er ausser vielen Altarbildern
auch den Hausaltar für den Herzog von Württemberg, die Fresken
in der Brigittenau-Kirche und auch mehrere Genrebilder gemalt
hat, von denen er namhaft macht: »Die Brandstätte«, »Die Bauern
commission«, »Die Messprobe«, »Die Rückkehr des Reservisten«.
Ausserdem nennt uns der Künstler noch die Bilder: »Judas Ischariot«,
»Mene Tekel« (ein umfangreiches Gemälde, das er auf der Eröffnungs
ausstellung der neuen Akademie im Jahre 1877 ausgestellt hatte),
»Des Knaben Glückstraum« und eine »Pieta«. Zu einer thatsäch-
der Künstler bei der technischen Durchführung dieser Riesenarbeit
an den Tag gelegt und bewältigt hat. Das Programm zu diesen
Bildern ist bekannt, und die Bilder selbst werden wohl diejenigen
Wiener kennen, die überhaupt Interesse an demjenigen nehmen,
was in unserer Kaiserstadt auf dem Gebiete der Kunst entsteht.*)
Leber den Menschen Ludwig Mayer lässt sich wie über den
Künstler nur Gutes sagen. Charakterfest und warmen Herzens für
alles Gute und Edle, stets bescheiden gegenüber der eigenen
Leistung und voll Anerkennung für die Werke seiner Kunstgenossen,
führt derselbe ein zurückgezogenes Leben, zu dem ihn sein körper
licher Zustand, sowie auch schweres Unglück in der Familie gebracht.
1868 glücklich verheiratet, verlor er seine geliebte Frau schon im
Jahre 1879; hinterliess ihm zwei liebe Kinder, deren Pflege und
Erziehung er sich in wahrhaft väterlicher Aufopferung widmete. Aber
auch mit diesen sollte er nicht glücklich sein; im Jahre 1888 hatte
er seine liebe Tochter zu begraben und sein Sohn ist einem schweren
unheilbaren Leiden verfallen. Und doch geht der Mann aufrecht und
die Kunst versöhnt ihn mit dem masslosen Leid, das ihn unverschuldet
heimgesucht.
*) Aus einer uns vom Künstler übermittelten, seinerzeit in Druck gelegten
eschreibung dieser Frescogemälde an den beiden Stirnseiten des Gemeinderaths
saales entnehmen wir: »In dem Friese an der rechten Stirnseite des Saales ist
Herzog Rudolf IV. dargestellt, wie er die Grundsteinlegung zu dem Dome von
St. Stefan vornimmt; er macht die drei üblichen Hammerschläge, während der
Bischof von Passau den Segen gibt. Im Vordergründe links kniet die Gemahlin
des Herzogs mit einer Hofdame, im Hintergründe steht der Bürgermeister der
Stadt Wien und das bischöfliche Gefolge; rechts steht der Erbauer des Thurmes,
Meister Wenczla von Klosterneuburg, das Modell des Thurmes haltend. Der
Werkmeister an der Winde, der kniende Maurer und der rechts im Vordergründe
sitzende Steinmetz symbolisiren den Bau.«
»Die von Herzog Rudolf IV. gegründete Universität ist fertig gedacht.
Scholaren umgeben den lehrenden Gelehrten, in der Mitte vorne steht der Rector
mit der Stiftungsurkunde.«
»Durch die folgenden zwei Figuren ist die Regelung des Münzwesens
symbolisch angedeutet; die eine Figur schlägt die Münze, während der sitzende
Münzmeister die abgewogenen Münzen in die Truhe wirft.«
»Die unter Rudolf IV. zum erstenmale erfolgte Heranziehung des Adels
und der Geistlichkeit zur Steuerleistung ist durch die Gruppe angedeutet, welcher
der auf das herzogliche Wappen weisende Mauthner angehört. Die feilschenden
Kaufleute, das Rollen von Fässern, die bepackten Fuhrmannswagen, endlich die
im Hintergründe sichtbaren Schiffe deuten auf die Belebung von Handel und
Verkehr. Anschliessend ist Herzog Albrecht IIL mit seinem Kanzler dargestellt
welcher die gegebenen Freibriefe den herandrängenden Bürgern, Gewerbsleuten
und Bauern vorliest. Im Vordergründe sitzt ein Waffenschmied, der dem Herzog
zujubelt und welcher den glücklichen und zufriedenen Handwerkerstand symboli-
sirt. Dass das Herzogthum Oesterreich ein Weinland ist, wurde durch die das
Glas erhebende Figur angedeutet, in welcher der Maler sich selbst dargestellt hat.
