Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Knabe das Unglück, von einem Tische herabzustürzen, woher seine 
Rückenkrümmung gekommen sein soll, die auch zur Ursache seiner 
stets schwächlichen Gesundheit wurde. Wie es fast immer der Fall 
zu sein pflegt, bekundete sich schon frühzeitig das Talent des 
Knaben zur bildenden Kunst. Zeichnen doch fast alle Kinder, nur 
mit mehr oder weniger Talent, denn der Nachahmungs- oder Nach 
bildungstrieb liegt in der Natur der menschlichen Seele. Der 
berühmte Augenarzt Josef Barth, welcher eine kostbare Sammlung 
von Antiken besass, bemerkte das Talent des stillen, sinnigen Knaben 
und nahm sich seiner in warmer Theilnahme an. 
Er Hess ihn nach den besten Originalen seiner 
Sammlung zeichnen und förderte ihn überhaupt 
in seinem künstlerischen Weiterkommen. Die 
später für den kunstsinnigen Grafen Lamberg- 
Sprinzenstein angefertigten vorzüglichen Zeich 
nungen nach dessen antiken Vasen*) verschafften 
dem jungen Fendi die Protection dieses aus 
gezeichneten Kunstfreundes, der ihm auch später 
zur Erlangung der Stelle eines kaiserlichen Cabinets- 
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Zeichners und Kupferstechers behilflich war. Hier 
nun entwickelte er einen seltenen Grad von Fähig 
keit, in den Geist der antiken Kunst einzudringen; 
er zeichnete fast alle bedeutenderen Objecte des 
Münz- und Antikencabinets, wobei er mehr als fünfzig Platten selbst in 
Kupfer gestochen hat. In dieser seiner Stellung hatte er auch das Glück, 
den damaligen Director des Cabinets, Anton Steinbüchel, er 
nannt am 17. Jänner 18rg (als solcher), im Jahre 1821 nach 
Venedig zu begleiten, woselbst das Museo Tiepolo übernommen 
werden sollte. Hier nun in der Dogenstadt ward ihm die er 
wünschte Gelegenheit geboten, die grossen venetianischen Meister in 
ihren sublimsten Werken zu sehen und zu studiren. Auch von einem 
Aufenthalte in Salzburg anlässlich der Aushebung 
und der Versendung des dort aufgefundenen 
Mosaikbodens mit der Darstellung des Theseus 
und der Ariadne wird berichtet, woselbst Fendi 
Gelegenheit fand, Aufnahmen von den landschaft 
lichen Schönheiten der Umgebung von Salzburg 
zu machen. Sonst hat Fendi wohl keine weiten 
Reisen unternommen; ihm bot die Umgebung 
Wiens den reichlichsten Stoff zu seinen gemüths- 
tiefen Genrebildern, wobei ihm Mödling, ebenso 
Purkersdorf, letzteres ein damals von den Wienern noch wenig 
besuchter Ort, als Lieblingsaufenthalte für ein paar Sommermonate 
galten. Wohl herrschte zu jener Zeit in der Umgebung Wiens noch 
eine wahrhaft idyllische Ruhe. Still und dicht bewaldet lagen sie 
da die grünen Thäler, noch pustete keine Locomotive durch die 
selben und hastete nicht der Wiener so sehr darnach, die Stadt im 
Sommer zu verlassen, um wie heute nah und fern die Sommer 
frischen aufzusuchen. Wien war aber auch noch nicht der ge 
waltige Häuserhaufe; die Glacis umgaben mit ihren Alleen und 
grünen Rasenflächen gleich einem erfrischenden Garten die Fest 
ungsmauern der inneren Stadt, auf deren breiten Basteien sich 
zu allen Tageszeiten Spaziergänger einfanden, um die frische, 
reine Luft einzuathmen, die von dem alpinen Gebiete des Schnee 
berges oder auch aus dem üppig bewaldeten Wienerwalde, die 
sem leider seit Decennien durch Speculation schwer geschädigten 
Gesundheitsborn, der Stadt zukam. Kohlenheizung kannte man 
kaum, gab es doch noch Holz in Hülle und Fülle, auch die Zahl 
der Fabriken war verhältnissmässig klein, und so hatte Wien nicht 
wie heute unter der dicken, schweren Luft zu leiden, von der es 
nun schier den grössten Theil des Jahres erfüllt ist. Doch davon 
habe ich nicht zu erzählen, obgleich das alte Wien 
so recht die homogene Erscheinung zu unseren 
Künstlern von damals bot, während sich die 
selben in der heutigen Wiener Luft wohl kaum 
so wohl fühlen würden. 
Obgleich Fendi seinem Amte als Zeichner des 
kaiserlichen Cabinets auf das Gewissenhafteste 
oblag, so fand der stets fleissige Mann doch Zeit 
genug, seinen sonstigen Arbeiten als freier Künstler 
nachzukommen, wobei er namentlich als Porträt- 
und Genremaler, welch’ letzteres Fach ihn am 
meisten anzog, eine reichhaltige Thätigkeit ent 
wickelte. Bei Hofe und in der Aristokratie sehr 
geschätzt, hatte er vielfach in diesen Kreisen zu 
thun, und so kam es auch, dass er viele Bildnisse in Oel, Aquarell und 
besonders auch en miniature malte, von welchen wohl nur selten etwas 
in die Oeffentlichkeit gelangte.*) Was daher hauptsächlich gesehen 
werden konnte, waren seine Genrebilder, von denen man mit Recht sagt, 
dass er in Wien für dieses später sich so hoch entwickelnde Kunstfach 
den Grund gelegt habe, indem er zuerst einen dichterischen Gedanken 
klar und tief zu erfassen und malerisch mit schlichter Wahrheit 
durchzubilden verstand. Sie wurden daher auch sofort grosser Be 
achtung werth gehalten, und heute noch, wenn 
eines oder das andere seiner Genrebilder in den 
Handel kommt, werden sie mit hohen Preisen 
bezahlt, von welchen der Künstler selbst freilich 
keine Ahnung hatte.**) Es liegt nahe, dass Fendi, 
der auch eine nicht zu verkennende Neigung zur 
Romantik hatte, sich auf diesem Gebiete ebenfalls 
versuchte, sowie er auch in ein paar Fällen als 
Historienmaler auftrat, wenn auch in jener da 
maligen etwas theatralischen Art ähnlich wie uns 
ein Petter u. A. die Ritter und Helden mit einer naiven Anschauung 
vorgeführt haben, welche wir heute belächeln. Fendi mochte dies 
mit seinem Feingefühle erkannt haben, denn er blieb stets mit der 
richtigen Neigung bei seinen Darstellungen aus dem Volks- und 
Familienleben. 
Auch das Soldatengenre konnte ihm, der aufgewachsen war in 
mitten gewaltiger Kriegsereignisse, nicht fremd bleiben, das er auch 
hie und da wohl zum Vorwurf von Bildern nahm, welches aber mehr 
durch seine Schüler Treml, Fr. Zeilner und die beiden Schindler 
P. FENDI. Sterbende Amazone. 
P. FENDI. Pan und Nymphe. 
*) Wir verzeichnen hier eine sehr interessante Miniature, des Künstlers 
Vetter, Carl Schaeffer, darstellend, welches im Besitze der Familie ist. 
**) Wie wir wissen, ist vor kurzer Zeit ein kleines Bildchen von Fendi 
um den hohen Preis von 8000 fl. ö. W. verkauft worden. 
*) Die Sammlung wurde von Kaiser Franz für das kais. Münz- u. Antiken 
cabinet erworben.
	        
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