4
einem Jahresgehalte von 600 Gulden als Pensionär der Kaiserin
im Herbste des Jahres 1776 seine Reise nach Italien an. In Rom
studirte er vor Allem die Carracci und strebte nach dem Classicismus
der Zeichnung, ebenso fühlte er sich von Domenichino mächtig an
gezogen, aber auch die Antike ging an dem jungen Meister nicht
spurlos vorüber, und so festigte sich in seiner Kunstanschauung die
nachmalige Überzeugungstreue, der
wir in allen seinen Werken begegnen,
die aber auch in stets sich gleichen
den Gebilden den Eklektiker und
Akademiker herauskehrte. In Rom
lernte Füger den kunstsinnigen
Grafen Lamberg, nachmaligen
Begründer der Gemäldegalerie der
Wiener Akademie der bildenden
Künste kennen, welcher dem jungen
Meister ein wahrhafter Mäcen wurde.
Durch diesen Gönner ward er der
Königin Caroline von Neapel
empfohlen,welche auf ihrem Schlosse
Caserta eine deutsche Bibliothek
anlegte, woselbst Füger die Aus
führung der Fresken übernahm. Aber nicht nur die Königin
Caroline wollte Füger an Neapel fesseln, sondern auch die
Kaiserin Katharina II. von Russland beabsichtigte den Meister für
die Eremitage in Petersburg zu gewinnen. Füger widerstand
jedoch beiden glänzenden Anerbietungen im Gefühle der Dankbarkeit
für seine neue Heimat in Österreich, und schon im Jahre 1783
ward seine Ernennung zum Di-
rector-Stellvertreter der Wiener
Kunstakademie vom Kaiser ge
nehmigt. An diese ehrenvolle
Stelle berufen, betrat nun Füger
entschieden die Bahn eines
Reformators. Die im alten
Universitätsgebäude in der da
mals »unteren Bäckerstrasse«
provisorisch untergebrachte
Akademie gelangte durch seine
Energie und sein ebenso kluges
Walten in den »Annenhof«,
welches weitläufige Gebäude
vortrefflich für alle Disciplinen
eingerichtet ward und wo sie
auch bis zum Jahre 1877, in
welchem der Neubau am Schillerplatz bezogen wurde, ihr Verbleiben
gefunden hatte.*)
Nun gelangte Füger in den Zenith seines Ruhmes und
sein Biograph schreibt:
Der neue Ruhm, der dem begeisterten
Manne aus diesem mit so vielem Enthusiasmus unternommenen
und mit so seltenem Glücke durchgeführten Werke in Kurzem
erblühte, war ein ganz allgemeiner. Der Kaiser, umgeben von den
Prinzen und Prinzessinnen des Hauses, besuchte zu wiederholten-
malen die trefflich eingetheilten und
eingerichteten Räume.*) Die hervor
ragendsten Kenner und Förderer
der Kunst, ein Graf Czernin, ein
Graf Frie s, ein Graf Lamberg, ein
Graf Sinzendorf, zogen den neuen
Akademiedirector in ihre intimsten
Kreise. Die namhaftesten Reisenden
suchten ihn auf und wollten ihn
kennen lernen. So Seume, da er
ein Decennium später eben auf
seinem Spaziergange nach Syrakus
begriffen war. So Hans Veit
Schnorr, der vielgenannte Kunst
genosse Füger’s und Ahnherr
einer langen Reihe von Künstlern.
Er fand: den Ruf, den die Wiener Akademie hat, verdient sie mit
vollem Recht. Es kann keine Anstalt leicht besser für die Bildung
des studirenden Künstlers eingerichtet sein. Die schön erleuchteten
Säle, die grosse Anzahl der emsigen Zeichner, die thätigen Profes
soren, alles dies ladet unwiderstehlich ein .... dass die Einrichtung
der Akademie, wie sie jetzt ist, fast ganz Füger’s Werk sei, erzählte
man mir mit vieler Wärme,
und mit welcher Klugheit und
Würde er jede Gelegenheit,
mit dem Kaiser Josef zu
sprechen, benutzte! Wie er
unter Anderem dem Kaiser
sein Bedauern über den Ver
lust der Mengs’sehen Gyps-
sammlungeröffnete, gerieth der
Kaiser in Heftigkeit und fragte
ausser sich: »Also ist’s un
möglich, solche zu haben!«
»Der Kurfürst von Sachsen
hat sie gekauft«, antwortete
Füger, »man hat von meiner
warmen Empfehlung keine
Notiz genommen.«
Bei dieser reformatorischen Thätigkeit musste wohl der
Maler Füger eine Zeitlang in den Hintergrund treten. Aber für den
mit eintausend Gulden jährlich honorirten Akademiedirector erwuchs
%
neben seinen künstlerischen Bestrebungen auch die materielle Noth-
C. RUSS. Hecabe.
P. KRAFFT. Graf Niclas Zriny (Szigeth 1566).
*) Heute ist auch das alte Jesuiten-Probehaus (Annahof) in der Anna-
und Johannesgasse, mit seinen so weitläufigen Stockwerken und Kellern, welch’
letztere einst zu einem sehr populären Belustigungsort, »das Elysium« genannt,
dienten, dem Erdboden gleich gemacht worden. Statt dem alten, in seinen weiten
Räumen stets sehr verwendbar gewesenen Gebäude ist ein neues Schulhaus
errichtet worden, die mächtigen Kellerräume wurden zugeschüttet und auf einem
Theile des übrig gebliebenen Bauplatzes erhebt sich soeben ein Vereinshaus.
*) Das muss heute noch anerkannt werden, dass die Act-, Modell- und
Antikensäle für die allgemeine Malerschule sehr entsprechend eingerichtet waren,
diese grossen Räume hatten reichliches Licht und hätten in mancher Hinsicht
für den Neubau am Schillerplatz als Muster dienen können.