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des besten Schülers und getreuesten Anhängers von Rafael Mengs,
wodurch sich der Einfluss erklärt, welchen Füger in der Gesammtheit
seiner künstlerischen Erscheinung von dem letztgenannten, so hoch
gefeierten Meister genommen hat. Guibal erkannte alsbald die
ungewöhnlichen Fähigkeiten seines Zöglings und ward nicht nur
des Jünglings eifriger Lehrer, sondern auch dessen väterlicher Freund.
Sowie jedes junge Talent eine moralische Depression erreicht, wenn
es zur nothwendigen Erkenntniss gelangt, was vor ihm schon geleistet
worden und wohinan noch überhaupt zu streben ist, so stellte
sich auch bei dem jungen Füger eine Muthlosigkeit ein, die ihn
bewog, zur Jurisprudenz zurückzukehren.
Den dornenvollen Pfad der Kunst nicht zu verlassen, bewog
ihn der königl. preussische Geheimrath Christian Adolf Klotz,
bekannt durch seine Polemiken mit Bur mann und Lessing,
welcher den jungen Künstler »aus dem Banne lähmender Zweifel«
erlöste und ihn dem »belebenden Selbstvertrauen« wiedergab. Bei
Job. Andr. von Segner in Halle
fand der wieder der Künstlerlaufbahn
sich zuwendende Füger freundliche
Aufnahme und eine treffliche Unter
weisung in Optik und Perspective.
Bald aber trieb es ihn weiter, er
wandte sich nach Leipzig, und ward
dort ein Schüler Oeser’s, der als
Gegner des Rococo-Geschmacks in
dem vormaligen Jünger Guibal’s,
wie Ferdinand Raab fein bemerkt,
»das Gleichgewicht zwischen den
beiden Richtungen in ihm wieder
herstellte«. Von Leipzig aus debu-
tirte Füger das erstemal mit einer
grösseren Arbeit in weiteren Kreisen.
Er beschickte die Dresdener Aus
stellung und kam bald auch selbst dahin. Doch die bisherigen
Erfolge auf dem Gebiete der Miniatur- und Porträtmalerei. genügten
dem jungen Meister nicht mehr. Namentlich angeregt durch die
Eindrücke, welche die grössten Meisterwerke aller Zeiten in der
Dresdener Galerie auf ihn ausübten, wollte er ebenfalls Werke
schaffen, welche die Mit- und Nachwelt in Staunen und Bewunderung
versetzen sollten. Nach zweijähriger innerlichster Vertiefung im
Es hat zu allen Zeiten eine Cultur die andere vernichtet und
was davon auf unsere Zeit kam, das erschauen wir heute mit
objectivem Blick, was uns aber so ganz Neu umgibt, von dessen
Werthe werden wohl erst unsere Nachkommen zu berichten wissen.
Doch kehren wir nach diesem flüchtigen Blick durch das 19. Jahr
hundert unserer Kunst zurück zu jenen stillen Männern, welche
heute in die bescheidene Ecke gedrängt, doch wohl die Pionniere
waren, welche uns Epigonen freie Bahn schufen.
Den Vermittler des vorigen Jahrhunderts mit der Kunst
unserer Zeit zuerst zu nennen, liegt nahe. Es ist Friedrich Hein
rich Füger, der wohl mit einem Fusse schon den Boden unseres
Jahrhunderts betrat, wodurch er gewissermassen als der erste Mark
stein der modernen Kunst in Oesterreich, speciell in Wien, zu
betrachten ist. Und diese Wahrnehmung machen wir vornehmlich
bei den Porträtminiaturen des Meisters, in denen sich eine für
die damalige Zeit noch seltene Empfindung für Individualisirung
und Naturwahrheit darlegt. Seine
historischen und allegorischen Fi
guren, so akademisch wacker sie
auch sonst gerathen sind, tragen
dagegen alle die gleichen Larven
eines süsslichen Gesichtsausdruckes.
Füger besass, wie alle Maler jener
Zeit, die akademischen Recepte für
diese oder jene Handlung, für diesen
oder jenen Ausdruck, und was wir
bald nachher bei unseren Historien-
und Genremalern sehen, das Heraus
kehren des rein Menschlichen in
allen seinen erhabenen oder auch
kleinlichen Erscheinungen, dafür
hatte die damalige Kunstausübung
wohl noch wenig Empfindung, wes
halb sie uns heute auch nur äusserlich imponiren kann, während
schon die folgende Zeit in ihren Kunstäusserungen Herz und Seele
zu Rathe zog.
H. MAURER. Lasset die Kleinen zu mir kommen.
Friedrich Heinrich Füger, der »deutsche Rafael« genannt,
wurde zu Heilbronn, in dem milden, fruchtbaren Neckarthale am
8. December 1751 als der Sohn des Pastors Josef Gabriel Füger
geboren.*) Wie uns sein liebenswürdiger Biograph, der verstorbene
Gustos der Hofbibliothek Ferdinand Raab, bei Gelegenheit der
Jubiläumsausstellung der k. k. Akademie der bildenden Künste in
Wien im Jahre 1877 in seinen intim geschriebenen Feuilletons
erzählt, habe Füger schon mit 11 Jahren bemerkenswerthe Proben
seines Talentes, und zwar in der Herstellung von Miniaturen, abge
geben. So soll er auch an dem Juden Aaronson aus Neckar
münde insofern den ersten Mäcen gefunden haben, als derselbe sein
Conterfei mit einem ganzen Speciesthaler bezahlte. Durch Vermittlung
eines für die Familie Füger einflussreichen Verwandten in Stuttgart,
kam Füger, 13 Jahre alt, unter die Leitung Nicolaus Guibal’s,
Studium trachtete endlich Füger nach dem gelobten Lande der
Kunst zu gelangen. Er kam nach Wien, trat hier in Beziehung zu
dem Hofstatuarius Friedr. Wilh. Bayer, von dem bekanntlich die
12 Marmorgruppen herrühren, welche das Gartenparterre von Schön
brunn zieren und dessen Frau die ausgezeichnete Pastellmalerin
Hier nun ein
Gabriele Bayer geborene von Bertrand war.
geführt in die vornehmsten Kreise der Gesellschaft fehlte es dem
jungen Künstler alsbald nicht an ruhmvoller Anerkennung und
In Wien fand Füger auch
reichlicher künstlerischer Bethätigung.
seinen schon von Dresden aus ihm sehr gewogenen englischen
Gesandten Murray Keith, der ihn mit dem Protector der Kunst
akademie, dem Fürsten von Kaunitz, und dem kunstbegeisterten
Endlich trat Füger mit
*) In der Gemäldegalerie der k. k. Akademie der bildenden Künste in
Wien befinden sich neben mehreren anderen Porträten und Bildern Fügers auch
sein Selbstbildniss und das Bildnis seines Vaters, des Pastors J. G. Füger.
Hofrath Birkenstock bekannt machte.