Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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fleissig theilnahm, welche Führich für die jungen Leute zu jener 
Zeit veranstaltete. So componirte Mayer schon im Jahre 1854 
zehn Zeichnungen nach einer Ballade Tieck’s, die so wohl ge 
langen, dass sie ihm ein Stipendium eintrugen. Mit diesen 
Compositionen trat er auch erfolgreich in die Oeffentlichkeit. Die 
Jahre 1857 und 1858 verbrachte Mayer grösstentheils in Venedig. 
Daselbst entstanden das Altarbild »Magdalena salbt die Füsse des 
Herrn« nebst mehreren kleineren Arbeiten und Studien. 1861 copirte 
er in der königlichen Galerie zu Dresden Raffael’s »Sixtinische 
Madonna«, um sodann nach Belgien und Paris zu reisen. 1864 
wurde ihm der Reichel’sche Preis zuerkannt, nachdem ihm das Jahr 
vorher der Staatsauftrag zu einem Bilde zu theil geworden, welches 
sich jetzt in der Gemäldegalerie der k. k. Akademie der bildenden 
Künste befindet und »Jerusalem nach dem Tode des Erlösers» dar 
stellt. Ein zweites Bild in derselben Kunstsammlung, »Christus und 
die Samaritin am Brunnen« wurde aus Staatsmitteln auf der aka 
demischen Ausstellung 1864 angekauft. Die Jahre 1865 und 1866 
brachte der Künstler in Rom zu, um von da an seinen Aufenthalt 
bleibend in Wien zu nehmen. Aus den eigenen Aufzeichnungen des 
Künstlers entnehmen wir ferner, dass er ausser vielen Altarbildern 
auch den Hausaltar für den Herzog von Württemberg, die Fresken 
in der Brigittenau-Kirche und auch mehrere Genrebilder gemalt 
hat, von denen er namhaft macht: »Die Brandstätte«, »Die Bauern 
commission«, »Die Messprobe«, »Die Rückkehr des Reservisten«. 
Ausserdem nennt uns der Künstler noch die Bilder: »Judas Ischariot«, 
»Mene Tekel« (ein umfangreiches Gemälde, das er auf der Eröffnungs 
ausstellung der neuen Akademie im Jahre 1877 ausgestellt hatte), 
»Des Knaben Glückstraum« und eine »Pieta«. Zu einer thatsäch- 
der Künstler bei der technischen Durchführung dieser Riesenarbeit 
an den Tag gelegt und bewältigt hat. Das Programm zu diesen 
Bildern ist bekannt, und die Bilder selbst werden wohl diejenigen 
Wiener kennen, die überhaupt Interesse an demjenigen nehmen, 
was in unserer Kaiserstadt auf dem Gebiete der Kunst entsteht.*) 
Leber den Menschen Ludwig Mayer lässt sich wie über den 
Künstler nur Gutes sagen. Charakterfest und warmen Herzens für 
alles Gute und Edle, stets bescheiden gegenüber der eigenen 
Leistung und voll Anerkennung für die Werke seiner Kunstgenossen, 
führt derselbe ein zurückgezogenes Leben, zu dem ihn sein körper 
licher Zustand, sowie auch schweres Unglück in der Familie gebracht. 
1868 glücklich verheiratet, verlor er seine geliebte Frau schon im 
Jahre 1879; hinterliess ihm zwei liebe Kinder, deren Pflege und 
Erziehung er sich in wahrhaft väterlicher Aufopferung widmete. Aber 
auch mit diesen sollte er nicht glücklich sein; im Jahre 1888 hatte 
er seine liebe Tochter zu begraben und sein Sohn ist einem schweren 
unheilbaren Leiden verfallen. Und doch geht der Mann aufrecht und 
die Kunst versöhnt ihn mit dem masslosen Leid, das ihn unverschuldet 
heimgesucht. 
*) Aus einer uns vom Künstler übermittelten, seinerzeit in Druck gelegten 
eschreibung dieser Frescogemälde an den beiden Stirnseiten des Gemeinderaths 
saales entnehmen wir: »In dem Friese an der rechten Stirnseite des Saales ist 
Herzog Rudolf IV. dargestellt, wie er die Grundsteinlegung zu dem Dome von 
St. Stefan vornimmt; er macht die drei üblichen Hammerschläge, während der 
Bischof von Passau den Segen gibt. Im Vordergründe links kniet die Gemahlin 
des Herzogs mit einer Hofdame, im Hintergründe steht der Bürgermeister der 
Stadt Wien und das bischöfliche Gefolge; rechts steht der Erbauer des Thurmes, 
Meister Wenczla von Klosterneuburg, das Modell des Thurmes haltend. Der 
Werkmeister an der Winde, der kniende Maurer und der rechts im Vordergründe 
sitzende Steinmetz symbolisiren den Bau.« 
»Die von Herzog Rudolf IV. gegründete Universität ist fertig gedacht. 
