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Knabe das Unglück, von einem Tische herabzustürzen, woher seine
Rückenkrümmung gekommen sein soll, die auch zur Ursache seiner
stets schwächlichen Gesundheit wurde. Wie es fast immer der Fall
zu sein pflegt, bekundete sich schon frühzeitig das Talent des
Knaben zur bildenden Kunst. Zeichnen doch fast alle Kinder, nur
mit mehr oder weniger Talent, denn der Nachahmungs- oder Nach
bildungstrieb liegt in der Natur der menschlichen Seele. Der
berühmte Augenarzt Josef Barth, welcher eine kostbare Sammlung
von Antiken besass, bemerkte das Talent des stillen, sinnigen Knaben
und nahm sich seiner in warmer Theilnahme an.
Er Hess ihn nach den besten Originalen seiner
Sammlung zeichnen und förderte ihn überhaupt
in seinem künstlerischen Weiterkommen. Die
später für den kunstsinnigen Grafen Lamberg-
Sprinzenstein angefertigten vorzüglichen Zeich
nungen nach dessen antiken Vasen*) verschafften
dem jungen Fendi die Protection dieses aus
gezeichneten Kunstfreundes, der ihm auch später
zur Erlangung der Stelle eines kaiserlichen Cabinets-
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Zeichners und Kupferstechers behilflich war. Hier
nun entwickelte er einen seltenen Grad von Fähig
keit, in den Geist der antiken Kunst einzudringen;
er zeichnete fast alle bedeutenderen Objecte des
Münz- und Antikencabinets, wobei er mehr als fünfzig Platten selbst in
Kupfer gestochen hat. In dieser seiner Stellung hatte er auch das Glück,
den damaligen Director des Cabinets, Anton Steinbüchel, er
nannt am 17. Jänner 18rg (als solcher), im Jahre 1821 nach
Venedig zu begleiten, woselbst das Museo Tiepolo übernommen
werden sollte. Hier nun in der Dogenstadt ward ihm die er
wünschte Gelegenheit geboten, die grossen venetianischen Meister in
ihren sublimsten Werken zu sehen und zu studiren. Auch von einem
Aufenthalte in Salzburg anlässlich der Aushebung
und der Versendung des dort aufgefundenen
Mosaikbodens mit der Darstellung des Theseus
und der Ariadne wird berichtet, woselbst Fendi
Gelegenheit fand, Aufnahmen von den landschaft
lichen Schönheiten der Umgebung von Salzburg
zu machen. Sonst hat Fendi wohl keine weiten
Reisen unternommen; ihm bot die Umgebung
Wiens den reichlichsten Stoff zu seinen gemüths-
tiefen Genrebildern, wobei ihm Mödling, ebenso
Purkersdorf, letzteres ein damals von den Wienern noch wenig
besuchter Ort, als Lieblingsaufenthalte für ein paar Sommermonate
galten. Wohl herrschte zu jener Zeit in der Umgebung Wiens noch
eine wahrhaft idyllische Ruhe. Still und dicht bewaldet lagen sie
da die grünen Thäler, noch pustete keine Locomotive durch die
selben und hastete nicht der Wiener so sehr darnach, die Stadt im
Sommer zu verlassen, um wie heute nah und fern die Sommer
frischen aufzusuchen. Wien war aber auch noch nicht der ge
waltige Häuserhaufe; die Glacis umgaben mit ihren Alleen und
grünen Rasenflächen gleich einem erfrischenden Garten die Fest
ungsmauern der inneren Stadt, auf deren breiten Basteien sich
zu allen Tageszeiten Spaziergänger einfanden, um die frische,
reine Luft einzuathmen, die von dem alpinen Gebiete des Schnee
berges oder auch aus dem üppig bewaldeten Wienerwalde, die
sem leider seit Decennien durch Speculation schwer geschädigten
Gesundheitsborn, der Stadt zukam. Kohlenheizung kannte man
kaum, gab es doch noch Holz in Hülle und Fülle, auch die Zahl
der Fabriken war verhältnissmässig klein, und so hatte Wien nicht
wie heute unter der dicken, schweren Luft zu leiden, von der es
nun schier den grössten Theil des Jahres erfüllt ist. Doch davon
habe ich nicht zu erzählen, obgleich das alte Wien
so recht die homogene Erscheinung zu unseren
Künstlern von damals bot, während sich die
selben in der heutigen Wiener Luft wohl kaum
so wohl fühlen würden.
Obgleich Fendi seinem Amte als Zeichner des
kaiserlichen Cabinets auf das Gewissenhafteste
oblag, so fand der stets fleissige Mann doch Zeit
genug, seinen sonstigen Arbeiten als freier Künstler
nachzukommen, wobei er namentlich als Porträt-
und Genremaler, welch’ letzteres Fach ihn am
meisten anzog, eine reichhaltige Thätigkeit ent
wickelte. Bei Hofe und in der Aristokratie sehr
geschätzt, hatte er vielfach in diesen Kreisen zu
thun, und so kam es auch, dass er viele Bildnisse in Oel, Aquarell und
besonders auch en miniature malte, von welchen wohl nur selten etwas
in die Oeffentlichkeit gelangte.*) Was daher hauptsächlich gesehen
werden konnte, waren seine Genrebilder, von denen man mit Recht sagt,
dass er in Wien für dieses später sich so hoch entwickelnde Kunstfach
den Grund gelegt habe, indem er zuerst einen dichterischen Gedanken
klar und tief zu erfassen und malerisch mit schlichter Wahrheit
durchzubilden verstand. Sie wurden daher auch sofort grosser Be
achtung werth gehalten, und heute noch, wenn
eines oder das andere seiner Genrebilder in den
Handel kommt, werden sie mit hohen Preisen
bezahlt, von welchen der Künstler selbst freilich
keine Ahnung hatte.**) Es liegt nahe, dass Fendi,
der auch eine nicht zu verkennende Neigung zur
Romantik hatte, sich auf diesem Gebiete ebenfalls
versuchte, sowie er auch in ein paar Fällen als
Historienmaler auftrat, wenn auch in jener da
maligen etwas theatralischen Art ähnlich wie uns
ein Petter u. A. die Ritter und Helden mit einer naiven Anschauung
vorgeführt haben, welche wir heute belächeln. Fendi mochte dies
mit seinem Feingefühle erkannt haben, denn er blieb stets mit der
richtigen Neigung bei seinen Darstellungen aus dem Volks- und
Familienleben.
Auch das Soldatengenre konnte ihm, der aufgewachsen war in
mitten gewaltiger Kriegsereignisse, nicht fremd bleiben, das er auch
hie und da wohl zum Vorwurf von Bildern nahm, welches aber mehr
durch seine Schüler Treml, Fr. Zeilner und die beiden Schindler
P. FENDI. Sterbende Amazone.
P. FENDI. Pan und Nymphe.
*) Wir verzeichnen hier eine sehr interessante Miniature, des Künstlers
Vetter, Carl Schaeffer, darstellend, welches im Besitze der Familie ist.
**) Wie wir wissen, ist vor kurzer Zeit ein kleines Bildchen von Fendi
um den hohen Preis von 8000 fl. ö. W. verkauft worden.
*) Die Sammlung wurde von Kaiser Franz für das kais. Münz- u. Antiken
cabinet erworben.