Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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nicht blos durch seine Werke, sondern auch mit der Feder in der 
Hand den Kampfplatz betrat. Und als er in betrat, war er wohl 
gerüstet durch jahrelang erprobte Ueberzeugun 
durch das Beispiel Anderer gewonnen wurde, sondern die er sich 
durch eine vollkommen selbständige Herausbildung seiner künstleri 
schen Individualität errungen hatte. Betrachtet man den Meister in 
seinem eigenartigen so wohl bewussten Schaffen und Wesen, in 
seinem mühevollen Kampfe gegen alles Traditionelle in der Kunst, 
wahrhaftig man könnte über diesen Maler allein ein dickes Buch 
schreiben.*) 
Wenn Waldmüller sich ab und zu scheinbar feindlich der 
alten Kunst gegenüber verhielt, so war das, wie wir später noch 
Gelegenheit haben werden zu erhärten, doch eigentlich nicht der 
Fall. Im Eifer des Kampfes für das 
Neue, Unabhängige in der Kunst, 
in dem glühenden Streben für Natur 
und Wahrheit des Darzustellenden 
sowohl in seinem geistigen Inhalte 
als auch in den äusseren Formen 
schien er nachgerade zu vergessen, 
dass durch alle Zeiten vor ihm in 
wechselnder Folge ein gleiches 
Streben bestand, die Natur im künst 
lerischen Nachbilden festzuhalten, 
um, sowie er, nur das Schöne und 
Edle aus ihr zu gewinnen. Wenn 
— es sei nur nebenbei er- 
Paul Veronese in dem ge 
priesenen Louvre-Bilde »Die Hoch 
zeit zu Cana« geradezu herab 
setzt,**) weil dieser venezianische 
Meister die Menschen im Costume 
seiner Zeit malte, sowie er sie eben 
sehen konnte, so schlägt sich Wald 
müller, der ja auch nur das malen 
wollte und konnte, was er wirklich 
sah, mit den eigenen Waffen. Paul 
Veronese schuf gleichsam ein glänzendes Gesellschaftsstück seiner 
Zeit, dem er nur eine religiöse Bedeutung gab, aber er wollte gerade 
das Nämliche, wie unser Wald mü 11 er, nämlich wahr sein und 
das konnte er nur sein, indem er dieselben Menschen malte, die 
ebenso seine Schwester Josefine das Talent des Vaters ererbt haben. 
Beide erfreuen sich in der Kunstwelt hier sowohl, wie auch in 
England wohlverdienter Werthschätzung und Anerkennung. Fräulein 
Josefine Swoboda, welche alljährlich am Hofe der Königin von 
England reichliche Bethätigung findet, pflegt das Porträtfach, haupt 
sächlich in Aquarell und Miniatur, während ihr Bruder, ein Schüler 
seines Onkels Carl Leop. Müller, im Genre der Orientmalerei Rühm 
liches leistet. Welch ein vortrefflicher Kunstgenosse und charakter 
voller Kamerad Eduard Swoboda stets gewesen, das können alle 
V 
seine Collegen ihm zuerkennen. Er war zu allen Zeiten die Seele 
froher Feste und heiterer Geselligkeit und wir haben an anderer 
Stelle bereits berichtet, wie köstlich er es verstand, im collegialen 
Kreise Vergnügen und Freude zu bereiten. Sein edler Sinn für 
Freundschaft strahlte auf die Ande 
ren aus und von ihm lässt sich 
♦ 
wahrhaftig sagen, dass er keinen 
Feind hat. Es entquoll daher wahr 
haftig den Herzen seiner Kunst 
genossen, wenn sie ihm zuerst zu 
seinem siebenzigsten und sodann 
zum achtzigsten Geburtstage so sehr 
erhebende Feste bereiteten. Fast 
täglich Abends finden wir den Alt 
meister in gleicher jugendlicher 
Frische im Kreise seiner Collegen 
im Künstlerhause, ebenso nimmt' 
er an den Capitel-Abenden in der 
grünen Insel theil, deren Mitbe 
gründer er gewesen und deren 
eifriges Mitglied er bis heute ge 
blieben ist. Seine Partei- und Neid 
losigkeit verflocht ihn niemals in 
Conflicte, sein Urtheil über Andere 
ist stets milde und gerecht ge 
wesen, daher er auch stets mit der 
Zeit ging, sie verstand und würdigte 
und nicht wie so mancher Andere 
in der Gesellschaft ein lebendig Begrabener wurde. Wir und somit 
gewiss alle Kunstgenossen und Freunde wünschen dem so wohl ver 
dienten, bereits in ehrwürdigem Alter stehenden Meister aus vollem 
Herzen noch recht viele frohe und glückliche Jahre .*) 
Die naturalistische Anschauung in der Kunstausübung der 
österreichischen Maler der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts be 
gann, wie wir vernahmen, schon in den ersten Decennien und sie 
stand auch, sowie wir bereits an mehrfachen Stellen dargethan 
haben, sofort im Kampfe mit den akademischen Traditionen. Es 
lag daher nahe, dass ein Geist, wie ihn Waldm üller an den Tag legte, 
die nicht blos 
er 
er daher 
wähnt 
F. G. WALDMÜLLER. Bilclniss der 84 Jahre alten Frau Rosina Wiser. 
*) Dass dies noch nicht geschah, ist eigentlich zu verwundern, es findet 
aber wohl seine Erklärung darin, dass die Kunstästhetiker bisher den Schwerpunkt 
ihrer Thätigkeit zumeist nur auf die Erforschung der Kunst vergangener Jahr 
hunderte gelegt haben, freilich ein Gebiet, das so gross und mächtig ist, dass es 
noch mancher Zeit und noch gar vieler hervorragender Kräfte bedarf, um einstens 
Alles durchforscht zu haben, was sich noch darzubieten vermag. Die Kunstwissen 
schaft, wie sie heute in so rationeller Weise betrieben wird, gibt uns auch die 
volle Gewähr, dass sie einstens dieses angestrebte Ziel erreichen wird. Blicken 
wir daher dankbar auf jene Männer, die ihr Leben in unermüdlichem Forschens- 
drange der Geschichte der Kunst und deren gründlicher Darlegung weihen, aber 
vergessen wir darüber nicht, was in unseren Tagen lebt und schafft, was stets 
weiter bildet und den Faden weiter spinnt, womit sich der Charakter der Zeit 
. 
documentirt, in Bild um Bild, in fortwährender Entstehung und Enthüllung des 
Wirklichen und zugleich Schönen und Erhabenen. 
**) Siehe »Andeutungen zur Belebung der vaterländischen Kunst«. Von 
F. G. W a 1 d m ü 11 e r. Wien. In Commission bei Carl Gerold’s Sohn. 1857, 
pag. 52 u. s. w. 
*) Der xMaler Rudolf Swoboda, geb. zu Wien am 23. Jänner 1819, gest. 
daselbst den 24. April 185g, von dem sich jedoch kein Bild in der kais. Galerie 
befindet, war ein Bruder unseres Altmeisters. Er lernte bei Mössmer und 
Dallinger, bereiste Oberitalien, Frankreich, die Schweiz und Deutschland und 
malte vorwiegend Thierstücke mit wohlgefälliger Technik. Er nahm theil an der 
Gründung des heute noch, freilich unter sehr anderen Verhältnissen, bestehenden 
österr. Kunstvereines, wie er auch gleich seinem Bruder Mitbegründer des Albrecht 
Dürer-Vereines gewesen ist. Seine Werke sind sehr zahlreich, 1850 vermählte er 
sich mit der Schwester des bekannten Schriftstellers Friedrich Schlögl.
	        
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