Scholaren umgeben den lehrenden Gelehrten, in der Mitte vorne steht der Rector 
mit der Stiftungsurkunde.« 
»Durch die folgenden zwei Figuren ist die Regelung des Münzwesens 
symbolisch angedeutet; die eine Figur schlägt die Münze, während der sitzende 
Münzmeister die abgewogenen Münzen in die Truhe wirft.« 
»Die unter Rudolf IV. zum erstenmale erfolgte Heranziehung des Adels 
und der Geistlichkeit zur Steuerleistung ist durch die Gruppe angedeutet, welcher 
der auf das herzogliche Wappen weisende Mauthner angehört. Die feilschenden 
Kaufleute, das Rollen von Fässern, die bepackten Fuhrmannswagen, endlich die 
im Hintergründe sichtbaren Schiffe deuten auf die Belebung von Handel und 
Verkehr. Anschliessend ist Herzog Albrecht IIL mit seinem Kanzler dargestellt 
welcher die gegebenen Freibriefe den herandrängenden Bürgern, Gewerbsleuten 
und Bauern vorliest. Im Vordergründe sitzt ein Waffenschmied, der dem Herzog 
zujubelt und welcher den glücklichen und zufriedenen Handwerkerstand symboli- 
sirt. Dass das Herzogthum Oesterreich ein Weinland ist, wurde durch die das 
Glas erhebende Figur angedeutet, in welcher der Maler sich selbst dargestellt hat. 
An der linken Stirnseite des Saales ist Maria Theresia auf dem Throne sitzend 
zur Darstellung gebracht. Vor der Kaiserin sich verneigend steht Kaunitz, eine 
Urkunde entgegennehmend. Im Vordergründe bei der Gruppe der Staatsmänner, 
welche von dem Fürsten Starhemberg und den Grafen Chotek, Pergen und Mercy 
gebildet wird, steht Bartenstein; in der Gruppe der Gelehrten stehen van Swieten, 
die Juristen Martini und Sonnenfels, der Botaniker Jacquin, der Numismatiker 
Eckhel und der Astronom Hell. Im Hintergründe befindet sich der Maler Meytens. 
Seitwärts dieser Gruppe sind die Musiker Haydn, Gluck und Mozart dargestellt. 
Links von Maria Theresia steht Kaiser Josef II. in Marschallsuniform ; ihm zur 
Seite Cardinal Migazzi, Graf Kolowrat, Graf Bugnoi, der Dichter Metastasio, der 
Hofkanzler Kressei von Qualtenberg und der damalige Bürgermeister Hörl. Der 
Kaiser wendet sich den vor ihm knienden huldigenden Bauern zu. Porhammer 
mit einer Ursulinerin, Waisenkinder führend, ein Kranker mit einer Wärterin 
und ein Pfründner schliessen diese Gruppe ab. Im Hintergründe sind die Künstler 
Quadal, Zauner und Schmutzer sichtbar.« 
»Rechts und links vom Throne, gleichsam den Schutz andeutend, sind die 
. 
Feldherrn jener Zeit dargestellt, und zwar auf der Seite der Maria Theresia Feld 
marschall Daun, Khevenhiller und Fürst Wenzel Liechtenstein, und auf der Seite 
des Kaiser Josef II. Loudon und Lascy. Auf der Mittelwand stellte der Künstler 
die Allegorien dar: Erziehung und Unterricht, Wissenschaft, Künste, Wohlthätig- 
keit, Gesundheit, Industrie, Handel und Wandel.« 
s- 
liehen monumentalen Arbeit gelangte Mayer erst durch seine Theil- 
nahme an der im Jahre 1883 stattgehabten Preisausschreibung für 
Skizzen zur malerischen Ausschmückung des Sitzungssaales im neuen 
Rathhause Wiens. Er erhielt hiebei unter 13 eingelaufenen Concurrenz- 
arbeiten den ersten Preis, wonach nach 
9 der Preisausschreibung 
dem Verfasser der mit dem ersten Preise ausgezeichneten Skizze 
die Ausführung des ganzen Frieses im Gemeinderathssaale unter 
der Bedingung zugesichert wurde, dass zwischen ihm und dem 
Gemeinderathe ein Uebereinkommen über die Ausführung ermöglicht 
werde. Im October d. J. beschloss demnach die Rathhausbau-Com- 
mission, das Comite für die innere Ausschmückung des neuen Rath 
hauses habe mit dem Künstler des preisgekrönten Entwurfes, Herrn 
Ludwig Mayer, in Verhandlungen zu treten, unter welchen Be 
dingungen er das Werk auszuführen bereit sei. 
27. August 1887 in der Neuen Freien Presse erschienenen Notiz 
war bereits die Ausführung des dritten grossen Friesgemäldes so 
weit gediehen, dass der Maler den anwesenden Gemeinderäthen 
das nahezu vollendete Wandgemälde auf der der Journalistenloge 
gegenüberliegenden Galerie zeigen konnte. Der Künstler hatte dem 
nach tüchtig zur Arbeit geschaut, und bedenkt man die physischen 
Schwierigkeiten, mit welchen Mayer bei der Arbeit zu kämpfen 
hatte,*) so muss man die Energie und Ausdauer bewundern, welche 
« 
Nach einer am 
*) Ludwig Mayer erlitt im achten Lebensjahre eine halbseitige Lähmung, 
wodurch ihm — wie er selbst sagt — unsagbare Hindernisse und Schwierigkeiten 
sowohl bei der Ausübung seiner Kunst als auch in gesellschaftlicher Beziehung 
erwuchsen.
	        
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