An der linken Stirnseite des Saales ist Maria Theresia auf dem Throne sitzend
zur Darstellung gebracht. Vor der Kaiserin sich verneigend steht Kaunitz, eine
Urkunde entgegennehmend. Im Vordergründe bei der Gruppe der Staatsmänner,
welche von dem Fürsten Starhemberg und den Grafen Chotek, Pergen und Mercy
gebildet wird, steht Bartenstein; in der Gruppe der Gelehrten stehen van Swieten,
die Juristen Martini und Sonnenfels, der Botaniker Jacquin, der Numismatiker
Eckhel und der Astronom Hell. Im Hintergründe befindet sich der Maler Meytens.
Seitwärts dieser Gruppe sind die Musiker Haydn, Gluck und Mozart dargestellt.
Links von Maria Theresia steht Kaiser Josef II. in Marschallsuniform ; ihm zur
Seite Cardinal Migazzi, Graf Kolowrat, Graf Bugnoi, der Dichter Metastasio, der
Hofkanzler Kressei von Qualtenberg und der damalige Bürgermeister Hörl. Der
Kaiser wendet sich den vor ihm knienden huldigenden Bauern zu. Porhammer
mit einer Ursulinerin, Waisenkinder führend, ein Kranker mit einer Wärterin
und ein Pfründner schliessen diese Gruppe ab. Im Hintergründe sind die Künstler
Quadal, Zauner und Schmutzer sichtbar.«
»Rechts und links vom Throne, gleichsam den Schutz andeutend, sind die
.
Feldherrn jener Zeit dargestellt, und zwar auf der Seite der Maria Theresia Feld
marschall Daun, Khevenhiller und Fürst Wenzel Liechtenstein, und auf der Seite
des Kaiser Josef II. Loudon und Lascy. Auf der Mittelwand stellte der Künstler
die Allegorien dar: Erziehung und Unterricht, Wissenschaft, Künste, Wohlthätig-
keit, Gesundheit, Industrie, Handel und Wandel.«
s-
liehen monumentalen Arbeit gelangte Mayer erst durch seine Theil-
nahme an der im Jahre 1883 stattgehabten Preisausschreibung für
Skizzen zur malerischen Ausschmückung des Sitzungssaales im neuen
Rathhause Wiens. Er erhielt hiebei unter 13 eingelaufenen Concurrenz-
arbeiten den ersten Preis, wonach nach
9 der Preisausschreibung
dem Verfasser der mit dem ersten Preise ausgezeichneten Skizze
die Ausführung des ganzen Frieses im Gemeinderathssaale unter
der Bedingung zugesichert wurde, dass zwischen ihm und dem
Gemeinderathe ein Uebereinkommen über die Ausführung ermöglicht
werde. Im October d. J. beschloss demnach die Rathhausbau-Com-
mission, das Comite für die innere Ausschmückung des neuen Rath
hauses habe mit dem Künstler des preisgekrönten Entwurfes, Herrn
Ludwig Mayer, in Verhandlungen zu treten, unter welchen Be
dingungen er das Werk auszuführen bereit sei.
27. August 1887 in der Neuen Freien Presse erschienenen Notiz
war bereits die Ausführung des dritten grossen Friesgemäldes so
weit gediehen, dass der Maler den anwesenden Gemeinderäthen
das nahezu vollendete Wandgemälde auf der der Journalistenloge
gegenüberliegenden Galerie zeigen konnte. Der Künstler hatte dem
nach tüchtig zur Arbeit geschaut, und bedenkt man die physischen
Schwierigkeiten, mit welchen Mayer bei der Arbeit zu kämpfen
hatte,*) so muss man die Energie und Ausdauer bewundern, welche
«
Nach einer am
*) Ludwig Mayer erlitt im achten Lebensjahre eine halbseitige Lähmung,
wodurch ihm — wie er selbst sagt — unsagbare Hindernisse und Schwierigkeiten
sowohl bei der Ausübung seiner Kunst als auch in gesellschaftlicher Beziehung
erwuchsen.